thek habe ich hier auch angetroffen, und meine Le- bensgeschichte darin doppelt.
Das Frauenzimmer in Freyburg ist durch die Bank liebenswürdig, und gröstentheils schön. Ich erinnere mich in keiner Stadt niedlichere Ge- sichtchen gesehen zu haben, als hier. Abe[r] die Emigranten haben ihr Unwesen auch hier getrie- ben, und man kann dieses bey mancher jungen Freyburgerin sehr merken.
Die Universität zählt kaum noch 200 Studen- ten, die theologische Seminaristen nicht mitgerech- net. Das kömmt daher, weil aus dem Elsaß niemand mehr herüber kömmt, woher sonst viele kamen. Eben aus dieser Ursache hat die Univer- sität auch viele Einkünfte verlohren: denn alle ihre Güter im Elsaß sind von den Franzosen in Beschlag genommen worden. Zwar hoffte Hr. Prof. Rueff, daß die Franzosen zur Zeit des Friedens diese Güter zurückgeben würden: [A]ber die Franzosen werden sehr wahrscheinlich es widersinnig finden, an einen fremden Ort Geld zur Unterhaltung einer Univer- sität zu schicken, die sie eben so gut in ihrem eig- nen Lande unterhalten können.
Die Posse mit dem Disputiren in lateinischem Gekaue und schnitzerhaftem Galimathias pro gra- du doctoris u. s. w. ist in Freyburg völlig abge- schafft; und der Candidat, welcher ein D oder ein M
thek habe ich hier auch angetroffen, und meine Le- bensgeſchichte darin doppelt.
Das Frauenzimmer in Freyburg iſt durch die Bank liebenswuͤrdig, und groͤſtentheils ſchoͤn. Ich erinnere mich in keiner Stadt niedlichere Ge- ſichtchen geſehen zu haben, als hier. Abe[r] die Emigranten haben ihr Unweſen auch hier getrie- ben, und man kann dieſes bey mancher jungen Freyburgerin ſehr merken.
Die Univerſitaͤt zaͤhlt kaum noch 200 Studen- ten, die theologiſche Seminariſten nicht mitgerech- net. Das koͤmmt daher, weil aus dem Elſaß niemand mehr heruͤber koͤmmt, woher ſonſt viele kamen. Eben aus dieſer Urſache hat die Univer- ſitaͤt auch viele Einkuͤnfte verlohren: denn alle ihre Guͤter im Elſaß ſind von den Franzoſen in Beſchlag genommen worden. Zwar hoffte Hr. Prof. Rueff, daß die Franzoſen zur Zeit des Friedens dieſe Guͤter zuruͤckgeben wuͤrden: [A]ber die Franzoſen werden ſehr wahrſcheinlich es widerſinnig finden, an einen fremden Ort Geld zur Unterhaltung einer Univer- ſitaͤt zu ſchicken, die ſie eben ſo gut in ihrem eig- nen Lande unterhalten koͤnnen.
Die Poſſe mit dem Diſputiren in lateiniſchem Gekaue und ſchnitzerhaftem Galimathias pro gra- du doctoris u. ſ. w. iſt in Freyburg voͤllig abge- ſchafft; und der Candidat, welcher ein D oder ein M
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thek habe ich hier auch angetroffen, und meine Le-
bensgeſchichte darin doppelt.
Das Frauenzimmer in Freyburg iſt durch
die Bank liebenswuͤrdig, und groͤſtentheils ſchoͤn.
Ich erinnere mich in keiner Stadt niedlichere Ge-
ſichtchen geſehen zu haben, als hier. Aber die
Emigranten haben ihr Unweſen auch hier getrie-
ben, und man kann dieſes bey mancher jungen
Freyburgerin ſehr merken.
Die Univerſitaͤt zaͤhlt kaum noch 200 Studen-
ten, die theologiſche Seminariſten nicht mitgerech-
net. Das koͤmmt daher, weil aus dem Elſaß
niemand mehr heruͤber koͤmmt, woher ſonſt viele
kamen. Eben aus dieſer Urſache hat die Univer-
ſitaͤt auch viele Einkuͤnfte verlohren: denn alle ihre
Guͤter im Elſaß ſind von den Franzoſen in Beſchlag
genommen worden. Zwar hoffte Hr. Prof. Rueff,
daß die Franzoſen zur Zeit des Friedens dieſe Guͤter
zuruͤckgeben wuͤrden: Aber die Franzoſen werden ſehr
wahrſcheinlich es widerſinnig finden, an einen
fremden Ort Geld zur Unterhaltung einer Univer-
ſitaͤt zu ſchicken, die ſie eben ſo gut in ihrem eig-
nen Lande unterhalten koͤnnen.
Die Poſſe mit dem Diſputiren in lateiniſchem
Gekaue und ſchnitzerhaftem Galimathias pro gra-
du doctoris u. ſ. w. iſt in Freyburg voͤllig abge-
ſchafft; und der Candidat, welcher ein D oder ein M
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/183>, abgerufen am 25.11.2024.
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