ihn hernach noch gar als Offizier bey einem Depot angestellt, und dadurch die Gerechtigkeit, bis zum allgemeinen Murren, selbst geprangert.
Das andere Beyspiel ist dieses. Ein gewisser Leutnant vermißte seine Uhr, und eine gewisse Kohlbachern gab ein unschuldiges Dienstmäd- chen, als die Diebin an. Dieses Mädchen wurde entsetzlich zerprügelt, und endlich gar aufs Zucht- haus gebracht. Nach einiger Zeit fand der Leut- nant seine Uhr in der Tasche von alten Hosen, worein er sie selbst gesteckt hatte. Das Mädchen bekam keinen Ersatz. -- Und das geschah im Preußischen.
Aber ich muß wieder einlenken! Das Schre- ckenssystem hat freilich damals, als es in seiner vollen Kraft herrschte, bewirkt, daß Mancher den Republikaner und Patrioten heuchelte, und daß man durch dessen Anwendung den ehrlichen, recht- schaffnen Bürger von dem Aristokraten nicht recht unterscheiden konnte: allein nachdem es durch den Tod des Robespierre, und den Einsturz des Jakobinismus mit eingefallen war, da sah man recht deutlich ein, daß diejenigen, welche während des Terrorismus der Republik treu geblieben wa- ren, es auch nachher noch blieben, und daß sich diejenigen wider Erwarten sehr betrogen hatten, welche den Sturz des Freystaats und den Sturz
ihn hernach noch gar als Offizier bey einem Depot angeſtellt, und dadurch die Gerechtigkeit, bis zum allgemeinen Murren, ſelbſt geprangert.
Das andere Beyſpiel iſt dieſes. Ein gewiſſer Leutnant vermißte ſeine Uhr, und eine gewiſſe Kohlbachern gab ein unſchuldiges Dienſtmaͤd- chen, als die Diebin an. Dieſes Maͤdchen wurde entſetzlich zerpruͤgelt, und endlich gar aufs Zucht- haus gebracht. Nach einiger Zeit fand der Leut- nant ſeine Uhr in der Taſche von alten Hoſen, worein er ſie ſelbſt geſteckt hatte. Das Maͤdchen bekam keinen Erſatz. — Und das geſchah im Preußiſchen.
Aber ich muß wieder einlenken! Das Schre- ckensſyſtem hat freilich damals, als es in ſeiner vollen Kraft herrſchte, bewirkt, daß Mancher den Republikaner und Patrioten heuchelte, und daß man durch deſſen Anwendung den ehrlichen, recht- ſchaffnen Buͤrger von dem Ariſtokraten nicht recht unterſcheiden konnte: allein nachdem es durch den Tod des Robespierre, und den Einſturz des Jakobinismus mit eingefallen war, da ſah man recht deutlich ein, daß diejenigen, welche waͤhrend des Terrorismus der Republik treu geblieben wa- ren, es auch nachher noch blieben, und daß ſich diejenigen wider Erwarten ſehr betrogen hatten, welche den Sturz des Freyſtaats und den Sturz
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0115"n="111"/>
ihn hernach noch gar als Offizier bey einem Depot<lb/>
angeſtellt, und dadurch die Gerechtigkeit, bis zum<lb/>
allgemeinen Murren, ſelbſt geprangert.</p><lb/><p>Das andere Beyſpiel iſt dieſes. Ein gewiſſer<lb/>
Leutnant vermißte ſeine Uhr, und eine gewiſſe<lb/><hirendition="#g">Kohlbachern</hi> gab ein unſchuldiges Dienſtmaͤd-<lb/>
chen, als die Diebin an. Dieſes Maͤdchen wurde<lb/>
entſetzlich zerpruͤgelt, und endlich gar aufs Zucht-<lb/>
haus gebracht. Nach einiger Zeit fand der Leut-<lb/>
nant ſeine Uhr in der Taſche von alten Hoſen,<lb/>
worein er ſie ſelbſt geſteckt hatte. Das Maͤdchen<lb/>
bekam keinen Erſatz. — Und das geſchah im<lb/>
Preußiſchen.</p><lb/><p>Aber ich muß wieder einlenken! Das Schre-<lb/>
ckensſyſtem hat freilich damals, als es in ſeiner<lb/>
vollen Kraft herrſchte, bewirkt, daß Mancher den<lb/>
Republikaner und Patrioten heuchelte, und daß<lb/>
man durch deſſen Anwendung den ehrlichen, recht-<lb/>ſchaffnen Buͤrger von dem Ariſtokraten nicht recht<lb/>
unterſcheiden konnte: allein nachdem es durch den<lb/>
Tod des <hirendition="#g">Robespierre</hi>, und den Einſturz des<lb/>
Jakobinismus mit eingefallen war, da ſah man<lb/>
recht deutlich ein, daß diejenigen, welche waͤhrend<lb/>
des Terrorismus der Republik treu geblieben wa-<lb/>
ren, es auch nachher noch blieben, und daß ſich<lb/>
diejenigen wider Erwarten ſehr betrogen hatten,<lb/>
welche den Sturz des Freyſtaats und den Sturz<lb/></p></div></body></text></TEI>
[111/0115]
ihn hernach noch gar als Offizier bey einem Depot
angeſtellt, und dadurch die Gerechtigkeit, bis zum
allgemeinen Murren, ſelbſt geprangert.
Das andere Beyſpiel iſt dieſes. Ein gewiſſer
Leutnant vermißte ſeine Uhr, und eine gewiſſe
Kohlbachern gab ein unſchuldiges Dienſtmaͤd-
chen, als die Diebin an. Dieſes Maͤdchen wurde
entſetzlich zerpruͤgelt, und endlich gar aufs Zucht-
haus gebracht. Nach einiger Zeit fand der Leut-
nant ſeine Uhr in der Taſche von alten Hoſen,
worein er ſie ſelbſt geſteckt hatte. Das Maͤdchen
bekam keinen Erſatz. — Und das geſchah im
Preußiſchen.
Aber ich muß wieder einlenken! Das Schre-
ckensſyſtem hat freilich damals, als es in ſeiner
vollen Kraft herrſchte, bewirkt, daß Mancher den
Republikaner und Patrioten heuchelte, und daß
man durch deſſen Anwendung den ehrlichen, recht-
ſchaffnen Buͤrger von dem Ariſtokraten nicht recht
unterſcheiden konnte: allein nachdem es durch den
Tod des Robespierre, und den Einſturz des
Jakobinismus mit eingefallen war, da ſah man
recht deutlich ein, daß diejenigen, welche waͤhrend
des Terrorismus der Republik treu geblieben wa-
ren, es auch nachher noch blieben, und daß ſich
diejenigen wider Erwarten ſehr betrogen hatten,
welche den Sturz des Freyſtaats und den Sturz
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/115>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.