Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Zu Hersfeld logirte ich im Löwen, blieb zwey
Nächte da, und fand sehr gute und wohlfeile Pflege.
Sollte ich noch mehrmals nach Hersfeld kommen,
so werde ich gewiß nirgends als im Löwen logiren.

Ohnweit Eisenach kam ich von ohngefähr zu
einer Hochzeit; und die guten Leute -- der Braut
Bruder war, als hessischer Soldat, in Frankreich
gestorben -- zwangen mich gleichsam, über Nacht
zu bleiben und an ihrer Freude Theil zu nehmen.

In Eisenach besuchte ich den Hn. Rath
Wolff: Superintendent Schneider war nicht
zu Hause. -- In Gotha hielt ich mich nicht
länger auf, als ich bey dem Hn. Hauptmann von
Henning zubrachte, und sezte dann meinen Weg
weiter fort. Zwey Stunden von der Stadt traf ich
in einem Wirthshause ein junges hübsches Mäd-
chen von Eisenberg an, das zu einer Base bey
Eisenach wollte. Das arme Mädchen hatte sich
die Füße wund gegangen, und war ohne alles Geld.
Ein dicker Pelzmichel bath sie, die Nacht da zu
bleiben, und mit ihm, auf seine Rechnung, für
lieb zu nehmen. Ich merkte, wo er mit seinem
Einladen hin wollte: denn ein Mensch, der so oft
in allerhand Kneipen auf dem Stroh herum gele-
gen ist, wie ich, weiß recht gut, wie es herzu-
gehen pflegt, wenn Manns- und Weibsleute des
Nachts auf einer Streue beysammen liegen. Das

Zu Hersfeld logirte ich im Loͤwen, blieb zwey
Naͤchte da, und fand ſehr gute und wohlfeile Pflege.
Sollte ich noch mehrmals nach Hersfeld kommen,
ſo werde ich gewiß nirgends als im Loͤwen logiren.

Ohnweit Eiſenach kam ich von ohngefaͤhr zu
einer Hochzeit; und die guten Leute — der Braut
Bruder war, als heſſiſcher Soldat, in Frankreich
geſtorben — zwangen mich gleichſam, uͤber Nacht
zu bleiben und an ihrer Freude Theil zu nehmen.

In Eiſenach beſuchte ich den Hn. Rath
Wolff: Superintendent Schneider war nicht
zu Hauſe. — In Gotha hielt ich mich nicht
laͤnger auf, als ich bey dem Hn. Hauptmann von
Henning zubrachte, und ſezte dann meinen Weg
weiter fort. Zwey Stunden von der Stadt traf ich
in einem Wirthshauſe ein junges huͤbſches Maͤd-
chen von Eiſenberg an, das zu einer Baſe bey
Eiſenach wollte. Das arme Maͤdchen hatte ſich
die Fuͤße wund gegangen, und war ohne alles Geld.
Ein dicker Pelzmichel bath ſie, die Nacht da zu
bleiben, und mit ihm, auf ſeine Rechnung, fuͤr
lieb zu nehmen. Ich merkte, wo er mit ſeinem
Einladen hin wollte: denn ein Menſch, der ſo oft
in allerhand Kneipen auf dem Stroh herum gele-
gen iſt, wie ich, weiß recht gut, wie es herzu-
gehen pflegt, wenn Manns- und Weibsleute des
Nachts auf einer Streue beyſammen liegen. Das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0260" n="256"/>
Zu Hersfeld logirte ich im <hi rendition="#g">Lo&#x0364;wen</hi>, blieb zwey<lb/>
Na&#x0364;chte da, und fand &#x017F;ehr gute und wohlfeile Pflege.<lb/>
Sollte ich noch mehrmals nach Hersfeld kommen,<lb/>
&#x017F;o werde ich gewiß nirgends als im Lo&#x0364;wen logiren.</p><lb/>
        <p>Ohnweit Ei&#x017F;enach kam ich von ohngefa&#x0364;hr zu<lb/>
einer Hochzeit; und die guten Leute &#x2014; der Braut<lb/>
Bruder war, als he&#x017F;&#x017F;i&#x017F;cher Soldat, in Frankreich<lb/>
ge&#x017F;torben &#x2014; zwangen mich gleich&#x017F;am, u&#x0364;ber Nacht<lb/>
zu bleiben und an ihrer Freude Theil zu nehmen.</p><lb/>
        <p>In <hi rendition="#g">Ei&#x017F;enach</hi> be&#x017F;uchte ich den Hn. Rath<lb/><hi rendition="#g">Wolff</hi>: Superintendent <hi rendition="#g">Schneider</hi> war nicht<lb/>
zu Hau&#x017F;e. &#x2014; In <hi rendition="#g">Gotha</hi> hielt ich mich nicht<lb/>
la&#x0364;nger auf, als ich bey dem Hn. Hauptmann von<lb/><hi rendition="#g">Henning</hi> zubrachte, und &#x017F;ezte dann meinen Weg<lb/>
weiter fort. Zwey Stunden von der Stadt traf ich<lb/>
in einem Wirthshau&#x017F;e ein junges hu&#x0364;b&#x017F;ches Ma&#x0364;d-<lb/>
chen von Ei&#x017F;enberg an, das zu einer Ba&#x017F;e bey<lb/>
Ei&#x017F;enach wollte. Das arme Ma&#x0364;dchen hatte &#x017F;ich<lb/>
die Fu&#x0364;ße wund gegangen, und war ohne alles Geld.<lb/>
Ein dicker Pelzmichel bath &#x017F;ie, die Nacht da zu<lb/>
bleiben, und mit ihm, auf &#x017F;eine Rechnung, fu&#x0364;r<lb/>
lieb zu nehmen. Ich merkte, wo er mit &#x017F;einem<lb/>
Einladen hin wollte: denn ein Men&#x017F;ch, der &#x017F;o oft<lb/>
in allerhand Kneipen auf dem Stroh herum gele-<lb/>
gen i&#x017F;t, wie ich, weiß recht gut, wie es herzu-<lb/>
gehen pflegt, wenn Manns- und Weibsleute des<lb/>
Nachts auf einer Streue bey&#x017F;ammen liegen. Das<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0260] Zu Hersfeld logirte ich im Loͤwen, blieb zwey Naͤchte da, und fand ſehr gute und wohlfeile Pflege. Sollte ich noch mehrmals nach Hersfeld kommen, ſo werde ich gewiß nirgends als im Loͤwen logiren. Ohnweit Eiſenach kam ich von ohngefaͤhr zu einer Hochzeit; und die guten Leute — der Braut Bruder war, als heſſiſcher Soldat, in Frankreich geſtorben — zwangen mich gleichſam, uͤber Nacht zu bleiben und an ihrer Freude Theil zu nehmen. In Eiſenach beſuchte ich den Hn. Rath Wolff: Superintendent Schneider war nicht zu Hauſe. — In Gotha hielt ich mich nicht laͤnger auf, als ich bey dem Hn. Hauptmann von Henning zubrachte, und ſezte dann meinen Weg weiter fort. Zwey Stunden von der Stadt traf ich in einem Wirthshauſe ein junges huͤbſches Maͤd- chen von Eiſenberg an, das zu einer Baſe bey Eiſenach wollte. Das arme Maͤdchen hatte ſich die Fuͤße wund gegangen, und war ohne alles Geld. Ein dicker Pelzmichel bath ſie, die Nacht da zu bleiben, und mit ihm, auf ſeine Rechnung, fuͤr lieb zu nehmen. Ich merkte, wo er mit ſeinem Einladen hin wollte: denn ein Menſch, der ſo oft in allerhand Kneipen auf dem Stroh herum gele- gen iſt, wie ich, weiß recht gut, wie es herzu- gehen pflegt, wenn Manns- und Weibsleute des Nachts auf einer Streue beyſammen liegen. Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/260
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/260>, abgerufen am 25.11.2024.