ich mich dennoch entschließen, seinen Rath zu befolgen.
Brodproselyten sind in meinen Augen erbärmli- che Geschöpfe; und ich denke von der Aenderung der Kirchenreligion, was der Dichter von der Aen- derung des Himmelsstrichs für Patienten sagt, die, um gesund zu werden, sich in die Fremde werfen:
Caelum, non animum mutant, qui trans mare currunt.
Aber, wenn Sencka mit Recht fodert, man solle alsdann nicht den Wohnort, sondern sein Ge- müth oder sich selbst ändern: so hätte ich durch den Uebergang zum Katholicismus wohl meinen Kir- chen-Namen, aber nicht mich geändert: und ohne dieses zu thun, hätten mich die Vortheile meiner Religionsänderung nie dauerhaft ruhig und glück- lich machen können.
Chrysostomus hat eine Rede unter der Auf- schrift: nemo laeditur, nisi a se ipso; und ich könn- te eine schreiben über das Thema: nemo bea[t]ur, nisi a se ipso: aber so gut ich das alles einsehe, so äußerst schwer, wenn auch theoretisch nicht unmög- lich, finde ich es praktisch, mich danach immer und überall zu richten. Es geht mir, wie einem, der bis in seinem mannbaren Alter, sich Schielen,
Viert. Th. 2te Abth. M
ich mich dennoch entſchließen, ſeinen Rath zu befolgen.
Brodproſelyten ſind in meinen Augen erbaͤrmli- che Geſchoͤpfe; und ich denke von der Aenderung der Kirchenreligion, was der Dichter von der Aen- derung des Himmelsſtrichs fuͤr Patienten ſagt, die, um geſund zu werden, ſich in die Fremde werfen:
Caelum, non animum mutant, qui trans mare currunt.
Aber, wenn Sencka mit Recht fodert, man ſolle alsdann nicht den Wohnort, ſondern ſein Ge- muͤth oder ſich ſelbſt aͤndern: ſo haͤtte ich durch den Uebergang zum Katholicismus wohl meinen Kir- chen-Namen, aber nicht mich geaͤndert: und ohne dieſes zu thun, haͤtten mich die Vortheile meiner Religionsaͤnderung nie dauerhaft ruhig und gluͤck- lich machen koͤnnen.
Chryſoſtomus hat eine Rede unter der Auf- ſchrift: nemo laeditur, niſi a ſe ipſo; und ich koͤnn- te eine ſchreiben uͤber das Thema: nemo bea[t]ur, niſi a ſe ipſo: aber ſo gut ich das alles einſehe, ſo aͤußerſt ſchwer, wenn auch theoretiſch nicht unmoͤg- lich, finde ich es praktiſch, mich danach immer und uͤberall zu richten. Es geht mir, wie einem, der bis in ſeinem mannbaren Alter, ſich Schielen,
Viert. Th. 2te Abth. M
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ich mich dennoch entſchließen, ſeinen Rath zu
befolgen.
Brodproſelyten ſind in meinen Augen erbaͤrmli-
che Geſchoͤpfe; und ich denke von der Aenderung
der Kirchenreligion, was der Dichter von der Aen-
derung des Himmelsſtrichs fuͤr Patienten ſagt,
die, um geſund zu werden, ſich in die Fremde
werfen:
Caelum, non animum mutant, qui trans
mare currunt.
Aber, wenn Sencka mit Recht fodert, man
ſolle alsdann nicht den Wohnort, ſondern ſein Ge-
muͤth oder ſich ſelbſt aͤndern: ſo haͤtte ich durch den
Uebergang zum Katholicismus wohl meinen Kir-
chen-Namen, aber nicht mich geaͤndert: und ohne
dieſes zu thun, haͤtten mich die Vortheile meiner
Religionsaͤnderung nie dauerhaft ruhig und gluͤck-
lich machen koͤnnen.
Chryſoſtomus hat eine Rede unter der Auf-
ſchrift: nemo laeditur, niſi a ſe ipſo; und ich koͤnn-
te eine ſchreiben uͤber das Thema: nemo beatur,
niſi a ſe ipſo: aber ſo gut ich das alles einſehe, ſo
aͤußerſt ſchwer, wenn auch theoretiſch nicht unmoͤg-
lich, finde ich es praktiſch, mich danach immer
und uͤberall zu richten. Es geht mir, wie einem,
der bis in ſeinem mannbaren Alter, ſich Schielen,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/181>, abgerufen am 22.11.2024.
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