Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

dann nicht mehr thun und würde unabhängiger und
freyer.

Ich dachte über diesen Vorschlag nach, wollte
aber noch nichts entscheiden, und blieb immer Spi-
talwärter. Endlich ward der brave Major Frai-
pon krank, und Bonard hatte nun über alles die
Aufsicht. Dieser Mann war wirklich nicht schlimm,
aber ich hatte ihn in der Küche dadurch beleidiget,
daß ich gesagt hatte: "da Fraipon krank sey, so
würde es forthin wohl schief mit dem Spital ausse-
hen." Das zog Bonard auf sich, als wenn ich
glaubte, er könne dem Institute nicht allein vor-
stehn. Doch neckte er mich nicht, oder er konnte
mich nicht necken: denn wer bey uns that, was
seine Pflicht war, dem hatte keiner was zu sagen.

Eines Tages hatte ich einen großen Wasserkrug
beym Wasserholen zerbrochen, und dafür einen an-
dern aus dem Magazin geholt. Bonard behaup-
tete, ich müsse mir den Krug an meiner Besoldung
abziehen lassen, aber der Direktor sagte, was aus
Unvorsichtigkeit zerbrochen würde, müsse hingehen.
Das Ding kützelte mich, ich muß es nur gestehen,
und ich sagte zu einem andern Wärter: "siehst du,
Bonard hat mich wollen den Krug zahlen machen,
aber er hat eine Nase gekriegt. -- Bonard hörte
auch dieses, sagte es dem Direktor, und dieser gab

dann nicht mehr thun und wuͤrde unabhaͤngiger und
freyer.

Ich dachte uͤber dieſen Vorſchlag nach, wollte
aber noch nichts entſcheiden, und blieb immer Spi-
talwaͤrter. Endlich ward der brave Major Frai-
pon krank, und Bonard hatte nun uͤber alles die
Aufſicht. Dieſer Mann war wirklich nicht ſchlimm,
aber ich hatte ihn in der Kuͤche dadurch beleidiget,
daß ich geſagt hatte: „da Fraipon krank ſey, ſo
wuͤrde es forthin wohl ſchief mit dem Spital ausſe-
hen.“ Das zog Bonard auf ſich, als wenn ich
glaubte, er koͤnne dem Inſtitute nicht allein vor-
ſtehn. Doch neckte er mich nicht, oder er konnte
mich nicht necken: denn wer bey uns that, was
ſeine Pflicht war, dem hatte keiner was zu ſagen.

Eines Tages hatte ich einen großen Waſſerkrug
beym Waſſerholen zerbrochen, und dafuͤr einen an-
dern aus dem Magazin geholt. Bonard behaup-
tete, ich muͤſſe mir den Krug an meiner Beſoldung
abziehen laſſen, aber der Direktor ſagte, was aus
Unvorſichtigkeit zerbrochen wuͤrde, muͤſſe hingehen.
Das Ding kuͤtzelte mich, ich muß es nur geſtehen,
und ich ſagte zu einem andern Waͤrter: „ſiehſt du,
Bonard hat mich wollen den Krug zahlen machen,
aber er hat eine Naſe gekriegt. — Bonard hoͤrte
auch dieſes, ſagte es dem Direktor, und dieſer gab

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0472" n="468"/>
dann nicht mehr thun und wu&#x0364;rde unabha&#x0364;ngiger und<lb/>
freyer.</p><lb/>
        <p>Ich dachte u&#x0364;ber die&#x017F;en Vor&#x017F;chlag nach, wollte<lb/>
aber noch nichts ent&#x017F;cheiden, und blieb immer Spi-<lb/>
talwa&#x0364;rter. Endlich ward der brave Major <hi rendition="#g">Frai</hi>-<lb/><hi rendition="#g">pon</hi> krank, und Bonard hatte nun u&#x0364;ber alles die<lb/>
Auf&#x017F;icht. Die&#x017F;er Mann war wirklich nicht &#x017F;chlimm,<lb/>
aber ich hatte ihn in der Ku&#x0364;che dadurch beleidiget,<lb/>
daß ich ge&#x017F;agt hatte: &#x201E;da <hi rendition="#g">Fraipon</hi> krank &#x017F;ey, &#x017F;o<lb/>
wu&#x0364;rde es forthin wohl &#x017F;chief mit dem Spital aus&#x017F;e-<lb/>
hen.&#x201C; Das zog Bonard auf &#x017F;ich, als wenn ich<lb/>
glaubte, er ko&#x0364;nne dem In&#x017F;titute nicht allein vor-<lb/>
&#x017F;tehn. Doch neckte er mich nicht, oder er konnte<lb/>
mich nicht necken: denn wer bey uns that, was<lb/>
&#x017F;eine Pflicht war, dem hatte keiner was zu &#x017F;agen.</p><lb/>
        <p>Eines Tages hatte ich einen großen Wa&#x017F;&#x017F;erkrug<lb/>
beym Wa&#x017F;&#x017F;erholen zerbrochen, und dafu&#x0364;r einen an-<lb/>
dern aus dem Magazin geholt. Bonard behaup-<lb/>
tete, ich mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e mir den Krug an meiner Be&#x017F;oldung<lb/>
abziehen la&#x017F;&#x017F;en, aber der Direktor &#x017F;agte, was aus<lb/>
Unvor&#x017F;ichtigkeit zerbrochen wu&#x0364;rde, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e hingehen.<lb/>
Das Ding ku&#x0364;tzelte mich, ich muß es nur ge&#x017F;tehen,<lb/>
und ich &#x017F;agte zu einem andern Wa&#x0364;rter: &#x201E;&#x017F;ieh&#x017F;t du,<lb/>
Bonard hat mich wollen den Krug zahlen machen,<lb/>
aber er hat eine Na&#x017F;e gekriegt. &#x2014; Bonard ho&#x0364;rte<lb/>
auch die&#x017F;es, &#x017F;agte es dem Direktor, und die&#x017F;er gab<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[468/0472] dann nicht mehr thun und wuͤrde unabhaͤngiger und freyer. Ich dachte uͤber dieſen Vorſchlag nach, wollte aber noch nichts entſcheiden, und blieb immer Spi- talwaͤrter. Endlich ward der brave Major Frai- pon krank, und Bonard hatte nun uͤber alles die Aufſicht. Dieſer Mann war wirklich nicht ſchlimm, aber ich hatte ihn in der Kuͤche dadurch beleidiget, daß ich geſagt hatte: „da Fraipon krank ſey, ſo wuͤrde es forthin wohl ſchief mit dem Spital ausſe- hen.“ Das zog Bonard auf ſich, als wenn ich glaubte, er koͤnne dem Inſtitute nicht allein vor- ſtehn. Doch neckte er mich nicht, oder er konnte mich nicht necken: denn wer bey uns that, was ſeine Pflicht war, dem hatte keiner was zu ſagen. Eines Tages hatte ich einen großen Waſſerkrug beym Waſſerholen zerbrochen, und dafuͤr einen an- dern aus dem Magazin geholt. Bonard behaup- tete, ich muͤſſe mir den Krug an meiner Beſoldung abziehen laſſen, aber der Direktor ſagte, was aus Unvorſichtigkeit zerbrochen wuͤrde, muͤſſe hingehen. Das Ding kuͤtzelte mich, ich muß es nur geſtehen, und ich ſagte zu einem andern Waͤrter: „ſiehſt du, Bonard hat mich wollen den Krug zahlen machen, aber er hat eine Naſe gekriegt. — Bonard hoͤrte auch dieſes, ſagte es dem Direktor, und dieſer gab

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/472
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/472>, abgerufen am 22.11.2024.