was ich hörte, Hrn. Bispink mit: dieser aber, der sich nicht vorstellen konnte, warum Hr. Eber- hard mich zu drücken suchen sollte, da ihn gewiß kein Interesse dazu reizen könnte, der selbst Eber- harden zweymal meinetwegen besucht und die vortheilhaftesten Aeußerungen über und für mich von ihm gehört haben wollte, widersprach mir immer, und nannte meine Relationen eine verhaßte und niedrige Stude[nt]en-Klatscherey. Ja, er hielt meine Besorgniß für ein täuschendes Gauckelspiel einer übertriebenen Selbst- und Eigenliebe; oder Eberhard müßte, wie er einst hinzufügte, in einer gewissen Art von höfischer Verstellungskunst ein abscheulich großer Meister seyn. Genug, ich mußte immer unrecht haben.
Aber so sehr ich Hn. Bispink liebe und achte, so wenig kann er mir es verargen, wenn ich ihn einer zu gutmüthigen und nachsichtigen Denkungs- art zeihe, und seine Meynung durchaus verwerfe: daß man, zu seiner eignen Ruhe, sich die Men- schen so lange als gut denken müsse, bis sie das Entgegengesezte unwidersprechlich zeigen. Ich dächte, seine vielfache, traurige Erfahrung hätte ihn vom Gegentheil längst überführen sollen. Doch ich habe ihm hierin nichts vorzuschreiben, und bin für mich noch immer der höchstwahrscheinlichen
was ich hoͤrte, Hrn. Bispink mit: dieſer aber, der ſich nicht vorſtellen konnte, warum Hr. Eber- hard mich zu druͤcken ſuchen ſollte, da ihn gewiß kein Intereſſe dazu reizen koͤnnte, der ſelbſt Eber- harden zweymal meinetwegen beſucht und die vortheilhafteſten Aeußerungen uͤber und fuͤr mich von ihm gehoͤrt haben wollte, widerſprach mir immer, und nannte meine Relationen eine verhaßte und niedrige Stude[nt]en-Klatſcherey. Ja, er hielt meine Beſorgniß fuͤr ein taͤuſchendes Gauckelſpiel einer uͤbertriebenen Selbſt- und Eigenliebe; oder Eberhard muͤßte, wie er einſt hinzufuͤgte, in einer gewiſſen Art von hoͤfiſcher Verſtellungskunſt ein abſcheulich großer Meiſter ſeyn. Genug, ich mußte immer unrecht haben.
Aber ſo ſehr ich Hn. Bispink liebe und achte, ſo wenig kann er mir es verargen, wenn ich ihn einer zu gutmuͤthigen und nachſichtigen Denkungs- art zeihe, und ſeine Meynung durchaus verwerfe: daß man, zu ſeiner eignen Ruhe, ſich die Men- ſchen ſo lange als gut denken muͤſſe, bis ſie das Entgegengeſezte unwiderſprechlich zeigen. Ich daͤchte, ſeine vielfache, traurige Erfahrung haͤtte ihn vom Gegentheil laͤngſt uͤberfuͤhren ſollen. Doch ich habe ihm hierin nichts vorzuſchreiben, und bin fuͤr mich noch immer der hoͤchſtwahrſcheinlichen
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was ich hoͤrte, Hrn. Bispink mit: dieſer aber,
der ſich nicht vorſtellen konnte, warum Hr. Eber-
hard mich zu druͤcken ſuchen ſollte, da ihn gewiß
kein Intereſſe dazu reizen koͤnnte, der ſelbſt Eber-
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von ihm gehoͤrt haben wollte, widerſprach mir
immer, und nannte meine Relationen eine verhaßte
und niedrige Studenten-Klatſcherey. Ja, er hielt
meine Beſorgniß fuͤr ein taͤuſchendes Gauckelſpiel
einer uͤbertriebenen Selbſt- und Eigenliebe; oder
Eberhard muͤßte, wie er einſt hinzufuͤgte, in
einer gewiſſen Art von hoͤfiſcher Verſtellungskunſt
ein abſcheulich großer Meiſter ſeyn. Genug, ich
mußte immer unrecht haben.
Aber ſo ſehr ich Hn. Bispink liebe und achte,
ſo wenig kann er mir es verargen, wenn ich ihn
einer zu gutmuͤthigen und nachſichtigen Denkungs-
art zeihe, und ſeine Meynung durchaus verwerfe:
daß man, zu ſeiner eignen Ruhe, ſich die Men-
ſchen ſo lange als gut denken muͤſſe, bis ſie das
Entgegengeſezte unwiderſprechlich zeigen. Ich
daͤchte, ſeine vielfache, traurige Erfahrung haͤtte
ihn vom Gegentheil laͤngſt uͤberfuͤhren ſollen. Doch
ich habe ihm hierin nichts vorzuſchreiben, und bin
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/276>, abgerufen am 22.11.2024.
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