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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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die Huren, oder, wie es heißt, filles perdues ge-
geben, auch alle Bürger aufgefodert, dem Unwe-
sen mit abzuhelfen. Aber es läßt sich denken, daß
solche Dekrete wenig oder nichts fruchten. Ein
Uebel von der Art kann nur nach und nach durch
bessere E[r]ziehung künftiger Generationen vert[i]lgt
werden: jezt, da die Sitten des größern Haufens
noch immer einen Anstrich von den Sitten des
Hofes, des Adels und der Priester haben, kann
kein Gesetz hier steuern. Horatius hat Recht,
wenn er sagt:


-- -- Quid leges sine moribus
banae proficiunt?

Die Folgen des Umgangs unsrer Kriegsgefan-
genen und Deserteurs mit den Buhldirnen wurden
auch bald sichtbar: Viele kamen darüber ins Hospi-
tal, Andre ließen sich zu Hause kuriren, und es
ist wahrscheinlich, daß Mancher die häßlichste
Krankheit mit in sein Vaterland genommen hat.
Bey den Deserteurs ging es in dieser Rücksicht am
ä[r]gsten zu: denn diese trieben ihr Wesen ganz öf-
fentlich, sogar in ihrer Caserne.

Die Revolution, welche den Franzosen so ent-
sezlich viel junge Männer gekostet hat, macht frei-
lich, daß von den jetzigen ledigen Französinnen viele
alte Jungfern werden müssen: denn nimmermehr
wird man erlauben, daß Ein Mann mehr als eine

die Huren, oder, wie es heißt, filles perdues ge-
geben, auch alle Buͤrger aufgefodert, dem Unwe-
ſen mit abzuhelfen. Aber es laͤßt ſich denken, daß
ſolche Dekrete wenig oder nichts fruchten. Ein
Uebel von der Art kann nur nach und nach durch
beſſere E[r]ziehung kuͤnftiger Generationen vert[i]lgt
werden: jezt, da die Sitten des groͤßern Haufens
noch immer einen Anſtrich von den Sitten des
Hofes, des Adels und der Prieſter haben, kann
kein Geſetz hier ſteuern. Horatius hat Recht,
wenn er ſagt:


— — Quid leges ſine moribus
banae proficiunt?

Die Folgen des Umgangs unſrer Kriegsgefan-
genen und Deſerteurs mit den Buhldirnen wurden
auch bald ſichtbar: Viele kamen daruͤber ins Hoſpi-
tal, Andre ließen ſich zu Hauſe kuriren, und es
iſt wahrſcheinlich, daß Mancher die haͤßlichſte
Krankheit mit in ſein Vaterland genommen hat.
Bey den Deſerteurs ging es in dieſer Ruͤckſicht am
aͤ[r]gſten zu: denn dieſe trieben ihr Weſen ganz oͤf-
fentlich, ſogar in ihrer Caſerne.

Die Revolution, welche den Franzoſen ſo ent-
ſezlich viel junge Maͤnner gekoſtet hat, macht frei-
lich, daß von den jetzigen ledigen Franzoͤſinnen viele
alte Jungfern werden muͤſſen: denn nimmermehr
wird man erlauben, daß Ein Mann mehr als eine

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[27/0031] die Huren, oder, wie es heißt, filles perdues ge- geben, auch alle Buͤrger aufgefodert, dem Unwe- ſen mit abzuhelfen. Aber es laͤßt ſich denken, daß ſolche Dekrete wenig oder nichts fruchten. Ein Uebel von der Art kann nur nach und nach durch beſſere Erziehung kuͤnftiger Generationen vertilgt werden: jezt, da die Sitten des groͤßern Haufens noch immer einen Anſtrich von den Sitten des Hofes, des Adels und der Prieſter haben, kann kein Geſetz hier ſteuern. Horatius hat Recht, wenn er ſagt: — — Quid leges ſine moribus banae proficiunt? Die Folgen des Umgangs unſrer Kriegsgefan- genen und Deſerteurs mit den Buhldirnen wurden auch bald ſichtbar: Viele kamen daruͤber ins Hoſpi- tal, Andre ließen ſich zu Hauſe kuriren, und es iſt wahrſcheinlich, daß Mancher die haͤßlichſte Krankheit mit in ſein Vaterland genommen hat. Bey den Deſerteurs ging es in dieſer Ruͤckſicht am aͤrgſten zu: denn dieſe trieben ihr Weſen ganz oͤf- fentlich, ſogar in ihrer Caſerne. Die Revolution, welche den Franzoſen ſo ent- ſezlich viel junge Maͤnner gekoſtet hat, macht frei- lich, daß von den jetzigen ledigen Franzoͤſinnen viele alte Jungfern werden muͤſſen: denn nimmermehr wird man erlauben, daß Ein Mann mehr als eine

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/31>, abgerufen am 21.11.2024.