Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

fer, so greift er dann und wann bekannte Perso-
nen an, und macht sie, wo nicht lächerlich, doch
böse. Den obgedachten Hn. Fromm hatte er eben
so einige Mal aufgeführt, unter dem Namen
Pius. Fromm glaubte seine Ehre beleidigt, und
zog brav auf den Bergcommissar los, und Hr. Lan-
ge wurde in diesen Streit verwickelt, ich weiß
nicht wie.

Wie gern aber der Bergcommissar die Leute
neckt, beweist folgendes Geschichtchen. Ein ge-
wisser Jung war als Doctor der Medicin nach
Nordhausen gekommen, und hatte angefangen zu
practiciren. Man kann leicht denken, daß dieser neue
Aeskulap mit Factionen zu kämpfen hatte, welche nie
ausbleiben, wenn ein neuer Arzt oder Advokat, oder
Musikus, Tanzmeister, ja sogar wenn eine neue
Freudennymphe auftritt, aber Hr. Jung schien
sich um die Factionen wenig zu kümmern, und
schrieb deßwegen einen Brief an einen Bekannten
in Nordhausen. Der Bekannte verrieth ihn, und
brachte den Brief ins Publikum, und der Bergcom-
missar ließ ihn in seinem Erzähler abdrucken. Der
Wisch war ratione des Stils und der Orthogra-
phie abscheulich: ein Bauernjunge, dessen Schul-
meister nicht ganz Rindvieh war, mußte besser
schreiben, als der Doctor, aber die Absicht, war-
um der Bergcommissar den Brief abdrucken ließ,

fer, ſo greift er dann und wann bekannte Perſo-
nen an, und macht ſie, wo nicht laͤcherlich, doch
boͤſe. Den obgedachten Hn. Fromm hatte er eben
ſo einige Mal aufgefuͤhrt, unter dem Namen
Pius. Fromm glaubte ſeine Ehre beleidigt, und
zog brav auf den Bergcommiſſar los, und Hr. Lan-
ge wurde in dieſen Streit verwickelt, ich weiß
nicht wie.

Wie gern aber der Bergcommiſſar die Leute
neckt, beweiſt folgendes Geſchichtchen. Ein ge-
wiſſer Jung war als Doctor der Medicin nach
Nordhauſen gekommen, und hatte angefangen zu
practiciren. Man kann leicht denken, daß dieſer neue
Aeſkulap mit Factionen zu kaͤmpfen hatte, welche nie
ausbleiben, wenn ein neuer Arzt oder Advokat, oder
Muſikus, Tanzmeiſter, ja ſogar wenn eine neue
Freudennymphe auftritt, aber Hr. Jung ſchien
ſich um die Factionen wenig zu kuͤmmern, und
ſchrieb deßwegen einen Brief an einen Bekannten
in Nordhauſen. Der Bekannte verrieth ihn, und
brachte den Brief ins Publikum, und der Bergcom-
miſſar ließ ihn in ſeinem Erzaͤhler abdrucken. Der
Wiſch war ratione des Stils und der Orthogra-
phie abſcheulich: ein Bauernjunge, deſſen Schul-
meiſter nicht ganz Rindvieh war, mußte beſſer
ſchreiben, als der Doctor, aber die Abſicht, war-
um der Bergcommiſſar den Brief abdrucken ließ,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0213" n="205"/>
fer, &#x017F;o greift er dann und wann bekannte Per&#x017F;o-<lb/>
nen an, und macht &#x017F;ie, wo nicht la&#x0364;cherlich, doch<lb/>
bo&#x0364;&#x017F;e. Den obgedachten Hn. Fromm hatte er eben<lb/>
&#x017F;o einige Mal aufgefu&#x0364;hrt, unter dem Namen<lb/><hi rendition="#g">Pius</hi>. Fromm glaubte &#x017F;eine Ehre beleidigt, und<lb/>
zog brav auf den Bergcommi&#x017F;&#x017F;ar los, und Hr. Lan-<lb/>
ge wurde in die&#x017F;en Streit verwickelt, ich weiß<lb/>
nicht wie.</p><lb/>
        <p>Wie gern aber der Bergcommi&#x017F;&#x017F;ar die Leute<lb/>
neckt, bewei&#x017F;t folgendes Ge&#x017F;chichtchen. Ein ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;er Jung war als Doctor der Medicin nach<lb/>
Nordhau&#x017F;en gekommen, und hatte angefangen zu<lb/>
practiciren. Man kann leicht denken, daß die&#x017F;er neue<lb/>
Ae&#x017F;kulap mit Factionen zu ka&#x0364;mpfen hatte, welche nie<lb/>
ausbleiben, wenn ein neuer Arzt oder Advokat, oder<lb/>
Mu&#x017F;ikus, Tanzmei&#x017F;ter, ja &#x017F;ogar wenn eine neue<lb/>
Freudennymphe auftritt, aber Hr. Jung &#x017F;chien<lb/>
&#x017F;ich um die Factionen wenig zu ku&#x0364;mmern, und<lb/>
&#x017F;chrieb deßwegen einen Brief an einen Bekannten<lb/>
in Nordhau&#x017F;en. Der Bekannte verrieth ihn, und<lb/>
brachte den Brief ins Publikum, und der Bergcom-<lb/>
mi&#x017F;&#x017F;ar ließ ihn in &#x017F;einem Erza&#x0364;hler abdrucken. Der<lb/>
Wi&#x017F;ch war <hi rendition="#aq">ratione</hi> des Stils und der Orthogra-<lb/>
phie ab&#x017F;cheulich: ein Bauernjunge, de&#x017F;&#x017F;en Schul-<lb/>
mei&#x017F;ter nicht ganz Rindvieh war, mußte be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
&#x017F;chreiben, als der Doctor, aber die Ab&#x017F;icht, war-<lb/>
um der Bergcommi&#x017F;&#x017F;ar den Brief abdrucken ließ,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0213] fer, ſo greift er dann und wann bekannte Perſo- nen an, und macht ſie, wo nicht laͤcherlich, doch boͤſe. Den obgedachten Hn. Fromm hatte er eben ſo einige Mal aufgefuͤhrt, unter dem Namen Pius. Fromm glaubte ſeine Ehre beleidigt, und zog brav auf den Bergcommiſſar los, und Hr. Lan- ge wurde in dieſen Streit verwickelt, ich weiß nicht wie. Wie gern aber der Bergcommiſſar die Leute neckt, beweiſt folgendes Geſchichtchen. Ein ge- wiſſer Jung war als Doctor der Medicin nach Nordhauſen gekommen, und hatte angefangen zu practiciren. Man kann leicht denken, daß dieſer neue Aeſkulap mit Factionen zu kaͤmpfen hatte, welche nie ausbleiben, wenn ein neuer Arzt oder Advokat, oder Muſikus, Tanzmeiſter, ja ſogar wenn eine neue Freudennymphe auftritt, aber Hr. Jung ſchien ſich um die Factionen wenig zu kuͤmmern, und ſchrieb deßwegen einen Brief an einen Bekannten in Nordhauſen. Der Bekannte verrieth ihn, und brachte den Brief ins Publikum, und der Bergcom- miſſar ließ ihn in ſeinem Erzaͤhler abdrucken. Der Wiſch war ratione des Stils und der Orthogra- phie abſcheulich: ein Bauernjunge, deſſen Schul- meiſter nicht ganz Rindvieh war, mußte beſſer ſchreiben, als der Doctor, aber die Abſicht, war- um der Bergcommiſſar den Brief abdrucken ließ,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/213
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/213>, abgerufen am 23.11.2024.