-- ingenuas did[ic]isse fideliter artes Emollit mores, nec sinit esse feros.
Aber so bald der Gelehrte die Gelehrsamkeit handwerksmäßig treibt, d. i. sobald er in eine ge- lehrte Innung tritt, und darin ein Amt erhält, wobey es aufs Dociren ankömmt, dann verliert er größtentheils die Humanität, welche sonst die Wissenschaften verleihen, wird egoistisch, stolz, herrsüchtig und aufgeblasen, und schadet dem Fort- gang seiner Wissenschaft mehr, als er ihr mit sei- nem Dociren nüzt.
Den Beweis davon findet man, leider gar zu oft in ihren Büchern und noch öfterer in ihren Re- censionen, so, daß man heutzutage einen Grobian weit treffender mit einem Recensenten, als mit einem Bauer vergleichen kann. Den Egoismus der Gelehrten merkt man alsdann erst recht, wenn irgend jemand einen Brodweg einschlägt, den schon ein Anderer im Alleinbesitz zu haben glaubt. Wie kaufmännisch benahm sich das Institut der allge- meinen Literatur-Zeitung in Jena, als ein ähnli- ches zu Salzburg sich nur ankündigte! Eben so er- niedrigend benahm sich Hr. Becker in Gotha, als von Leipzig aus ein litterärischer Anzeiger auf seinen Reichsanzeiger folgen sollte. Was die Her- ren theoretisch tadeln, das fodern sie für sich prak- tisch -- Monopolien. Kurz, Gott, Religion,
— ingenuas did[ic]iſſe fideliter artes Emollit mores, nec ſinit eſſe feros.
Aber ſo bald der Gelehrte die Gelehrſamkeit handwerksmaͤßig treibt, d. i. ſobald er in eine ge- lehrte Innung tritt, und darin ein Amt erhaͤlt, wobey es aufs Dociren ankoͤmmt, dann verliert er groͤßtentheils die Humanitaͤt, welche ſonſt die Wiſſenſchaften verleihen, wird egoiſtiſch, ſtolz, herrſuͤchtig und aufgeblaſen, und ſchadet dem Fort- gang ſeiner Wiſſenſchaft mehr, als er ihr mit ſei- nem Dociren nuͤzt.
Den Beweis davon findet man, leider gar zu oft in ihren Buͤchern und noch oͤfterer in ihren Re- cenſionen, ſo, daß man heutzutage einen Grobian weit treffender mit einem Recenſenten, als mit einem Bauer vergleichen kann. Den Egoismus der Gelehrten merkt man alsdann erſt recht, wenn irgend jemand einen Brodweg einſchlaͤgt, den ſchon ein Anderer im Alleinbeſitz zu haben glaubt. Wie kaufmaͤnniſch benahm ſich das Inſtitut der allge- meinen Literatur-Zeitung in Jena, als ein aͤhnli- ches zu Salzburg ſich nur ankuͤndigte! Eben ſo er- niedrigend benahm ſich Hr. Becker in Gotha, als von Leipzig aus ein litteraͤriſcher Anzeiger auf ſeinen Reichsanzeiger folgen ſollte. Was die Her- ren theoretiſch tadeln, das fodern ſie fuͤr ſich prak- tiſch — Monopolien. Kurz, Gott, Religion,
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— ingenuas didiciſſe fideliter artes
Emollit mores, nec ſinit eſſe feros.
Aber ſo bald der Gelehrte die Gelehrſamkeit
handwerksmaͤßig treibt, d. i. ſobald er in eine ge-
lehrte Innung tritt, und darin ein Amt erhaͤlt,
wobey es aufs Dociren ankoͤmmt, dann verliert
er groͤßtentheils die Humanitaͤt, welche ſonſt die
Wiſſenſchaften verleihen, wird egoiſtiſch, ſtolz,
herrſuͤchtig und aufgeblaſen, und ſchadet dem Fort-
gang ſeiner Wiſſenſchaft mehr, als er ihr mit ſei-
nem Dociren nuͤzt.
Den Beweis davon findet man, leider gar zu
oft in ihren Buͤchern und noch oͤfterer in ihren Re-
cenſionen, ſo, daß man heutzutage einen Grobian
weit treffender mit einem Recenſenten, als mit
einem Bauer vergleichen kann. Den Egoismus
der Gelehrten merkt man alsdann erſt recht, wenn
irgend jemand einen Brodweg einſchlaͤgt, den ſchon
ein Anderer im Alleinbeſitz zu haben glaubt. Wie
kaufmaͤnniſch benahm ſich das Inſtitut der allge-
meinen Literatur-Zeitung in Jena, als ein aͤhnli-
ches zu Salzburg ſich nur ankuͤndigte! Eben ſo er-
niedrigend benahm ſich Hr. Becker in Gotha,
als von Leipzig aus ein litteraͤriſcher Anzeiger auf
ſeinen Reichsanzeiger folgen ſollte. Was die Her-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/67>, abgerufen am 24.11.2024.
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