Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

ber aufgesezt. Wenn alles vorgebracht ist, was
zur Sache gehört, nimmt der Präsident den Auf-
satz des Schreibers, und ließt ihn den Partheyen
sowohl, als den Beysitzern vor. Erstere werden
befragt, ob noch etwas zu erinnern sey. Wenn
sie es verneinen, so wird den Richtern vom Präsi-
denten ein Vortrag gemacht, worin er ihnen die
ganze Lage der Rechtssache erklärt. Nun wird,
um Bestechungen vorzubeugen, geloset, und drey
von den zwölf Beysitzern werden Richter in der
Sache. Diese nehmen die hieher gehörigen Gesetze
vor, bestimmen ihren Sinn, und sprechen das Ur-
theil auf der Stelle, welches sofort vom Schreiber
aufgezeichnet, und den Partheyen eingehändigt
wird; und damit ist die Streitsache hier ent-
schieden.

Sollten die Partheyen glauben, daß man ihnen
Unrecht thue, so können sie aufs Departements-
Gericht, und von da an den Konvent (Chambre
de cassation
) gehen: das alles steht ihnen frey, und
kostet nichts, als die Zeit, die sie versäumen. Aber
sehr selten geht ein Proceß durch mehr als eine In-
stanz, und äußer[st] [wen]ige kommen nach Paris;
denn man ist in den höh[ern] Instanzen eben nicht
gewohnt, den niederen zu widersprechen und andre
Sprüche zu fällen, als schon den G[e]se[tz]en gemäß
gefällt waren.


ber aufgeſezt. Wenn alles vorgebracht iſt, was
zur Sache gehoͤrt, nimmt der Praͤſident den Auf-
ſatz des Schreibers, und ließt ihn den Partheyen
ſowohl, als den Beyſitzern vor. Erſtere werden
befragt, ob noch etwas zu erinnern ſey. Wenn
ſie es verneinen, ſo wird den Richtern vom Praͤſi-
denten ein Vortrag gemacht, worin er ihnen die
ganze Lage der Rechtsſache erklaͤrt. Nun wird,
um Beſtechungen vorzubeugen, geloſet, und drey
von den zwoͤlf Beyſitzern werden Richter in der
Sache. Dieſe nehmen die hieher gehoͤrigen Geſetze
vor, beſtimmen ihren Sinn, und ſprechen das Ur-
theil auf der Stelle, welches ſofort vom Schreiber
aufgezeichnet, und den Partheyen eingehaͤndigt
wird; und damit iſt die Streitſache hier ent-
ſchieden.

Sollten die Partheyen glauben, daß man ihnen
Unrecht thue, ſo koͤnnen ſie aufs Departements-
Gericht, und von da an den Konvent (Chambre
de caſſation
) gehen: das alles ſteht ihnen frey, und
koſtet nichts, als die Zeit, die ſie verſaͤumen. Aber
ſehr ſelten geht ein Proceß durch mehr als eine In-
ſtanz, und aͤußer[ſt] [wen]ige kommen nach Paris;
denn man iſt in den hoͤh[ern] Inſtanzen eben nicht
gewohnt, den niederen zu widerſprechen und andre
Spruͤche zu faͤllen, als ſchon den G[e]ſe[tz]en gemaͤß
gefaͤllt waren.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0488" n="484"/>
ber aufge&#x017F;ezt. Wenn alles vorgebracht i&#x017F;t, was<lb/>
zur Sache geho&#x0364;rt, nimmt der Pra&#x0364;&#x017F;ident den Auf-<lb/>
&#x017F;atz des Schreibers, und ließt ihn den Partheyen<lb/>
&#x017F;owohl, als den Bey&#x017F;itzern vor. Er&#x017F;tere werden<lb/>
befragt, ob noch etwas zu erinnern &#x017F;ey. Wenn<lb/>
&#x017F;ie es verneinen, &#x017F;o wird den Richtern vom Pra&#x0364;&#x017F;i-<lb/>
denten ein Vortrag gemacht, worin er ihnen die<lb/>
ganze Lage der Rechts&#x017F;ache erkla&#x0364;rt. Nun wird,<lb/>
um Be&#x017F;techungen vorzubeugen, gelo&#x017F;et, und drey<lb/>
von den zwo&#x0364;lf Bey&#x017F;itzern werden Richter in der<lb/>
Sache. Die&#x017F;e nehmen die hieher geho&#x0364;rigen Ge&#x017F;etze<lb/>
vor, be&#x017F;timmen ihren Sinn, und &#x017F;prechen das Ur-<lb/>
theil auf der Stelle, welches &#x017F;ofort vom Schreiber<lb/>
aufgezeichnet, und den Partheyen eingeha&#x0364;ndigt<lb/>
wird; und damit i&#x017F;t die Streit&#x017F;ache hier ent-<lb/>
&#x017F;chieden.</p><lb/>
        <p>Sollten die Partheyen glauben, daß man ihnen<lb/>
Unrecht thue, &#x017F;o ko&#x0364;nnen &#x017F;ie aufs Departements-<lb/>
Gericht, und von da an den Konvent (<hi rendition="#aq">Chambre<lb/>
de ca&#x017F;&#x017F;ation</hi>) gehen: das alles &#x017F;teht ihnen frey, und<lb/>
ko&#x017F;tet nichts, als die Zeit, die &#x017F;ie ver&#x017F;a&#x0364;umen. Aber<lb/>
&#x017F;ehr &#x017F;elten geht ein Proceß durch mehr als eine In-<lb/>
&#x017F;tanz, und a&#x0364;ußer<supplied>&#x017F;t</supplied> <supplied>wen</supplied>ige kommen nach Paris;<lb/>
denn man i&#x017F;t in den ho&#x0364;h<supplied>ern</supplied> In&#x017F;tanzen eben nicht<lb/>
gewohnt, den niederen zu wider&#x017F;prechen und andre<lb/>
Spru&#x0364;che zu fa&#x0364;llen, als &#x017F;chon den G<supplied>e</supplied>&#x017F;e<supplied>tz</supplied>en gema&#x0364;ß<lb/>
gefa&#x0364;llt waren.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[484/0488] ber aufgeſezt. Wenn alles vorgebracht iſt, was zur Sache gehoͤrt, nimmt der Praͤſident den Auf- ſatz des Schreibers, und ließt ihn den Partheyen ſowohl, als den Beyſitzern vor. Erſtere werden befragt, ob noch etwas zu erinnern ſey. Wenn ſie es verneinen, ſo wird den Richtern vom Praͤſi- denten ein Vortrag gemacht, worin er ihnen die ganze Lage der Rechtsſache erklaͤrt. Nun wird, um Beſtechungen vorzubeugen, geloſet, und drey von den zwoͤlf Beyſitzern werden Richter in der Sache. Dieſe nehmen die hieher gehoͤrigen Geſetze vor, beſtimmen ihren Sinn, und ſprechen das Ur- theil auf der Stelle, welches ſofort vom Schreiber aufgezeichnet, und den Partheyen eingehaͤndigt wird; und damit iſt die Streitſache hier ent- ſchieden. Sollten die Partheyen glauben, daß man ihnen Unrecht thue, ſo koͤnnen ſie aufs Departements- Gericht, und von da an den Konvent (Chambre de caſſation) gehen: das alles ſteht ihnen frey, und koſtet nichts, als die Zeit, die ſie verſaͤumen. Aber ſehr ſelten geht ein Proceß durch mehr als eine In- ſtanz, und aͤußerſt wenige kommen nach Paris; denn man iſt in den hoͤhern Inſtanzen eben nicht gewohnt, den niederen zu widerſprechen und andre Spruͤche zu faͤllen, als ſchon den Geſetzen gemaͤß gefaͤllt waren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/488
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/488>, abgerufen am 25.11.2024.