machten, und daß nur bey ihnen der ächte wahre Patriotismus anzutreffen sey, so vermehrten sie unter den Nichtjakobinern das Mistrauen, und wurden der innern Ruhe gar zu gefährlich: denn nicht Republikaner, nicht Jakobiner seyn, hieß Aristokrat seyn, und das zeigte den Weg zur Guillotine. Es ging übrigens den Jakobi- ner-Societäten, wie den Mönchsorden in der römischen Kirche. Unter diesen giebt es viele Mönche, welche das Unwesen der Möncherey gewiß recht gut einsehen, und von Herzen ver- abscheuen, und doch dafür wie für Haus und Hof streiten. Das thut der Partheygeist! Nach dem Sturz der Volkssocietäten hat sichs auch ausgewiesen. Der Kommendant Belin, mit dem ich noch an dem Tage meines Abmarsches aus Dijon nach der Schweiz sprach, und der ehemals Jakobiner, ja, selbst Präsident in dem ansehnlichen, aus 4500 Gliedern bestehenden Klub gewesen war, gestand mir offenherzig, daß er und die meisten Mitglieder über die Zerstö- rung der heillosen Verbindung (de cette cohue infernale) froh gewesen seyen, und daß er nur mit Widerwillen hingegangen sey. Es war, fuhr er fort, gleichsam die Contrebalance des hundert- köpfigen Konvents, und drohte mit der Zeit aber- mals viel Blutvergießen.
machten, und daß nur bey ihnen der aͤchte wahre Patriotismus anzutreffen ſey, ſo vermehrten ſie unter den Nichtjakobinern das Mistrauen, und wurden der innern Ruhe gar zu gefaͤhrlich: denn nicht Republikaner, nicht Jakobiner ſeyn, hieß Ariſtokrat ſeyn, und das zeigte den Weg zur Guillotine. Es ging uͤbrigens den Jakobi- ner-Societaͤten, wie den Moͤnchsorden in der roͤmiſchen Kirche. Unter dieſen giebt es viele Moͤnche, welche das Unweſen der Moͤncherey gewiß recht gut einſehen, und von Herzen ver- abſcheuen, und doch dafuͤr wie fuͤr Haus und Hof ſtreiten. Das thut der Partheygeiſt! Nach dem Sturz der Volksſocietaͤten hat ſichs auch ausgewieſen. Der Kommendant Belin, mit dem ich noch an dem Tage meines Abmarſches aus Dijon nach der Schweiz ſprach, und der ehemals Jakobiner, ja, ſelbſt Praͤſident in dem anſehnlichen, aus 4500 Gliedern beſtehenden Klub geweſen war, geſtand mir offenherzig, daß er und die meiſten Mitglieder uͤber die Zerſtoͤ- rung der heilloſen Verbindung (de cette cohuë infernale) froh geweſen ſeyen, und daß er nur mit Widerwillen hingegangen ſey. Es war, fuhr er fort, gleichſam die Contrebalance des hundert- koͤpfigen Konvents, und drohte mit der Zeit aber- mals viel Blutvergießen.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0051"n="47"/>
machten, und daß nur bey ihnen der aͤchte wahre<lb/>
Patriotismus anzutreffen ſey, ſo vermehrten ſie<lb/>
unter den Nichtjakobinern das Mistrauen, und<lb/>
wurden der innern Ruhe gar zu gefaͤhrlich:<lb/>
denn nicht Republikaner, nicht Jakobiner ſeyn,<lb/>
hieß Ariſtokrat ſeyn, und das zeigte den Weg<lb/>
zur Guillotine. Es ging uͤbrigens den Jakobi-<lb/>
ner-Societaͤten, wie den Moͤnchsorden in der<lb/>
roͤmiſchen Kirche. Unter dieſen giebt es viele<lb/>
Moͤnche, welche das Unweſen der Moͤncherey<lb/>
gewiß recht gut einſehen, und von Herzen ver-<lb/>
abſcheuen, und doch dafuͤr wie fuͤr Haus und<lb/>
Hof ſtreiten. Das thut der Partheygeiſt! Nach<lb/>
dem Sturz der Volksſocietaͤten hat ſichs auch<lb/>
ausgewieſen. Der Kommendant <hirendition="#g">Belin</hi>, mit<lb/>
dem ich noch an dem Tage meines Abmarſches<lb/>
aus Dijon nach der Schweiz ſprach, und der<lb/>
ehemals Jakobiner, ja, ſelbſt Praͤſident in dem<lb/>
anſehnlichen, aus 4500 Gliedern beſtehenden<lb/>
Klub geweſen war, geſtand mir offenherzig, daß<lb/>
er und die meiſten Mitglieder uͤber die Zerſtoͤ-<lb/>
rung der heilloſen Verbindung (<hirendition="#aq">de cette cohuë<lb/>
infernale</hi>) froh geweſen ſeyen, und daß er nur mit<lb/>
Widerwillen hingegangen ſey. Es war, fuhr er<lb/>
fort, gleichſam die <hirendition="#aq">Contrebalance</hi> des hundert-<lb/>
koͤpfigen Konvents, und drohte mit der Zeit aber-<lb/>
mals viel Blutvergießen.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[47/0051]
machten, und daß nur bey ihnen der aͤchte wahre
Patriotismus anzutreffen ſey, ſo vermehrten ſie
unter den Nichtjakobinern das Mistrauen, und
wurden der innern Ruhe gar zu gefaͤhrlich:
denn nicht Republikaner, nicht Jakobiner ſeyn,
hieß Ariſtokrat ſeyn, und das zeigte den Weg
zur Guillotine. Es ging uͤbrigens den Jakobi-
ner-Societaͤten, wie den Moͤnchsorden in der
roͤmiſchen Kirche. Unter dieſen giebt es viele
Moͤnche, welche das Unweſen der Moͤncherey
gewiß recht gut einſehen, und von Herzen ver-
abſcheuen, und doch dafuͤr wie fuͤr Haus und
Hof ſtreiten. Das thut der Partheygeiſt! Nach
dem Sturz der Volksſocietaͤten hat ſichs auch
ausgewieſen. Der Kommendant Belin, mit
dem ich noch an dem Tage meines Abmarſches
aus Dijon nach der Schweiz ſprach, und der
ehemals Jakobiner, ja, ſelbſt Praͤſident in dem
anſehnlichen, aus 4500 Gliedern beſtehenden
Klub geweſen war, geſtand mir offenherzig, daß
er und die meiſten Mitglieder uͤber die Zerſtoͤ-
rung der heilloſen Verbindung (de cette cohuë
infernale) froh geweſen ſeyen, und daß er nur mit
Widerwillen hingegangen ſey. Es war, fuhr er
fort, gleichſam die Contrebalance des hundert-
koͤpfigen Konvents, und drohte mit der Zeit aber-
mals viel Blutvergießen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/51>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.