Indessen, so schuldig auch Robespierre, und sein Anhang seyn mag, so scheint mir doch nichts weniger wahr, oder auch nur wahrschein- lich, als daß er ein Anhänger der auswärtigen Feinde der Republik je gewesen sey. Seine Unter- nehmungen waren mit den Bemühungen der Jako- biner zu genau verwebt; und der Royalismus ist doch wohl dem Jakobinismus ganz entgegen! Kein Jakobiner kann einen König wollen -- aber wohl einen Diktator!
Wenn aber Robespierre wirklich eine Dik- tatur hat stiften wollen, welches man doch aus allen vorliegenden Gründen, und aus allen Ver- muthungen seiner Feinde, insofern sie sich auf Thatsachen beziehen, nicht hinlänglich folgern kann, so würde er der größte Thor gewesen seyn, wenn er sich dazu die Hülfe fremder Mächte hätte suchen wollen. Er war ja allen koalisirten Für- sten verhaßt, und sein Sturz wäre unvermeidlich gewesen, wenn nur Ein Wort davon herausgekom- men wäre: und wie hätte so ein großes Projekt verborgen bleiben können! Und dann müßten ja die fremden Mächte noch kurzsichtiger gewesen seyn, als sie damals waren, da sie in Champagne ein- drangen, wenn sie dem Robespierre zur fran- zösischen Diktatur hätten helfen wollen. Hätten sie vielleicht glauben sollen, der Diktator würde
Indeſſen, ſo ſchuldig auch Robespierre, und ſein Anhang ſeyn mag, ſo ſcheint mir doch nichts weniger wahr, oder auch nur wahrſchein- lich, als daß er ein Anhaͤnger der auswaͤrtigen Feinde der Republik je geweſen ſey. Seine Unter- nehmungen waren mit den Bemuͤhungen der Jako- biner zu genau verwebt; und der Royalismus iſt doch wohl dem Jakobinismus ganz entgegen! Kein Jakobiner kann einen Koͤnig wollen — aber wohl einen Diktator!
Wenn aber Robespierre wirklich eine Dik- tatur hat ſtiften wollen, welches man doch aus allen vorliegenden Gruͤnden, und aus allen Ver- muthungen ſeiner Feinde, inſofern ſie ſich auf Thatſachen beziehen, nicht hinlaͤnglich folgern kann, ſo wuͤrde er der groͤßte Thor geweſen ſeyn, wenn er ſich dazu die Huͤlfe fremder Maͤchte haͤtte ſuchen wollen. Er war ja allen koaliſirten Fuͤr- ſten verhaßt, und ſein Sturz waͤre unvermeidlich geweſen, wenn nur Ein Wort davon herausgekom- men waͤre: und wie haͤtte ſo ein großes Projekt verborgen bleiben koͤnnen! Und dann muͤßten ja die fremden Maͤchte noch kurzſichtiger geweſen ſeyn, als ſie damals waren, da ſie in Champagne ein- drangen, wenn ſie dem Robespierre zur fran- zoͤſiſchen Diktatur haͤtten helfen wollen. Haͤtten ſie vielleicht glauben ſollen, der Diktator wuͤrde
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Indeſſen, ſo ſchuldig auch Robespierre,
und ſein Anhang ſeyn mag, ſo ſcheint mir doch
nichts weniger wahr, oder auch nur wahrſchein-
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Feinde der Republik je geweſen ſey. Seine Unter-
nehmungen waren mit den Bemuͤhungen der Jako-
biner zu genau verwebt; und der Royalismus iſt
doch wohl dem Jakobinismus ganz entgegen! Kein
Jakobiner kann einen Koͤnig wollen — aber wohl
einen Diktator!
Wenn aber Robespierre wirklich eine Dik-
tatur hat ſtiften wollen, welches man doch aus
allen vorliegenden Gruͤnden, und aus allen Ver-
muthungen ſeiner Feinde, inſofern ſie ſich auf
Thatſachen beziehen, nicht hinlaͤnglich folgern
kann, ſo wuͤrde er der groͤßte Thor geweſen ſeyn,
wenn er ſich dazu die Huͤlfe fremder Maͤchte haͤtte
ſuchen wollen. Er war ja allen koaliſirten Fuͤr-
ſten verhaßt, und ſein Sturz waͤre unvermeidlich
geweſen, wenn nur Ein Wort davon herausgekom-
men waͤre: und wie haͤtte ſo ein großes Projekt
verborgen bleiben koͤnnen! Und dann muͤßten ja
die fremden Maͤchte noch kurzſichtiger geweſen ſeyn,
als ſie damals waren, da ſie in Champagne ein-
drangen, wenn ſie dem Robespierre zur fran-
zoͤſiſchen Diktatur haͤtten helfen wollen. Haͤtten
ſie vielleicht glauben ſollen, der Diktator wuͤrde
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/55>, abgerufen am 22.11.2024.
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