sache Recht hätten, und daß das heil. Röm. Reich zur Ungebühr in die Brühe gezogen wäre. Allein da er einmal bey den Reichstruppen als Offizier von hohem Range diente, so durfte er freilich nicht zugeben, daß seine Armee eine schlechte, der Feind aber eine durchaus gute Sache vertheidigte. Wenn ich manchesmal so etwas fallen ließ, so widersprach er nicht, lächelte nur, und schloß mit der allge- meinen Bemerkung, welche ich herzlich gern un- terschrieb und noch unterschreibe: "daß eine Revo- lution für die, welche sie betrift, allemal eine sehr blutige Sache sey."
Allein Hr. Kuhn, der Auditeur, welcher mich seiner vorzüglichen Freundschaft würdigte, und welcher ein sehr gelehrter Mann ist, war über die Franzosen so sehr erboßt, daß wir allemal bis zu Grobheiten an einander kamen, wenn von ihrer Sache die Rede war, zumal wenn wir im Lamm zu Freystätt, oder im Schwerd zu Kehl unsre Köpfe etwas heroisch getrunken hatten. Endlich machten wir aus, daß von den französischen Ange- legenheiten gar nichts mehr unter uns vorkommen sollte: und so blieben wir gute Freunde. Aber die Franzosen hatten dem guten Kuhn seinen Gönner und Freund, den vormaligen Maire Dietrichs in Strasburg geköpft, und so hatte er ja Ursache, dem ganzen Volke feind zu seyn.
ſache Recht haͤtten, und daß das heil. Roͤm. Reich zur Ungebuͤhr in die Bruͤhe gezogen waͤre. Allein da er einmal bey den Reichstruppen als Offizier von hohem Range diente, ſo durfte er freilich nicht zugeben, daß ſeine Armee eine ſchlechte, der Feind aber eine durchaus gute Sache vertheidigte. Wenn ich manchesmal ſo etwas fallen ließ, ſo widerſprach er nicht, laͤchelte nur, und ſchloß mit der allge- meinen Bemerkung, welche ich herzlich gern un- terſchrieb und noch unterſchreibe: „daß eine Revo- lution fuͤr die, welche ſie betrift, allemal eine ſehr blutige Sache ſey.“
Allein Hr. Kuhn, der Auditeur, welcher mich ſeiner vorzuͤglichen Freundſchaft wuͤrdigte, und welcher ein ſehr gelehrter Mann iſt, war uͤber die Franzoſen ſo ſehr erboßt, daß wir allemal bis zu Grobheiten an einander kamen, wenn von ihrer Sache die Rede war, zumal wenn wir im Lamm zu Freyſtaͤtt, oder im Schwerd zu Kehl unſre Koͤpfe etwas heroiſch getrunken hatten. Endlich machten wir aus, daß von den franzoͤſiſchen Ange- legenheiten gar nichts mehr unter uns vorkommen ſollte: und ſo blieben wir gute Freunde. Aber die Franzoſen hatten dem guten Kuhn ſeinen Goͤnner und Freund, den vormaligen Maire Dietrichs in Strasburg gekoͤpft, und ſo hatte er ja Urſache, dem ganzen Volke feind zu ſeyn.
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ſache Recht haͤtten, und daß das heil. Roͤm. Reich
zur Ungebuͤhr in die Bruͤhe gezogen waͤre. Allein
da er einmal bey den Reichstruppen als Offizier
von hohem Range diente, ſo durfte er freilich nicht
zugeben, daß ſeine Armee eine ſchlechte, der Feind
aber eine durchaus gute Sache vertheidigte. Wenn
ich manchesmal ſo etwas fallen ließ, ſo widerſprach
er nicht, laͤchelte nur, und ſchloß mit der allge-
meinen Bemerkung, welche ich herzlich gern un-
terſchrieb und noch unterſchreibe: „daß eine Revo-
lution fuͤr die, welche ſie betrift, allemal eine ſehr
blutige Sache ſey.“
Allein Hr. Kuhn, der Auditeur, welcher mich
ſeiner vorzuͤglichen Freundſchaft wuͤrdigte, und
welcher ein ſehr gelehrter Mann iſt, war uͤber die
Franzoſen ſo ſehr erboßt, daß wir allemal bis zu
Grobheiten an einander kamen, wenn von ihrer
Sache die Rede war, zumal wenn wir im Lamm
zu Freyſtaͤtt, oder im Schwerd zu Kehl unſre
Koͤpfe etwas heroiſch getrunken hatten. Endlich
machten wir aus, daß von den franzoͤſiſchen Ange-
legenheiten gar nichts mehr unter uns vorkommen
ſollte: und ſo blieben wir gute Freunde. Aber die
Franzoſen hatten dem guten Kuhn ſeinen Goͤnner
und Freund, den vormaligen Maire Dietrichs
in Strasburg gekoͤpft, und ſo hatte er ja Urſache,
dem ganzen Volke feind zu ſeyn.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/218>, abgerufen am 22.11.2024.
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