Nirgends sahe man dieses Gesindel gern hin- kommen: denn wohin sie kamen, schlugen und rauften sie sich, und zogen aus den Wirthshäusern gemeiniglich ab, ohne zu bezahlen. Bey einer Brantweinbrennerey drangen sie einmal in den La- den, nahmen einige Flaschen mit Gewalt, und liefen damit nach der Caserne.
Als endlich die Ausschweifungen der Deserteurs täglich zunahmen: so wurde beschlossen, dieselben zu vertheilen, und auf die umliegenden kleinern Städte zu schicken. Ein Trupp mußte nach Belle Defense, oder St. lean de Lone, wie es sonst hieß; andre wurden nach Anronne, Beaune und sonst wo- hin geschickt; auch konnte jeder, der nur wollte, aufs Dorf gehen, und bey den Bauren arbeiten helfen, wo auch jeder Arbeit fand.
Der Kommendant Belin wurde von der Mu- nicipalität angegangen, daß er keine bessere Ord- nung bey den Deserteurs hielte. Aber der gute Mann konnte wirklich diese Höllenbrut nicht bän- digen. Die Caserne der Deserteurs war einer Räu- berhöle so ähnlich, wie ein Ey dem andern. Nach dem Befehl des Convents sollten von den Deser- teurs die besten zu Aufsehern über die andern bestellt werden: aber da war es sehr schwer, gute Leute her- auszufinden, oder man dankte für die Ehre, un- ter einem solchen Haufen etwas zu sagen zu haben.
Nirgends ſahe man dieſes Geſindel gern hin- kommen: denn wohin ſie kamen, ſchlugen und rauften ſie ſich, und zogen aus den Wirthshaͤuſern gemeiniglich ab, ohne zu bezahlen. Bey einer Brantweinbrennerey drangen ſie einmal in den La- den, nahmen einige Flaſchen mit Gewalt, und liefen damit nach der Caſerne.
Als endlich die Ausſchweifungen der Deſerteurs taͤglich zunahmen: ſo wurde beſchloſſen, dieſelben zu vertheilen, und auf die umliegenden kleinern Staͤdte zu ſchicken. Ein Trupp mußte nach Belle Dêfenſe, oder St. lean de Lone, wie es ſonſt hieß; andre wurden nach Anronne, Beaune und ſonſt wo- hin geſchickt; auch konnte jeder, der nur wollte, aufs Dorf gehen, und bey den Bauren arbeiten helfen, wo auch jeder Arbeit fand.
Der Kommendant Belin wurde von der Mu- nicipalitaͤt angegangen, daß er keine beſſere Ord- nung bey den Deſerteurs hielte. Aber der gute Mann konnte wirklich dieſe Hoͤllenbrut nicht baͤn- digen. Die Caſerne der Deſerteurs war einer Raͤu- berhoͤle ſo aͤhnlich, wie ein Ey dem andern. Nach dem Befehl des Convents ſollten von den Deſer- teurs die beſten zu Aufſehern uͤber die andern beſtellt werden: aber da war es ſehr ſchwer, gute Leute her- auszufinden, oder man dankte fuͤr die Ehre, un- ter einem ſolchen Haufen etwas zu ſagen zu haben.
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Nirgends ſahe man dieſes Geſindel gern hin-
kommen: denn wohin ſie kamen, ſchlugen und
rauften ſie ſich, und zogen aus den Wirthshaͤuſern
gemeiniglich ab, ohne zu bezahlen. Bey einer
Brantweinbrennerey drangen ſie einmal in den La-
den, nahmen einige Flaſchen mit Gewalt, und
liefen damit nach der Caſerne.
Als endlich die Ausſchweifungen der Deſerteurs
taͤglich zunahmen: ſo wurde beſchloſſen, dieſelben
zu vertheilen, und auf die umliegenden kleinern
Staͤdte zu ſchicken. Ein Trupp mußte nach Belle
Dêfenſe, oder St. lean de Lone, wie es ſonſt hieß;
andre wurden nach Anronne, Beaune und ſonſt wo-
hin geſchickt; auch konnte jeder, der nur wollte,
aufs Dorf gehen, und bey den Bauren arbeiten
helfen, wo auch jeder Arbeit fand.
Der Kommendant Belin wurde von der Mu-
nicipalitaͤt angegangen, daß er keine beſſere Ord-
nung bey den Deſerteurs hielte. Aber der gute
Mann konnte wirklich dieſe Hoͤllenbrut nicht baͤn-
digen. Die Caſerne der Deſerteurs war einer Raͤu-
berhoͤle ſo aͤhnlich, wie ein Ey dem andern. Nach
dem Befehl des Convents ſollten von den Deſer-
teurs die beſten zu Aufſehern uͤber die andern beſtellt
werden: aber da war es ſehr ſchwer, gute Leute her-
auszufinden, oder man dankte fuͤr die Ehre, un-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/478>, abgerufen am 25.11.2024.
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