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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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endeter Lection nicht wußte, was Herr Niemeyer
gewollt hatte: vom Griechen war gar keine Frage.

Nun kam Wolf, und auf einmal fielen die
Lectionen eines Fabri und Niemeyer. Jener warf
sich in die Geographie, und erklärte die Trachten
der Bürgerfrauen zu Nordhausen, dieser (hic --
ille Rhenii Gram. p.
97.) machte eine Anweisung
zur Kinderzucht, genannt Pädagogik. Dieß Stu-
dium muß ganz trefflich seyn: denn wer nichts
lernen mag, studiert Pädagogik, und kommt mit
Unwissenheit durch. Er war ja ein Schüler Nie-
meyers, et quis ad tanti hominis nomen non ad-
[st]upescat!!!
Hab ich doch Bursche gekannt, die
nicht mensa decliniren konnten, und doch Maece-
natis patrocinio
derbe Kerls geworden sind! Exem-
pla sunt odiosa;
glaubt aber jemand, hier sey zu
viel geschrieben, der melde sich bey mir, und ich
werde ihm Rede stehen.

Nun kam Wolf! Die verwöhnte Magen der
Studenten konnten freylich Wolfs Gerichte nicht
verdauen; der Mann war weder ein eleganter Nie-
meyer, noch ein Lexicologus Fabri: er forderte
grammatische Kenntniß der Sprachen, damit die
Herren einst auch das Zeug, d. i. den Inhalt des
Gelesenen verstehen könnten. So was war man
nicht gewohnt, das Wortding zu verstehen, und
zu aufmerksam auf das Sachding, oder vielmehr

endeter Lection nicht wußte, was Herr Niemeyer
gewollt hatte: vom Griechen war gar keine Frage.

Nun kam Wolf, und auf einmal fielen die
Lectionen eines Fabri und Niemeyer. Jener warf
ſich in die Geographie, und erklaͤrte die Trachten
der Buͤrgerfrauen zu Nordhauſen, dieſer (hic —
ille Rhenii Gram. p.
97.) machte eine Anweiſung
zur Kinderzucht, genannt Paͤdagogik. Dieß Stu-
dium muß ganz trefflich ſeyn: denn wer nichts
lernen mag, ſtudiert Paͤdagogik, und kommt mit
Unwiſſenheit durch. Er war ja ein Schuͤler Nie-
meyers, et quis ad tanti hominis nomen non ad-
[ſt]upeſcat!!!
Hab ich doch Burſche gekannt, die
nicht menſa decliniren konnten, und doch Maece-
natis patrocinio
derbe Kerls geworden ſind! Exem-
pla ſunt odioſa;
glaubt aber jemand, hier ſey zu
viel geſchrieben, der melde ſich bey mir, und ich
werde ihm Rede ſtehen.

Nun kam Wolf! Die verwoͤhnte Magen der
Studenten konnten freylich Wolfs Gerichte nicht
verdauen; der Mann war weder ein eleganter Nie-
meyer, noch ein Lexicologus Fabri: er forderte
grammatiſche Kenntniß der Sprachen, damit die
Herren einſt auch das Zeug, d. i. den Inhalt des
Geleſenen verſtehen koͤnnten. So was war man
nicht gewohnt, das Wortding zu verſtehen, und
zu aufmerkſam auf das Sachding, oder vielmehr

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[186/0194] endeter Lection nicht wußte, was Herr Niemeyer gewollt hatte: vom Griechen war gar keine Frage. Nun kam Wolf, und auf einmal fielen die Lectionen eines Fabri und Niemeyer. Jener warf ſich in die Geographie, und erklaͤrte die Trachten der Buͤrgerfrauen zu Nordhauſen, dieſer (hic — ille Rhenii Gram. p. 97.) machte eine Anweiſung zur Kinderzucht, genannt Paͤdagogik. Dieß Stu- dium muß ganz trefflich ſeyn: denn wer nichts lernen mag, ſtudiert Paͤdagogik, und kommt mit Unwiſſenheit durch. Er war ja ein Schuͤler Nie- meyers, et quis ad tanti hominis nomen non ad- ſtupeſcat!!! Hab ich doch Burſche gekannt, die nicht menſa decliniren konnten, und doch Maece- natis patrocinio derbe Kerls geworden ſind! Exem- pla ſunt odioſa; glaubt aber jemand, hier ſey zu viel geſchrieben, der melde ſich bey mir, und ich werde ihm Rede ſtehen. Nun kam Wolf! Die verwoͤhnte Magen der Studenten konnten freylich Wolfs Gerichte nicht verdauen; der Mann war weder ein eleganter Nie- meyer, noch ein Lexicologus Fabri: er forderte grammatiſche Kenntniß der Sprachen, damit die Herren einſt auch das Zeug, d. i. den Inhalt des Geleſenen verſtehen koͤnnten. So was war man nicht gewohnt, das Wortding zu verſtehen, und zu aufmerkſam auf das Sachding, oder vielmehr

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/194>, abgerufen am 24.11.2024.