eine Erzählung dieser Art kann doch dienen, daß man einsehen lerne, man müsse eben nicht jedem glau- ben, der aus Frankreich kommt, und die französi- sche Nation tadelt. Die Leute sind wegen ihrer Uebelthaten in Frankreich bestraft worden, und nun wollen sie sich durch Schmähungen und Lästerun- gen rächen. Wer sich aber daselbst gesetzmäßig be- tragen, und nur keine groben Excesse begangen hat, wird keine Ursache haben, mit der Behandlung der Franzosen unzufrieden zu seyn. Ich will da- her eins und das andere, was mir so eben einfällt, von dem schlechten Betragen der Deserteurs aufüh- ren.
Ein gewisser Bollmann, von den Kaiserlichen, aus Kölln am Rhein gebürtig, hatte in Dijon eine hübsche Frau genommen, welche aber in sehr zwey- deutigem Rufe als Mädchen gestanden war. Er logirte sich in die Stadt zu einer Wittfrau, und fing da an Wein zu schenken. Bey eben dieser Witt- frau logirte auch ein alter Mann, ehemals Parla- ments-Assessor in Dijon, Namens Fouquet. Boll- manns Frau wartete dem alten Manne auf, und gewann sein ganzes Zutrauen. Noch zu der Zeit, als ich auf dem Hospital war, mußte Fonquet nach Pontarlier verreisen, und übergab der Bollmannen seinen Stubenschlüssel. Diese und ihr Mann öff- neten nun Fouquets Koffer, nahmen alles, was
eine Erzaͤhlung dieſer Art kann doch dienen, daß man einſehen lerne, man muͤſſe eben nicht jedem glau- ben, der aus Frankreich kommt, und die franzoͤſi- ſche Nation tadelt. Die Leute ſind wegen ihrer Uebelthaten in Frankreich beſtraft worden, und nun wollen ſie ſich durch Schmaͤhungen und Laͤſterun- gen raͤchen. Wer ſich aber daſelbſt geſetzmaͤßig be- tragen, und nur keine groben Exceſſe begangen hat, wird keine Urſache haben, mit der Behandlung der Franzoſen unzufrieden zu ſeyn. Ich will da- her eins und das andere, was mir ſo eben einfaͤllt, von dem ſchlechten Betragen der Deſerteurs aufuͤh- ren.
Ein gewiſſer Bollmann, von den Kaiſerlichen, aus Koͤlln am Rhein gebuͤrtig, hatte in Dijon eine huͤbſche Frau genommen, welche aber in ſehr zwey- deutigem Rufe als Maͤdchen geſtanden war. Er logirte ſich in die Stadt zu einer Wittfrau, und fing da an Wein zu ſchenken. Bey eben dieſer Witt- frau logirte auch ein alter Mann, ehemals Parla- ments-Aſſeſſor in Dijon, Namens Fouquet. Boll- manns Frau wartete dem alten Manne auf, und gewann ſein ganzes Zutrauen. Noch zu der Zeit, als ich auf dem Hoſpital war, mußte Fonquet nach Pontarlier verreiſen, und uͤbergab der Bollmannen ſeinen Stubenſchluͤſſel. Dieſe und ihr Mann oͤff- neten nun Fouquets Koffer, nahmen alles, was
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eine Erzaͤhlung dieſer Art kann doch dienen, daß man
einſehen lerne, man muͤſſe eben nicht jedem glau-
ben, der aus Frankreich kommt, und die franzoͤſi-
ſche Nation tadelt. Die Leute ſind wegen ihrer
Uebelthaten in Frankreich beſtraft worden, und nun
wollen ſie ſich durch Schmaͤhungen und Laͤſterun-
gen raͤchen. Wer ſich aber daſelbſt geſetzmaͤßig be-
tragen, und nur keine groben Exceſſe begangen hat,
wird keine Urſache haben, mit der Behandlung
der Franzoſen unzufrieden zu ſeyn. Ich will da-
her eins und das andere, was mir ſo eben einfaͤllt,
von dem ſchlechten Betragen der Deſerteurs aufuͤh-
ren.
Ein gewiſſer Bollmann, von den Kaiſerlichen,
aus Koͤlln am Rhein gebuͤrtig, hatte in Dijon eine
huͤbſche Frau genommen, welche aber in ſehr zwey-
deutigem Rufe als Maͤdchen geſtanden war. Er
logirte ſich in die Stadt zu einer Wittfrau, und
fing da an Wein zu ſchenken. Bey eben dieſer Witt-
frau logirte auch ein alter Mann, ehemals Parla-
ments-Aſſeſſor in Dijon, Namens Fouquet. Boll-
manns Frau wartete dem alten Manne auf, und
gewann ſein ganzes Zutrauen. Noch zu der Zeit,
als ich auf dem Hoſpital war, mußte Fonquet nach
Pontarlier verreiſen, und uͤbergab der Bollmannen
ſeinen Stubenſchluͤſſel. Dieſe und ihr Mann oͤff-
neten nun Fouquets Koffer, nahmen alles, was
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/476>, abgerufen am 22.11.2024.
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