Da ich um die Sache wußte, so gab ich jezt vor: ich müßte verreisen, wegen meiner Gesundheit, nahm einen Paß, und zog ab. Ich reisete nach Metz, um den Juden zu stempeln, dem wir das Gold und Silber verkauft hatten. Aber dieser war ausgewandert, nachdem er vielleicht sehr viel Kir- chensachen an sich gekauft hatte. Also war ich auf dieser Seite gedeckt. Meine Frau schrieb: der Pfarrer sey wieder los, und so wanderte ich ohne alle Furcht zurück nach Hause. Auf dem Rück- wege kehrte ich in eben dem Weinhause ein, wo wir den Wein genommen hatten. Ich erzählte dem Wirthe meinen Unfall, und daß ich den Wein für vergiftet halten müßte. Der Wirth stuzte und fing an: das hat wahrlich dein Begleiter gethan! Er hat mit der Flasche etwas im Verborgenen vorgenommen: ich weiß es noch recht gut, wie er mit der Flasche allein ging.
Mehr konnte er mir zwar nicht sagen, aber dieses schien mir hinlänglich, um einzusehen, daß der Pfarrer mich habe vergiften wollen, theils, um mir sein Versprechen nicht zu halten, theils aber auch, um sich an mir wegen meiner vermein- ten Untreue zu rächen. Aber ich schwieg doch, denn ich befürchtete, der Pfarrer, der bey der Ent- deckung einer Vergiftung dem Schafott nicht ent-
Da ich um die Sache wußte, ſo gab ich jezt vor: ich muͤßte verreiſen, wegen meiner Geſundheit, nahm einen Paß, und zog ab. Ich reiſete nach Metz, um den Juden zu ſtempeln, dem wir das Gold und Silber verkauft hatten. Aber dieſer war ausgewandert, nachdem er vielleicht ſehr viel Kir- chenſachen an ſich gekauft hatte. Alſo war ich auf dieſer Seite gedeckt. Meine Frau ſchrieb: der Pfarrer ſey wieder los, und ſo wanderte ich ohne alle Furcht zuruͤck nach Hauſe. Auf dem Ruͤck- wege kehrte ich in eben dem Weinhauſe ein, wo wir den Wein genommen hatten. Ich erzaͤhlte dem Wirthe meinen Unfall, und daß ich den Wein fuͤr vergiftet halten muͤßte. Der Wirth ſtuzte und fing an: das hat wahrlich dein Begleiter gethan! Er hat mit der Flaſche etwas im Verborgenen vorgenommen: ich weiß es noch recht gut, wie er mit der Flaſche allein ging.
Mehr konnte er mir zwar nicht ſagen, aber dieſes ſchien mir hinlaͤnglich, um einzuſehen, daß der Pfarrer mich habe vergiften wollen, theils, um mir ſein Verſprechen nicht zu halten, theils aber auch, um ſich an mir wegen meiner vermein- ten Untreue zu raͤchen. Aber ich ſchwieg doch, denn ich befuͤrchtete, der Pfarrer, der bey der Ent- deckung einer Vergiftung dem Schafott nicht ent-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0015"n="11"/>
Da ich um die Sache wußte, ſo gab ich jezt vor:<lb/>
ich muͤßte verreiſen, wegen meiner Geſundheit,<lb/>
nahm einen Paß, und zog ab. Ich reiſete nach<lb/><hirendition="#g">Metz</hi>, um den Juden zu ſtempeln, dem wir das<lb/>
Gold und Silber verkauft hatten. Aber dieſer war<lb/>
ausgewandert, nachdem er vielleicht ſehr viel Kir-<lb/>
chenſachen an ſich gekauft hatte. Alſo war ich auf<lb/>
dieſer Seite gedeckt. Meine Frau ſchrieb: der<lb/>
Pfarrer ſey wieder los, und ſo wanderte ich ohne<lb/>
alle Furcht zuruͤck nach Hauſe. Auf dem Ruͤck-<lb/>
wege kehrte ich in eben dem Weinhauſe ein, wo<lb/>
wir den Wein genommen hatten. Ich erzaͤhlte<lb/>
dem Wirthe meinen Unfall, und daß ich den Wein<lb/>
fuͤr vergiftet halten muͤßte. Der Wirth ſtuzte und<lb/>
fing an: das hat wahrlich dein Begleiter gethan!<lb/>
Er hat mit der Flaſche etwas im Verborgenen<lb/>
vorgenommen: ich weiß es noch recht gut, wie er<lb/>
mit der Flaſche allein ging.</p><lb/><p>Mehr konnte er mir zwar nicht ſagen, aber<lb/>
dieſes ſchien mir hinlaͤnglich, um einzuſehen, daß<lb/>
der Pfarrer mich habe vergiften wollen, theils,<lb/>
um mir ſein Verſprechen nicht zu halten, theils<lb/>
aber auch, um ſich an mir wegen meiner vermein-<lb/>
ten Untreue zu raͤchen. Aber ich ſchwieg doch,<lb/>
denn ich befuͤrchtete, der Pfarrer, der bey der Ent-<lb/>
deckung einer Vergiftung dem Schafott nicht ent-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[11/0015]
Da ich um die Sache wußte, ſo gab ich jezt vor:
ich muͤßte verreiſen, wegen meiner Geſundheit,
nahm einen Paß, und zog ab. Ich reiſete nach
Metz, um den Juden zu ſtempeln, dem wir das
Gold und Silber verkauft hatten. Aber dieſer war
ausgewandert, nachdem er vielleicht ſehr viel Kir-
chenſachen an ſich gekauft hatte. Alſo war ich auf
dieſer Seite gedeckt. Meine Frau ſchrieb: der
Pfarrer ſey wieder los, und ſo wanderte ich ohne
alle Furcht zuruͤck nach Hauſe. Auf dem Ruͤck-
wege kehrte ich in eben dem Weinhauſe ein, wo
wir den Wein genommen hatten. Ich erzaͤhlte
dem Wirthe meinen Unfall, und daß ich den Wein
fuͤr vergiftet halten muͤßte. Der Wirth ſtuzte und
fing an: das hat wahrlich dein Begleiter gethan!
Er hat mit der Flaſche etwas im Verborgenen
vorgenommen: ich weiß es noch recht gut, wie er
mit der Flaſche allein ging.
Mehr konnte er mir zwar nicht ſagen, aber
dieſes ſchien mir hinlaͤnglich, um einzuſehen, daß
der Pfarrer mich habe vergiften wollen, theils,
um mir ſein Verſprechen nicht zu halten, theils
aber auch, um ſich an mir wegen meiner vermein-
ten Untreue zu raͤchen. Aber ich ſchwieg doch,
denn ich befuͤrchtete, der Pfarrer, der bey der Ent-
deckung einer Vergiftung dem Schafott nicht ent-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/15>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.