gestohlen hatten, von da nach Naumburg brachte, logirte in demselben Wirthshause, und betrug sich gegen einen Handwerkspurschen, der ebenfalls da logirte, wie ein grober impertinenter Korporal nur immer kann. Der arme, müde Handwerkspursche gab jedesmal nach, aber der ungeschliffene Korpo- ral, der ohnehin beynahe völlig benebelt war, fuhr mit seinem impertinenten Necken so lange fort, bis endlich der Wirth sich drein legte, und den rasen- den Neundreyer-Held zur Ruhe brachte. Es ist wirk- lich schändlich, daß Militärpersonen, die doch ih- res eignen Standes und ihrer eignen Lage wegen, sich größtentheils in sehr gedrängten Umständen be- finden, Andre, die ihnen nichts thun, necken und hudeln, und besonders in Wirthshäusern den Mei- ster spielen wollen, wo man sie nicht einmal gerne sieht, theils wegen des Lärmens, den sie zu ma- chen pflegen, theils wegen der fast ewigen Schwind- sucht ihres Beutels.
Wenn doch jeder Soldat, er sey gemeiner oder nichtgemeiner, sobald ihm der Kitzel ankömmt, sich über alles, was nicht Soldat ist, hinauszuse- tzen, bedächte, daß es eben so sehr wider seinen Beruf, als wider die Pflicht der Dankbarkeit ist, diejenigen necken oder verachten zu wollen, durch deren Schweiß und Abgaben die Fürsten in Stand gesezt werden, ihn zur Aufrechthaltung der allge-
geſtohlen hatten, von da nach Naumburg brachte, logirte in demſelben Wirthshauſe, und betrug ſich gegen einen Handwerkspurſchen, der ebenfalls da logirte, wie ein grober impertinenter Korporal nur immer kann. Der arme, muͤde Handwerkspurſche gab jedesmal nach, aber der ungeſchliffene Korpo- ral, der ohnehin beynahe voͤllig benebelt war, fuhr mit ſeinem impertinenten Necken ſo lange fort, bis endlich der Wirth ſich drein legte, und den raſen- den Neundreyer-Held zur Ruhe brachte. Es iſt wirk- lich ſchaͤndlich, daß Militaͤrperſonen, die doch ih- res eignen Standes und ihrer eignen Lage wegen, ſich groͤßtentheils in ſehr gedraͤngten Umſtaͤnden be- finden, Andre, die ihnen nichts thun, necken und hudeln, und beſonders in Wirthshaͤuſern den Mei- ſter ſpielen wollen, wo man ſie nicht einmal gerne ſieht, theils wegen des Laͤrmens, den ſie zu ma- chen pflegen, theils wegen der faſt ewigen Schwind- ſucht ihres Beutels.
Wenn doch jeder Soldat, er ſey gemeiner oder nichtgemeiner, ſobald ihm der Kitzel ankoͤmmt, ſich uͤber alles, was nicht Soldat iſt, hinauszuſe- tzen, bedaͤchte, daß es eben ſo ſehr wider ſeinen Beruf, als wider die Pflicht der Dankbarkeit iſt, diejenigen necken oder verachten zu wollen, durch deren Schweiß und Abgaben die Fuͤrſten in Stand geſezt werden, ihn zur Aufrechthaltung der allge-
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geſtohlen hatten, von da nach Naumburg brachte,
logirte in demſelben Wirthshauſe, und betrug ſich
gegen einen Handwerkspurſchen, der ebenfalls da
logirte, wie ein grober impertinenter Korporal nur
immer kann. Der arme, muͤde Handwerkspurſche
gab jedesmal nach, aber der ungeſchliffene Korpo-
ral, der ohnehin beynahe voͤllig benebelt war, fuhr
mit ſeinem impertinenten Necken ſo lange fort, bis
endlich der Wirth ſich drein legte, und den raſen-
den Neundreyer-Held zur Ruhe brachte. Es iſt wirk-
lich ſchaͤndlich, daß Militaͤrperſonen, die doch ih-
res eignen Standes und ihrer eignen Lage wegen,
ſich groͤßtentheils in ſehr gedraͤngten Umſtaͤnden be-
finden, Andre, die ihnen nichts thun, necken und
hudeln, und beſonders in Wirthshaͤuſern den Mei-
ſter ſpielen wollen, wo man ſie nicht einmal gerne
ſieht, theils wegen des Laͤrmens, den ſie zu ma-
chen pflegen, theils wegen der faſt ewigen Schwind-
ſucht ihres Beutels.
Wenn doch jeder Soldat, er ſey gemeiner oder
nichtgemeiner, ſobald ihm der Kitzel ankoͤmmt,
ſich uͤber alles, was nicht Soldat iſt, hinauszuſe-
tzen, bedaͤchte, daß es eben ſo ſehr wider ſeinen
Beruf, als wider die Pflicht der Dankbarkeit iſt,
diejenigen necken oder verachten zu wollen, durch
deren Schweiß und Abgaben die Fuͤrſten in Stand
geſezt werden, ihn zur Aufrechthaltung der allge-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/268>, abgerufen am 22.11.2024.
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