seyn: denn was hätten die unglücklichen Weiber machen sollen, wenn ihre Männer nach Deutsch- land, oder sonst wohin hätten zurückkehren wollen! Es stand auch jedem Gefangnen frey, sich zu erklä- ren, daß er im Auswechslungsfalle nicht wieder zu seinem Fürsten geschickt seyn wollte. Auch dann durfte er bleiben, und die Nation berechnete den Verlust, welchen sie doch wirklich dadurch erlitte, gar nicht. So kenne ich Mehrere, welche Frank- reich nimmermehr verlassen werden, und Andre, welche zwar bey den Preußen u. s. w. gedient hat- ten, in Zukunft aber eine andre Lebensart ergrei- fen wollten, ob sie gleich keine Lust hatten, in Frankreich sich anzusiedeln.
Der Unterhalt der Kriegsgefangnen war täglich 10 Sous und 11/2 Pfund Brod: von dem Gelde zog man monatlich 71/2 Livres ab für die Kleidung. Außerdem erhielten sie Holz und Töpfe zum ko- chen, lagen auf Strohsäcken mit Friesdecken, und konnten so, wenn sie auch gar nichts arbeite- ten, doch immer wenigstens leben.
Die fremden Offiziere waren recht gut gehalten: denn bey diesen beobachtete man keine Gleichheit, wie überhaupt gegen keine Fremde: sogar die ge- fangnen Unteroffiziere erhielten mehr Sold, als die Gemeinen. Ein Kapitän hatte täglich 6 Li- vres, ein Leutnant und alle Subaltern-Offiziere,
ſeyn: denn was haͤtten die ungluͤcklichen Weiber machen ſollen, wenn ihre Maͤnner nach Deutſch- land, oder ſonſt wohin haͤtten zuruͤckkehren wollen! Es ſtand auch jedem Gefangnen frey, ſich zu erklaͤ- ren, daß er im Auswechslungsfalle nicht wieder zu ſeinem Fuͤrſten geſchickt ſeyn wollte. Auch dann durfte er bleiben, und die Nation berechnete den Verluſt, welchen ſie doch wirklich dadurch erlitte, gar nicht. So kenne ich Mehrere, welche Frank- reich nimmermehr verlaſſen werden, und Andre, welche zwar bey den Preußen u. ſ. w. gedient hat- ten, in Zukunft aber eine andre Lebensart ergrei- fen wollten, ob ſie gleich keine Luſt hatten, in Frankreich ſich anzuſiedeln.
Der Unterhalt der Kriegsgefangnen war taͤglich 10 Sous und 1½ Pfund Brod: von dem Gelde zog man monatlich 7½ Livres ab fuͤr die Kleidung. Außerdem erhielten ſie Holz und Toͤpfe zum ko- chen, lagen auf Strohſaͤcken mit Friesdecken, und konnten ſo, wenn ſie auch gar nichts arbeite- ten, doch immer wenigſtens leben.
Die fremden Offiziere waren recht gut gehalten: denn bey dieſen beobachtete man keine Gleichheit, wie uͤberhaupt gegen keine Fremde: ſogar die ge- fangnen Unteroffiziere erhielten mehr Sold, als die Gemeinen. Ein Kapitaͤn hatte taͤglich 6 Li- vres, ein Leutnant und alle Subaltern-Offiziere,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0038"n="34"/>ſeyn: denn was haͤtten die ungluͤcklichen Weiber<lb/>
machen ſollen, wenn ihre Maͤnner nach Deutſch-<lb/>
land, oder ſonſt wohin haͤtten zuruͤckkehren wollen!<lb/>
Es ſtand auch jedem Gefangnen frey, ſich zu erklaͤ-<lb/>
ren, daß er im Auswechslungsfalle nicht wieder<lb/>
zu ſeinem Fuͤrſten geſchickt ſeyn wollte. Auch dann<lb/>
durfte er bleiben, und die Nation berechnete den<lb/>
Verluſt, welchen ſie doch wirklich dadurch erlitte,<lb/>
gar nicht. So kenne ich Mehrere, welche Frank-<lb/>
reich nimmermehr verlaſſen werden, und Andre,<lb/>
welche zwar bey den Preußen u. ſ. w. gedient hat-<lb/>
ten, in Zukunft aber eine andre Lebensart ergrei-<lb/>
fen wollten, ob ſie gleich keine Luſt hatten, in<lb/>
Frankreich ſich anzuſiedeln.</p><lb/><p>Der Unterhalt der Kriegsgefangnen war taͤglich<lb/>
10 Sous und 1½ Pfund Brod: von dem Gelde<lb/>
zog man monatlich 7½ Livres ab fuͤr die Kleidung.<lb/>
Außerdem erhielten ſie Holz und Toͤpfe zum ko-<lb/>
chen, lagen auf Strohſaͤcken mit Friesdecken,<lb/>
und konnten ſo, wenn ſie auch gar nichts arbeite-<lb/>
ten, doch immer wenigſtens leben.</p><lb/><p>Die fremden Offiziere waren recht gut gehalten:<lb/>
denn bey dieſen beobachtete man keine Gleichheit,<lb/>
wie uͤberhaupt gegen keine Fremde: ſogar die ge-<lb/>
fangnen Unteroffiziere erhielten mehr Sold, als<lb/>
die Gemeinen. Ein Kapitaͤn hatte taͤglich 6 Li-<lb/>
vres, ein Leutnant und alle Subaltern-Offiziere,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[34/0038]
ſeyn: denn was haͤtten die ungluͤcklichen Weiber
machen ſollen, wenn ihre Maͤnner nach Deutſch-
land, oder ſonſt wohin haͤtten zuruͤckkehren wollen!
Es ſtand auch jedem Gefangnen frey, ſich zu erklaͤ-
ren, daß er im Auswechslungsfalle nicht wieder
zu ſeinem Fuͤrſten geſchickt ſeyn wollte. Auch dann
durfte er bleiben, und die Nation berechnete den
Verluſt, welchen ſie doch wirklich dadurch erlitte,
gar nicht. So kenne ich Mehrere, welche Frank-
reich nimmermehr verlaſſen werden, und Andre,
welche zwar bey den Preußen u. ſ. w. gedient hat-
ten, in Zukunft aber eine andre Lebensart ergrei-
fen wollten, ob ſie gleich keine Luſt hatten, in
Frankreich ſich anzuſiedeln.
Der Unterhalt der Kriegsgefangnen war taͤglich
10 Sous und 1½ Pfund Brod: von dem Gelde
zog man monatlich 7½ Livres ab fuͤr die Kleidung.
Außerdem erhielten ſie Holz und Toͤpfe zum ko-
chen, lagen auf Strohſaͤcken mit Friesdecken,
und konnten ſo, wenn ſie auch gar nichts arbeite-
ten, doch immer wenigſtens leben.
Die fremden Offiziere waren recht gut gehalten:
denn bey dieſen beobachtete man keine Gleichheit,
wie uͤberhaupt gegen keine Fremde: ſogar die ge-
fangnen Unteroffiziere erhielten mehr Sold, als
die Gemeinen. Ein Kapitaͤn hatte taͤglich 6 Li-
vres, ein Leutnant und alle Subaltern-Offiziere,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/38>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.