Ich saß nämlich eines Tages in einem Weinhause mit einem Korporal, Namens Seher, als ein Sergeant von Rohan, den ich sehr gut gekannt hatte, herein trat, mich betrachtete, und dann in seiner Sprache ausrief: aber wo bey allen Teufeln, wo kommt ihr her? Ich schwieg, und that als verstände ich sein Französisch nicht. Drauf sagte er zu seinem Begleiter, einem Offizier: der Mensch da will mich nicht verstehen, aber nur Geduld, laßt ihn ja nicht fort: ich gehe zum Obersten. -- Korporal Seher, der den Sergeanten nicht ver- standen hatte, ließ sich von mir berichten, und wir machten Anstalt, abzugehen. Der Robansche Of- fizier wollte uns zurückhalten; aber Seher hob den Stock: und wir -- gingen.
Der Offizier und der Sergeant liefen hernach zum Obersten, um mich zurückzufodern. Aber dieser feurige Mann erklärte ihnen kurzweg: daß daraus nichts werden könnte, daß sie von den Schwäbischen Truppen schon zu viele verführt hät- ten, daß man ihr Korps durchaus nicht für voll ansähe und daß sie sich nur gleich zum Thor hin- aus packen sollten, oder er würde sie mit Mann- schaft hinaus bringen lassen. -- Mit diesem Tro- ste mußten sie sich abführen. Als ich hernach mit dem Obersten über diesen Vorfall zu sprechen kam, sagte er kurz: Es ist Lumpenzeug um alle Emi-
Ich ſaß naͤmlich eines Tages in einem Weinhauſe mit einem Korporal, Namens Seher, als ein Sergeant von Rohan, den ich ſehr gut gekannt hatte, herein trat, mich betrachtete, und dann in ſeiner Sprache ausrief: aber wo bey allen Teufeln, wo kommt ihr her? Ich ſchwieg, und that als verſtaͤnde ich ſein Franzoͤſiſch nicht. Drauf ſagte er zu ſeinem Begleiter, einem Offizier: der Menſch da will mich nicht verſtehen, aber nur Geduld, laßt ihn ja nicht fort: ich gehe zum Oberſten. — Korporal Seher, der den Sergeanten nicht ver- ſtanden hatte, ließ ſich von mir berichten, und wir machten Anſtalt, abzugehen. Der Robanſche Of- fizier wollte uns zuruͤckhalten; aber Seher hob den Stock: und wir — gingen.
Der Offizier und der Sergeant liefen hernach zum Oberſten, um mich zuruͤckzufodern. Aber dieſer feurige Mann erklaͤrte ihnen kurzweg: daß daraus nichts werden koͤnnte, daß ſie von den Schwaͤbiſchen Truppen ſchon zu viele verfuͤhrt haͤt- ten, daß man ihr Korps durchaus nicht fuͤr voll anſaͤhe und daß ſie ſich nur gleich zum Thor hin- aus packen ſollten, oder er wuͤrde ſie mit Mann- ſchaft hinaus bringen laſſen. — Mit dieſem Tro- ſte mußten ſie ſich abfuͤhren. Als ich hernach mit dem Oberſten uͤber dieſen Vorfall zu ſprechen kam, ſagte er kurz: Es iſt Lumpenzeug um alle Emi-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0202"n="198"/>
Ich ſaß naͤmlich eines Tages in einem Weinhauſe<lb/>
mit einem Korporal, Namens <hirendition="#g">Seher</hi>, als ein<lb/>
Sergeant von <hirendition="#g">Rohan</hi>, den ich ſehr gut gekannt<lb/>
hatte, herein trat, mich betrachtete, und dann in<lb/>ſeiner Sprache ausrief: aber wo bey allen Teufeln,<lb/>
wo kommt ihr her? Ich ſchwieg, und that als<lb/>
verſtaͤnde ich ſein Franzoͤſiſch nicht. Drauf ſagte<lb/>
er zu ſeinem Begleiter, einem Offizier: der Menſch<lb/>
da will mich nicht verſtehen, aber nur Geduld,<lb/>
laßt ihn ja nicht fort: ich gehe zum Oberſten. —<lb/>
Korporal <hirendition="#g">Seher</hi>, der den Sergeanten nicht ver-<lb/>ſtanden hatte, ließ ſich von mir berichten, und wir<lb/>
machten Anſtalt, abzugehen. Der Robanſche Of-<lb/>
fizier wollte uns zuruͤckhalten; aber <hirendition="#g">Seher</hi> hob<lb/>
den Stock: und wir — gingen.</p><lb/><p>Der Offizier und der Sergeant liefen hernach<lb/>
zum Oberſten, um mich zuruͤckzufodern. Aber<lb/>
dieſer feurige Mann erklaͤrte ihnen kurzweg: daß<lb/>
daraus nichts werden koͤnnte, daß ſie von den<lb/>
Schwaͤbiſchen Truppen ſchon zu viele verfuͤhrt haͤt-<lb/>
ten, daß man ihr Korps durchaus nicht fuͤr voll<lb/>
anſaͤhe und daß ſie ſich nur gleich zum Thor hin-<lb/>
aus packen ſollten, oder er wuͤrde ſie mit Mann-<lb/>ſchaft hinaus bringen laſſen. — Mit dieſem Tro-<lb/>ſte mußten ſie ſich abfuͤhren. Als ich hernach mit<lb/>
dem Oberſten uͤber dieſen Vorfall zu ſprechen kam,<lb/>ſagte er kurz: Es iſt Lumpenzeug um alle Emi-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[198/0202]
Ich ſaß naͤmlich eines Tages in einem Weinhauſe
mit einem Korporal, Namens Seher, als ein
Sergeant von Rohan, den ich ſehr gut gekannt
hatte, herein trat, mich betrachtete, und dann in
ſeiner Sprache ausrief: aber wo bey allen Teufeln,
wo kommt ihr her? Ich ſchwieg, und that als
verſtaͤnde ich ſein Franzoͤſiſch nicht. Drauf ſagte
er zu ſeinem Begleiter, einem Offizier: der Menſch
da will mich nicht verſtehen, aber nur Geduld,
laßt ihn ja nicht fort: ich gehe zum Oberſten. —
Korporal Seher, der den Sergeanten nicht ver-
ſtanden hatte, ließ ſich von mir berichten, und wir
machten Anſtalt, abzugehen. Der Robanſche Of-
fizier wollte uns zuruͤckhalten; aber Seher hob
den Stock: und wir — gingen.
Der Offizier und der Sergeant liefen hernach
zum Oberſten, um mich zuruͤckzufodern. Aber
dieſer feurige Mann erklaͤrte ihnen kurzweg: daß
daraus nichts werden koͤnnte, daß ſie von den
Schwaͤbiſchen Truppen ſchon zu viele verfuͤhrt haͤt-
ten, daß man ihr Korps durchaus nicht fuͤr voll
anſaͤhe und daß ſie ſich nur gleich zum Thor hin-
aus packen ſollten, oder er wuͤrde ſie mit Mann-
ſchaft hinaus bringen laſſen. — Mit dieſem Tro-
ſte mußten ſie ſich abfuͤhren. Als ich hernach mit
dem Oberſten uͤber dieſen Vorfall zu ſprechen kam,
ſagte er kurz: Es iſt Lumpenzeug um alle Emi-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/202>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.