wundet, daß auch er seinen Geist darüber aufgab. Hr. Krüger wurde von jedem bedauret, der ihn gekannt hatte, und man war vollkommen über- zeugt, daß er der Urheber des Handels, oder, wie man im akademischen Gerichte sagt, der auctor rixae nicht gewesen sey: denn er war nichts weni- ger, als ein Zänker.
Die Wundärzte und andre Mediciner waren anfangs alle der Meynung, daß die Wunde ge- fährlich sey, ob sie aber auch tödtlich wäre, woll- ten viele nicht geradehin entscheiden. Indessen ist er einige Monate hernach gestorben.
Da er gern Gesellschaft um sich hatte, so ließ er mich auch einigemal bitten, zu ihm zu kommen, und bey ihm zu wachen. Ich that das mit Freu- den, so nahe es mir sonst auch ging, einen Menschen als Kandidaten des Todes da vor mir zu sehen, den ich geliebt und geschäzt hatte.
Krüger wußte recht wohl, daß er bald ster- ben müßte, und ob er gleich noch gern länger ge- lebt hätte, wie jederman, so hat er sich doch mit Gründen bekannt gemacht, welche ihm seinen Tod erleichtern halfen. Ich will eines unsrer Gespräche hieher setzen: vielleicht können die darin aufgestellten Gründe, so bekannt sie sonst seyn mögen, einen guten Nutzen haben: denn sie können vielleicht bey ir- gend einem meiner Leser die Furcht vor jenem
wundet, daß auch er ſeinen Geiſt daruͤber aufgab. Hr. Kruͤger wurde von jedem bedauret, der ihn gekannt hatte, und man war vollkommen uͤber- zeugt, daß er der Urheber des Handels, oder, wie man im akademiſchen Gerichte ſagt, der auctor rixae nicht geweſen ſey: denn er war nichts weni- ger, als ein Zaͤnker.
Die Wundaͤrzte und andre Mediciner waren anfangs alle der Meynung, daß die Wunde ge- faͤhrlich ſey, ob ſie aber auch toͤdtlich waͤre, woll- ten viele nicht geradehin entſcheiden. Indeſſen iſt er einige Monate hernach geſtorben.
Da er gern Geſellſchaft um ſich hatte, ſo ließ er mich auch einigemal bitten, zu ihm zu kommen, und bey ihm zu wachen. Ich that das mit Freu- den, ſo nahe es mir ſonſt auch ging, einen Menſchen als Kandidaten des Todes da vor mir zu ſehen, den ich geliebt und geſchaͤzt hatte.
Kruͤger wußte recht wohl, daß er bald ſter- ben muͤßte, und ob er gleich noch gern laͤnger ge- lebt haͤtte, wie jederman, ſo hat er ſich doch mit Gruͤnden bekannt gemacht, welche ihm ſeinen Tod erleichtern halfen. Ich will eines unſrer Geſpraͤche hieher ſetzen: vielleicht koͤnnen die darin aufgeſtellten Gruͤnde, ſo bekannt ſie ſonſt ſeyn moͤgen, einen guten Nutzen haben: denn ſie koͤnnen vielleicht bey ir- gend einem meiner Leſer die Furcht vor jenem
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wundet, daß auch er ſeinen Geiſt daruͤber aufgab.
Hr. Kruͤger wurde von jedem bedauret, der ihn
gekannt hatte, und man war vollkommen uͤber-
zeugt, daß er der Urheber des Handels, oder, wie
man im akademiſchen Gerichte ſagt, der auctor
rixae nicht geweſen ſey: denn er war nichts weni-
ger, als ein Zaͤnker.
Die Wundaͤrzte und andre Mediciner waren
anfangs alle der Meynung, daß die Wunde ge-
faͤhrlich ſey, ob ſie aber auch toͤdtlich waͤre, woll-
ten viele nicht geradehin entſcheiden. Indeſſen iſt
er einige Monate hernach geſtorben.
Da er gern Geſellſchaft um ſich hatte, ſo ließ
er mich auch einigemal bitten, zu ihm zu kommen,
und bey ihm zu wachen. Ich that das mit Freu-
den, ſo nahe es mir ſonſt auch ging, einen Menſchen
als Kandidaten des Todes da vor mir zu ſehen, den
ich geliebt und geſchaͤzt hatte.
Kruͤger wußte recht wohl, daß er bald ſter-
ben muͤßte, und ob er gleich noch gern laͤnger ge-
lebt haͤtte, wie jederman, ſo hat er ſich doch mit
Gruͤnden bekannt gemacht, welche ihm ſeinen Tod
erleichtern halfen. Ich will eines unſrer Geſpraͤche
hieher ſetzen: vielleicht koͤnnen die darin aufgeſtellten
Gruͤnde, ſo bekannt ſie ſonſt ſeyn moͤgen, einen guten
Nutzen haben: denn ſie koͤnnen vielleicht bey ir-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/339>, abgerufen am 25.11.2024.
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