Ich bin nie ein Freund der Juden gewesen, nicht als verachtete und haßte ich sie, weil sie nicht glauben, wie es die symbolischen Bücher der lu- therischen Kirchen vorschreiben, oder weil sie Je- sum nicht Herren heißen, sondern deßwegen weil ihre Religion so beschaffen ist, daß derjenige, wel- cher ihr von ganzer Seele anhängt, ein ganz un- brauchbares Mitglied der Gesellschaft seyn und blei- ben muß. Eine abgeschmacktere und zugleich into- lerantere und stolzere Religion als die jüdische ist, kann es gar nicht geben, daher können auch die Juden niemals über Intoleranz klagen, wenn sie verfolgt werden. Konnte wohl Calvin über Into- leranz sich beschweren, wenn er den Catholiken in die Hände gefallen und auf den Scheiterhaufen ge- setzt worden wäre? Er hatte ja so ein Traktament dem braven und gelehrten Servet anthun lassen. Man nehme an, Juden wären die Eroberer von
Sechszehntes Kapitel.
Haͤndel mit den Juden. Geſpenſtergeſchichten.
Ich bin nie ein Freund der Juden geweſen, nicht als verachtete und haßte ich ſie, weil ſie nicht glauben, wie es die ſymboliſchen Buͤcher der lu- theriſchen Kirchen vorſchreiben, oder weil ſie Je- ſum nicht Herren heißen, ſondern deßwegen weil ihre Religion ſo beſchaffen iſt, daß derjenige, wel- cher ihr von ganzer Seele anhaͤngt, ein ganz un- brauchbares Mitglied der Geſellſchaft ſeyn und blei- ben muß. Eine abgeſchmacktere und zugleich into- lerantere und ſtolzere Religion als die juͤdiſche iſt, kann es gar nicht geben, daher koͤnnen auch die Juden niemals uͤber Intoleranz klagen, wenn ſie verfolgt werden. Konnte wohl Calvin uͤber Into- leranz ſich beſchweren, wenn er den Catholiken in die Haͤnde gefallen und auf den Scheiterhaufen ge- ſetzt worden waͤre? Er hatte ja ſo ein Traktament dem braven und gelehrten Servet anthun laſſen. Man nehme an, Juden waͤren die Eroberer von
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Sechszehntes Kapitel.
Haͤndel mit den Juden. Geſpenſtergeſchichten.
Ich bin nie ein Freund der Juden geweſen, nicht
als verachtete und haßte ich ſie, weil ſie nicht
glauben, wie es die ſymboliſchen Buͤcher der lu-
theriſchen Kirchen vorſchreiben, oder weil ſie Je-
ſum nicht Herren heißen, ſondern deßwegen weil
ihre Religion ſo beſchaffen iſt, daß derjenige, wel-
cher ihr von ganzer Seele anhaͤngt, ein ganz un-
brauchbares Mitglied der Geſellſchaft ſeyn und blei-
ben muß. Eine abgeſchmacktere und zugleich into-
lerantere und ſtolzere Religion als die juͤdiſche iſt,
kann es gar nicht geben, daher koͤnnen auch die
Juden niemals uͤber Intoleranz klagen, wenn ſie
verfolgt werden. Konnte wohl Calvin uͤber Into-
leranz ſich beſchweren, wenn er den Catholiken in
die Haͤnde gefallen und auf den Scheiterhaufen ge-
ſetzt worden waͤre? Er hatte ja ſo ein Traktament
dem braven und gelehrten Servet anthun laſſen.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/178>, abgerufen am 22.11.2024.
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