sinna gefolgt, jedoch mit beständiger Rücksicht auf den Heidelberger Katechismus.
Es kann seyn, daß entweder Hr. Bispink, oder ich über kurz oder lang einen Leitfaden fol- gen lasse, wonach man das kritisch prüfen könne, was der angegebne Leitfaden historisch liefern wird. Dieser soll erst den sogenannten Statum quaestionis historisch festsetzen, und jener dessen Inn- halt kritisch prüfen und entscheiden. Dadurch erhält Autorität und Vernunft, Glauben und Wissen, Blind-folgen und Selbst-wählen -- seine be- stimmte Gränzen, und dabey muß ächte Religiö- sität gewinnen, wie ächte Moralität. Daß es an den bessern Wegweisern aus der neuern kritisch- philosophischen und theologischen Litteratur hiebey nicht fehlen werde, giebt die Natur der Sache.
Da der dritte Band meiner Biographie erschien, machte die Freymüthigkeit, mit welcher alles er- zählt ist, hie und da einige Sensation; und da die Leute gern das weissagen, was ihnen gefallen würde, wenn es geschähe: so weissagte man auch zu Halle in einer gewissen Gesellschaft, welche sich der Thalia widmet -- nicht jener Vertrauten des Menanders, Aristophanes' und Teren- tius -- sondern Plümekes Thalia, indem man die guten Theaterstücke erst jämmerlich verhunzen muß, ehe man sie ob der großen Armseligkeit des
ſinna gefolgt, jedoch mit beſtaͤndiger Ruͤckſicht auf den Heidelberger Katechismus.
Es kann ſeyn, daß entweder Hr. Bispink, oder ich uͤber kurz oder lang einen Leitfaden fol- gen laſſe, wonach man das kritiſch pruͤfen koͤnne, was der angegebne Leitfaden hiſtoriſch liefern wird. Dieſer ſoll erſt den ſogenannten Statum quaeſtionis hiſtoriſch feſtſetzen, und jener deſſen Inn- halt kritiſch pruͤfen und entſcheiden. Dadurch erhaͤlt Autoritaͤt und Vernunft, Glauben und Wiſſen, Blind-folgen und Selbſt-waͤhlen — ſeine be- ſtimmte Graͤnzen, und dabey muß aͤchte Religioͤ- ſitaͤt gewinnen, wie aͤchte Moralitaͤt. Daß es an den beſſern Wegweiſern aus der neuern kritiſch- philoſophiſchen und theologiſchen Litteratur hiebey nicht fehlen werde, giebt die Natur der Sache.
Da der dritte Band meiner Biographie erſchien, machte die Freymuͤthigkeit, mit welcher alles er- zaͤhlt iſt, hie und da einige Senſation; und da die Leute gern das weisſagen, was ihnen gefallen wuͤrde, wenn es geſchaͤhe: ſo weisſagte man auch zu Halle in einer gewiſſen Geſellſchaft, welche ſich der Thalia widmet — nicht jener Vertrauten des Menanders, Ariſtophanes' und Teren- tius — ſondern Pluͤmekes Thalia, indem man die guten Theaterſtuͤcke erſt jaͤmmerlich verhunzen muß, ehe man ſie ob der großen Armſeligkeit des
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ſinna gefolgt, jedoch mit beſtaͤndiger Ruͤckſicht
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Es kann ſeyn, daß entweder Hr. Bispink,
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gen laſſe, wonach man das kritiſch pruͤfen
koͤnne, was der angegebne Leitfaden hiſtoriſch
liefern wird. Dieſer ſoll erſt den ſogenannten Statum
quaeſtionis hiſtoriſch feſtſetzen, und jener deſſen Inn-
halt kritiſch pruͤfen und entſcheiden. Dadurch erhaͤlt
Autoritaͤt und Vernunft, Glauben und Wiſſen,
Blind-folgen und Selbſt-waͤhlen — ſeine be-
ſtimmte Graͤnzen, und dabey muß aͤchte Religioͤ-
ſitaͤt gewinnen, wie aͤchte Moralitaͤt. Daß es an
den beſſern Wegweiſern aus der neuern kritiſch-
philoſophiſchen und theologiſchen Litteratur hiebey
nicht fehlen werde, giebt die Natur der Sache.
Da der dritte Band meiner Biographie erſchien,
machte die Freymuͤthigkeit, mit welcher alles er-
zaͤhlt iſt, hie und da einige Senſation; und da
die Leute gern das weisſagen, was ihnen gefallen
wuͤrde, wenn es geſchaͤhe: ſo weisſagte man auch
zu Halle in einer gewiſſen Geſellſchaft, welche ſich
der Thalia widmet — nicht jener Vertrauten des
Menanders, Ariſtophanes' und Teren-
tius — ſondern Pluͤmekes Thalia, indem man
die guten Theaterſtuͤcke erſt jaͤmmerlich verhunzen
muß, ehe man ſie ob der großen Armſeligkeit des
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/319>, abgerufen am 22.11.2024.
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