Platz machen müßten: alsdann, fuhr er fort, mag man sie immer zum Krämer schicken: denn schon jezt liest sie niemand mehr, und in Zukunft wird man sie noch weniger lesen. Dieses Geständniß eines kotholischen Professors gefiel mir über alle Maßen, und so fing ich denn auch einen Sermon an, so nach meiner Art, wobey Herr Rueff theils seinen Beyfall gab, theils nur lächelte. Ich habe diesen würdigen Mann hernach noch einigemal in seinem Hause besucht, und ihn allemal gefunden, wie auf der Bibliothek -- exemplarisch-human.
Einer von den Vorzügen dieser Bibliothek ist, daß man, in einem eignen Zimmer daran, alle bessern gelehrten Zeitungen, Flugblätter und Jour- nale antrifft: ein Vorzug, den man auf mancher protestantischen Universitätsbibliothek vergebens su- chen kann.
Außer Hrn. Rueff lernte ich in Freyburg noch einen gewissen Herrn kennen, dessen Gewogenheit mir hätte nützlich werden können, wenn ich mich nach seinen Vorschlägen hätte richten wollen. Er rieth mir, in Freyburg zu bleiben, und katholisch zu werden: es sey ja doch alles eins, ob man die Faseleien des lutherischen oder des katholischen Ka- techismus öffentlich bekenne und mitmache: man müsse sich hiebey in Ort und Zeit schicken u. s. w. So wahr dieser Mann auch redete, so wenig konnte
Platz machen muͤßten: alsdann, fuhr er fort, mag man ſie immer zum Kraͤmer ſchicken: denn ſchon jezt lieſt ſie niemand mehr, und in Zukunft wird man ſie noch weniger leſen. Dieſes Geſtaͤndniß eines kotholiſchen Profeſſors gefiel mir uͤber alle Maßen, und ſo fing ich denn auch einen Sermon an, ſo nach meiner Art, wobey Herr Rueff theils ſeinen Beyfall gab, theils nur laͤchelte. Ich habe dieſen wuͤrdigen Mann hernach noch einigemal in ſeinem Hauſe beſucht, und ihn allemal gefunden, wie auf der Bibliothek — exemplariſch-human.
Einer von den Vorzuͤgen dieſer Bibliothek iſt, daß man, in einem eignen Zimmer daran, alle beſſern gelehrten Zeitungen, Flugblaͤtter und Jour- nale antrifft: ein Vorzug, den man auf mancher proteſtantiſchen Univerſitaͤtsbibliothek vergebens ſu- chen kann.
Außer Hrn. Rueff lernte ich in Freyburg noch einen gewiſſen Herrn kennen, deſſen Gewogenheit mir haͤtte nuͤtzlich werden koͤnnen, wenn ich mich nach ſeinen Vorſchlaͤgen haͤtte richten wollen. Er rieth mir, in Freyburg zu bleiben, und katholiſch zu werden: es ſey ja doch alles eins, ob man die Faſeleien des lutheriſchen oder des katholiſchen Ka- techismus oͤffentlich bekenne und mitmache: man muͤſſe ſich hiebey in Ort und Zeit ſchicken u. ſ. w. So wahr dieſer Mann auch redete, ſo wenig konnte
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Platz machen muͤßten: alsdann, fuhr er fort, mag
man ſie immer zum Kraͤmer ſchicken: denn ſchon
jezt lieſt ſie niemand mehr, und in Zukunft wird
man ſie noch weniger leſen. Dieſes Geſtaͤndniß
eines kotholiſchen Profeſſors gefiel mir uͤber alle
Maßen, und ſo fing ich denn auch einen Sermon
an, ſo nach meiner Art, wobey Herr Rueff theils
ſeinen Beyfall gab, theils nur laͤchelte. Ich habe
dieſen wuͤrdigen Mann hernach noch einigemal in
ſeinem Hauſe beſucht, und ihn allemal gefunden,
wie auf der Bibliothek — exemplariſch-human.
Einer von den Vorzuͤgen dieſer Bibliothek iſt,
daß man, in einem eignen Zimmer daran, alle
beſſern gelehrten Zeitungen, Flugblaͤtter und Jour-
nale antrifft: ein Vorzug, den man auf mancher
proteſtantiſchen Univerſitaͤtsbibliothek vergebens ſu-
chen kann.
Außer Hrn. Rueff lernte ich in Freyburg noch
einen gewiſſen Herrn kennen, deſſen Gewogenheit
mir haͤtte nuͤtzlich werden koͤnnen, wenn ich mich
nach ſeinen Vorſchlaͤgen haͤtte richten wollen. Er
rieth mir, in Freyburg zu bleiben, und katholiſch
zu werden: es ſey ja doch alles eins, ob man die
Faſeleien des lutheriſchen oder des katholiſchen Ka-
techismus oͤffentlich bekenne und mitmache: man
muͤſſe ſich hiebey in Ort und Zeit ſchicken u. ſ. w.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/180>, abgerufen am 22.11.2024.
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