Thaler Reisegeld. Ich brannte vor Begierde, meine gute Mutter zu besuchen, und erkundigte mich deswegen bey einem preußischen Offizier, und erfuhr, daß die Franzosen die preußischen Pässe respektirten. Ich ging also wirklich nach Nied, wo ich einige Jahre zuvor, wie man sich erinnern wird, Winterquartier gehabt hatte, und hier traf ich französische Volontärs an. Der Offizier der- selben versicherte mich, daß ich ohne Bedenken über den Rhein kommen könnte, zumal, da ich einen Paß von den Preußen hätte: aber er besorge den- noch, ob man mir gestatten würde, zurück zu keh- ren: denn er wisse nicht, ob seine Landsleute dort drüben nicht Anstalt machen könnten, über den Rhein zu gehen; und wenn sie so was im Sinne hätten, dann gestatteten sie niemanden den Vortritt. Aha, dacht ich, da muß man wegbleiben. Ich ließ also den Vorsatz, meine Mutter zu besuchen, fahren, und ging nach Frankfurt zurück. -- Nied fand ich sehr verdorben durch ein entstandenes Feuer bey einer Balgerey zwischen den Franzosen und den Oestreichern.
Frankfurt war damals neutral, das heißt, es war sowohl den Kaiserlichen, als den Franzosen erlaubt, hinein zu kommen. Aber auch hier führ- ten sich die Kaiserlichen oft schlecht genug auf, und die Franzosen waren den Einwohnern allemal will-
Thaler Reiſegeld. Ich brannte vor Begierde, meine gute Mutter zu beſuchen, und erkundigte mich deswegen bey einem preußiſchen Offizier, und erfuhr, daß die Franzoſen die preußiſchen Paͤſſe reſpektirten. Ich ging alſo wirklich nach Nied, wo ich einige Jahre zuvor, wie man ſich erinnern wird, Winterquartier gehabt hatte, und hier traf ich franzoͤſiſche Volontaͤrs an. Der Offizier der- ſelben verſicherte mich, daß ich ohne Bedenken uͤber den Rhein kommen koͤnnte, zumal, da ich einen Paß von den Preußen haͤtte: aber er beſorge den- noch, ob man mir geſtatten wuͤrde, zuruͤck zu keh- ren: denn er wiſſe nicht, ob ſeine Landsleute dort druͤben nicht Anſtalt machen koͤnnten, uͤber den Rhein zu gehen; und wenn ſie ſo was im Sinne haͤtten, dann geſtatteten ſie niemanden den Vortritt. Aha, dacht ich, da muß man wegbleiben. Ich ließ alſo den Vorſatz, meine Mutter zu beſuchen, fahren, und ging nach Frankfurt zuruͤck. — Nied fand ich ſehr verdorben durch ein entſtandenes Feuer bey einer Balgerey zwiſchen den Franzoſen und den Oeſtreichern.
Frankfurt war damals neutral, das heißt, es war ſowohl den Kaiſerlichen, als den Franzoſen erlaubt, hinein zu kommen. Aber auch hier fuͤhr- ten ſich die Kaiſerlichen oft ſchlecht genug auf, und die Franzoſen waren den Einwohnern allemal will-
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Thaler Reiſegeld. Ich brannte vor Begierde,
meine gute Mutter zu beſuchen, und erkundigte
mich deswegen bey einem preußiſchen Offizier, und
erfuhr, daß die Franzoſen die preußiſchen Paͤſſe
reſpektirten. Ich ging alſo wirklich nach Nied,
wo ich einige Jahre zuvor, wie man ſich erinnern
wird, Winterquartier gehabt hatte, und hier traf
ich franzoͤſiſche Volontaͤrs an. Der Offizier der-
ſelben verſicherte mich, daß ich ohne Bedenken uͤber
den Rhein kommen koͤnnte, zumal, da ich einen
Paß von den Preußen haͤtte: aber er beſorge den-
noch, ob man mir geſtatten wuͤrde, zuruͤck zu keh-
ren: denn er wiſſe nicht, ob ſeine Landsleute dort
druͤben nicht Anſtalt machen koͤnnten, uͤber den
Rhein zu gehen; und wenn ſie ſo was im Sinne
haͤtten, dann geſtatteten ſie niemanden den Vortritt.
Aha, dacht ich, da muß man wegbleiben. Ich
ließ alſo den Vorſatz, meine Mutter zu beſuchen,
fahren, und ging nach Frankfurt zuruͤck. — Nied
fand ich ſehr verdorben durch ein entſtandenes Feuer
bey einer Balgerey zwiſchen den Franzoſen und
den Oeſtreichern.
Frankfurt war damals neutral, das heißt,
es war ſowohl den Kaiſerlichen, als den Franzoſen
erlaubt, hinein zu kommen. Aber auch hier fuͤhr-
ten ſich die Kaiſerlichen oft ſchlecht genug auf, und
die Franzoſen waren den Einwohnern allemal will-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/255>, abgerufen am 25.11.2024.
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