Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Behältnisse, worin man Menschen verwahren
könnte. Gemeiniglich waren diese Löcher die
scheuslichsten Hölen und Cachot's, die man in den
sonstigen Gefängnissen der alten Regierung finden
konnte, und waren mit Gefangnen ganz voll ge-
pfropft. Es entstanden daher die abscheulichsten
Krankheiten darin, und immer fand man Leichen.
Ich glaube, nicht zu viel zu sagen, wenn ich be-
haupte, daß 200,000 Menschen in den Gefäng-
nissen aus Mangel an frischer Luft und Wartung
gestorben sind. Von dem Ungeziefer und der elen-
den Nahrung will ich nichts erwähnen. Erst im
Frühling 1794 fing man an, für beßre Verpfle-
gung, und gesundere Nahrung der Gefangenen
zu sorgen. Für Dijon hat der Repräsentant
Bernard in diesem Stück sich viel Verdienst ge-
sammelt.

Es ist hier der Ort nicht, Untersuchungen an-
zustellen, ob das Schreckenssystem damals noth-
wendig gewesen sey? Wenn man aber alles das,
was ich bisher über die französische Revolution und
besonders über die Verrätherey und die Gegenan-
stalten der aristokratischen Parthey in und außer
Frankreich gesagt habe, ohne Nebenurtheile und
kaltblütig überlegt: so glaube ich, daß man von
selbst auf den Schluß kommen müsse, daß ohne
die Anwendung sehr violenter Mittel, damals im

Behaͤltniſſe, worin man Menſchen verwahren
koͤnnte. Gemeiniglich waren dieſe Loͤcher die
ſcheuslichſten Hoͤlen und Cachot's, die man in den
ſonſtigen Gefaͤngniſſen der alten Regierung finden
konnte, und waren mit Gefangnen ganz voll ge-
pfropft. Es entſtanden daher die abſcheulichſten
Krankheiten darin, und immer fand man Leichen.
Ich glaube, nicht zu viel zu ſagen, wenn ich be-
haupte, daß 200,000 Menſchen in den Gefaͤng-
niſſen aus Mangel an friſcher Luft und Wartung
geſtorben ſind. Von dem Ungeziefer und der elen-
den Nahrung will ich nichts erwaͤhnen. Erſt im
Fruͤhling 1794 fing man an, fuͤr beßre Verpfle-
gung, und geſundere Nahrung der Gefangenen
zu ſorgen. Fuͤr Dijon hat der Repraͤſentant
Bernard in dieſem Stuͤck ſich viel Verdienſt ge-
ſammelt.

Es iſt hier der Ort nicht, Unterſuchungen an-
zuſtellen, ob das Schreckensſyſtem damals noth-
wendig geweſen ſey? Wenn man aber alles das,
was ich bisher uͤber die franzoͤſiſche Revolution und
beſonders uͤber die Verraͤtherey und die Gegenan-
ſtalten der ariſtokratiſchen Parthey in und außer
Frankreich geſagt habe, ohne Nebenurtheile und
kaltbluͤtig uͤberlegt: ſo glaube ich, daß man von
ſelbſt auf den Schluß kommen muͤſſe, daß ohne
die Anwendung ſehr violenter Mittel, damals im

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0108" n="104"/>
Beha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e, worin man Men&#x017F;chen verwahren<lb/>
ko&#x0364;nnte. Gemeiniglich waren die&#x017F;e Lo&#x0364;cher die<lb/>
&#x017F;cheuslich&#x017F;ten Ho&#x0364;len und Cachot's, die man in den<lb/>
&#x017F;on&#x017F;tigen Gefa&#x0364;ngni&#x017F;&#x017F;en der alten Regierung finden<lb/>
konnte, und waren mit Gefangnen ganz voll ge-<lb/>
pfropft. Es ent&#x017F;tanden daher die ab&#x017F;cheulich&#x017F;ten<lb/>
Krankheiten darin, und immer fand man Leichen.<lb/>
Ich glaube, nicht zu viel zu &#x017F;agen, wenn ich be-<lb/>
haupte, daß 200,000 Men&#x017F;chen in den Gefa&#x0364;ng-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;en aus Mangel an fri&#x017F;cher Luft und Wartung<lb/>
ge&#x017F;torben &#x017F;ind. Von dem Ungeziefer und der elen-<lb/>
den Nahrung will ich nichts erwa&#x0364;hnen. Er&#x017F;t im<lb/>
Fru&#x0364;hling 1794 fing man an, fu&#x0364;r beßre Verpfle-<lb/>
gung, und ge&#x017F;undere Nahrung der Gefangenen<lb/>
zu &#x017F;orgen. Fu&#x0364;r <hi rendition="#g">Dijon</hi> hat der Repra&#x0364;&#x017F;entant<lb/><hi rendition="#g">Bernard</hi> in die&#x017F;em Stu&#x0364;ck &#x017F;ich viel Verdien&#x017F;t ge-<lb/>
&#x017F;ammelt.</p><lb/>
        <p>Es i&#x017F;t hier der Ort nicht, Unter&#x017F;uchungen an-<lb/>
zu&#x017F;tellen, ob das Schreckens&#x017F;y&#x017F;tem <hi rendition="#g">damals</hi> noth-<lb/>
wendig gewe&#x017F;en &#x017F;ey? Wenn man aber alles das,<lb/>
was ich bisher u&#x0364;ber die franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Revolution und<lb/>
be&#x017F;onders u&#x0364;ber die Verra&#x0364;therey und die Gegenan-<lb/>
&#x017F;talten der ari&#x017F;tokrati&#x017F;chen Parthey in und außer<lb/>
Frankreich ge&#x017F;agt habe, ohne Nebenurtheile und<lb/>
kaltblu&#x0364;tig u&#x0364;berlegt: &#x017F;o glaube ich, daß man von<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t auf den Schluß kommen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, daß ohne<lb/>
die Anwendung &#x017F;ehr violenter Mittel, damals im<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0108] Behaͤltniſſe, worin man Menſchen verwahren koͤnnte. Gemeiniglich waren dieſe Loͤcher die ſcheuslichſten Hoͤlen und Cachot's, die man in den ſonſtigen Gefaͤngniſſen der alten Regierung finden konnte, und waren mit Gefangnen ganz voll ge- pfropft. Es entſtanden daher die abſcheulichſten Krankheiten darin, und immer fand man Leichen. Ich glaube, nicht zu viel zu ſagen, wenn ich be- haupte, daß 200,000 Menſchen in den Gefaͤng- niſſen aus Mangel an friſcher Luft und Wartung geſtorben ſind. Von dem Ungeziefer und der elen- den Nahrung will ich nichts erwaͤhnen. Erſt im Fruͤhling 1794 fing man an, fuͤr beßre Verpfle- gung, und geſundere Nahrung der Gefangenen zu ſorgen. Fuͤr Dijon hat der Repraͤſentant Bernard in dieſem Stuͤck ſich viel Verdienſt ge- ſammelt. Es iſt hier der Ort nicht, Unterſuchungen an- zuſtellen, ob das Schreckensſyſtem damals noth- wendig geweſen ſey? Wenn man aber alles das, was ich bisher uͤber die franzoͤſiſche Revolution und beſonders uͤber die Verraͤtherey und die Gegenan- ſtalten der ariſtokratiſchen Parthey in und außer Frankreich geſagt habe, ohne Nebenurtheile und kaltbluͤtig uͤberlegt: ſo glaube ich, daß man von ſelbſt auf den Schluß kommen muͤſſe, daß ohne die Anwendung ſehr violenter Mittel, damals im

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/108
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/108>, abgerufen am 22.11.2024.