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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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den Geist näher zu prüfen: unser Pastor selbst, dem
wir es vorstellten, sagte, es könnte wohl seyn,
daß auf dem Gottesacker ein Geist ginge, man
müsse sich aber davor nicht fürchten; gute Geister
thäten einem nichts, und böse könnten einem nichts
thun, und doch traute sich der Pastor nicht hinzu-
gehen, um dem Geist aufzupassen.

Eines Abends war ich in der Schenke mit
meinem Nachbar Curt, da wurde auch von dem
Gespenst auf dem Gottesacker gesprochen, und
die Leute machten allerhand Glossen darüber.
"Donnerwetter, fing ein fremder Husar an, wel-
cher bisher ganz still da gesessen, und zugehorcht
hatte: das Spökeding *) mögt ich doch auch sehen!"

Curt fragte ihn, ob er an Spökedinger glau-
be? "Warum nicht gar, erwiderte der Hu-
sar! Hab mein Tag an solche Narrendinger nicht
geglaubt, an so was glaubt nur ein Dummkopf,
ein Bauer, eine alte Vettel, oder ein Esel, wie
Euer Pastor ist." "Na dann, sagte Curt, wollt
ich ihm nicht rathen, hinzugehen und das Spöke-
ding aufzusuchen. Wer an Spökedinger nicht
glaubt, sieht entweder gar nichts, oder das Spö-

*) Spökeding, Spukeding, Gloie, Gloinich, Kobold u. d. gl.
sind synonym mit Gespenst.
Laukh. Leben 5ter Theil. M

den Geiſt naͤher zu pruͤfen: unſer Paſtor ſelbſt, dem
wir es vorſtellten, ſagte, es koͤnnte wohl ſeyn,
daß auf dem Gottesacker ein Geiſt ginge, man
muͤſſe ſich aber davor nicht fuͤrchten; gute Geiſter
thaͤten einem nichts, und boͤſe koͤnnten einem nichts
thun, und doch traute ſich der Paſtor nicht hinzu-
gehen, um dem Geiſt aufzupaſſen.

Eines Abends war ich in der Schenke mit
meinem Nachbar Curt, da wurde auch von dem
Geſpenſt auf dem Gottesacker geſprochen, und
die Leute machten allerhand Gloſſen daruͤber.
„Donnerwetter, fing ein fremder Huſar an, wel-
cher bisher ganz ſtill da geſeſſen, und zugehorcht
hatte: das Spoͤkeding *) moͤgt ich doch auch ſehen!“

Curt fragte ihn, ob er an Spoͤkedinger glau-
be? „Warum nicht gar, erwiderte der Hu-
ſar! Hab mein Tag an ſolche Narrendinger nicht
geglaubt, an ſo was glaubt nur ein Dummkopf,
ein Bauer, eine alte Vettel, oder ein Eſel, wie
Euer Paſtor iſt.“ „Na dann, ſagte Curt, wollt
ich ihm nicht rathen, hinzugehen und das Spoͤke-
ding aufzuſuchen. Wer an Spoͤkedinger nicht
glaubt, ſieht entweder gar nichts, oder das Spoͤ-

*) Spoͤkeding, Spukeding, Gloie, Gloinich, Kobold u. d. gl.
ſind ſynonym mit Geſpenſt.
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[177/0185] den Geiſt naͤher zu pruͤfen: unſer Paſtor ſelbſt, dem wir es vorſtellten, ſagte, es koͤnnte wohl ſeyn, daß auf dem Gottesacker ein Geiſt ginge, man muͤſſe ſich aber davor nicht fuͤrchten; gute Geiſter thaͤten einem nichts, und boͤſe koͤnnten einem nichts thun, und doch traute ſich der Paſtor nicht hinzu- gehen, um dem Geiſt aufzupaſſen. Eines Abends war ich in der Schenke mit meinem Nachbar Curt, da wurde auch von dem Geſpenſt auf dem Gottesacker geſprochen, und die Leute machten allerhand Gloſſen daruͤber. „Donnerwetter, fing ein fremder Huſar an, wel- cher bisher ganz ſtill da geſeſſen, und zugehorcht hatte: das Spoͤkeding *) moͤgt ich doch auch ſehen!“ Curt fragte ihn, ob er an Spoͤkedinger glau- be? „Warum nicht gar, erwiderte der Hu- ſar! Hab mein Tag an ſolche Narrendinger nicht geglaubt, an ſo was glaubt nur ein Dummkopf, ein Bauer, eine alte Vettel, oder ein Eſel, wie Euer Paſtor iſt.“ „Na dann, ſagte Curt, wollt ich ihm nicht rathen, hinzugehen und das Spoͤke- ding aufzuſuchen. Wer an Spoͤkedinger nicht glaubt, ſieht entweder gar nichts, oder das Spoͤ- *) Spoͤkeding, Spukeding, Gloie, Gloinich, Kobold u. d. gl. ſind ſynonym mit Geſpenſt. Laukh. Leben 5ter Theil. M

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/185>, abgerufen am 25.11.2024.