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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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gung geschieht allemal gegen Abend in der Däm-
merung. *)

Die Kosten der Civilspitäler trägt allemal der
Distrikt der Kranken, hingegen die der Militär-
Lazarethe trägt die Republik selbst; und eben dar-
um müssen alle Rechnungen derselben monatlich
nach Paris geschickt werden. Es ist daher auch
nicht möglich, daß Mangel in einem solchen Hofspi-
tale einreiße. Alle Tage wird frisches Fleisch, und
alle zwey Tage schönes weißes Brod geliefert.
Ich habe in Frankreich nirgends schöneres Fleisch
gesehen, als in den Hospitälern. Der Wein muß
gut und alt seyn, und wird aus der Provinz ge-
nommen, wo das Spital ist. Antoine meynte auch,
das Departement von Cote d'or schicke sich zu Hos-
pitälern besser, als das ganze übrige Frankreich.
weil der Burgunderwein unter allen Weinen [der]

*) In Frankreich behandelt man die Todten, wie man sieht,
jezt sehr einfach, und dem äußern Prunk nach, ganz gering-
schätzig: und doch behandelt, man die gesetzmäßigen Lebendigen
dort weit besser als irgendwo; folglich ist es falsch, daß wenn
man die Todten geringschätzig behandelt; man es mit den Le-
bendigen bald nicht besser mache. Dieß Argument motiviren
vorzüglich diejenigen, welchen der Sarg, das Todtenhemd,
das Gelänte und der Prunk etwas abwirft, unbeküm-
mert, ob die Familie des Verschiednen Geld zu Bro[de] übrig
habe, oder nicht, geschweige zum Beläuten und was noch
dazu gehört. Wir sind also so superhuman, daß wir die Ur-
banität gegen die Verstorbnen auf Kosten der Humanität ge-
gen die nothleidenden Lebendigen sehr ängstlich übertreiben.

gung geſchieht allemal gegen Abend in der Daͤm-
merung. *)

Die Koſten der Civilſpitaͤler traͤgt allemal der
Diſtrikt der Kranken, hingegen die der Militaͤr-
Lazarethe traͤgt die Republik ſelbſt; und eben dar-
um muͤſſen alle Rechnungen derſelben monatlich
nach Paris geſchickt werden. Es iſt daher auch
nicht moͤglich, daß Mangel in einem ſolchen Hofſpi-
tale einreiße. Alle Tage wird friſches Fleiſch, und
alle zwey Tage ſchoͤnes weißes Brod geliefert.
Ich habe in Frankreich nirgends ſchoͤneres Fleiſch
geſehen, als in den Hoſpitaͤlern. Der Wein muß
gut und alt ſeyn, und wird aus der Provinz ge-
nommen, wo das Spital iſt. Antoine meynte auch,
das Departement von Cote d'or ſchicke ſich zu Hoſ-
pitaͤlern beſſer, als das ganze uͤbrige Frankreich.
weil der Burgunderwein unter allen Weinen [der]

*) In Frankreich behandelt man die Todten, wie man ſieht,
jezt ſehr einfach, und dem äußern Prunk nach, ganz gering-
ſchätzig: und doch behandelt, man die geſetzmäßigen Lebendigen
dort weit beſſer als irgendwo; folglich iſt es falſch, daß wenn
man die Todten geringſchätzig behandelt; man es mit den Le-
bendigen bald nicht beſſer mache. Dieß Argument motiviren
vorzüglich diejenigen, welchen der Sarg, das Todtenhemd,
das Gelänte und der Prunk etwas abwirft, unbeküm-
mert, ob die Familie des Verſchiednen Geld zu Bro[de] übrig
habe, oder nicht, geſchweige zum Beläuten und was noch
dazu gehört. Wir ſind alſo ſo ſuperhuman, daß wir die Ur-
banität gegen die Verſtorbnen auf Koſten der Humanität ge-
gen die nothleidenden Lebendigen ſehr ängſtlich übertreiben.
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[463/0467] gung geſchieht allemal gegen Abend in der Daͤm- merung. *) Die Koſten der Civilſpitaͤler traͤgt allemal der Diſtrikt der Kranken, hingegen die der Militaͤr- Lazarethe traͤgt die Republik ſelbſt; und eben dar- um muͤſſen alle Rechnungen derſelben monatlich nach Paris geſchickt werden. Es iſt daher auch nicht moͤglich, daß Mangel in einem ſolchen Hofſpi- tale einreiße. Alle Tage wird friſches Fleiſch, und alle zwey Tage ſchoͤnes weißes Brod geliefert. Ich habe in Frankreich nirgends ſchoͤneres Fleiſch geſehen, als in den Hoſpitaͤlern. Der Wein muß gut und alt ſeyn, und wird aus der Provinz ge- nommen, wo das Spital iſt. Antoine meynte auch, das Departement von Cote d'or ſchicke ſich zu Hoſ- pitaͤlern beſſer, als das ganze uͤbrige Frankreich. weil der Burgunderwein unter allen Weinen der *) In Frankreich behandelt man die Todten, wie man ſieht, jezt ſehr einfach, und dem äußern Prunk nach, ganz gering- ſchätzig: und doch behandelt, man die geſetzmäßigen Lebendigen dort weit beſſer als irgendwo; folglich iſt es falſch, daß wenn man die Todten geringſchätzig behandelt; man es mit den Le- bendigen bald nicht beſſer mache. Dieß Argument motiviren vorzüglich diejenigen, welchen der Sarg, das Todtenhemd, das Gelänte und der Prunk etwas abwirft, unbeküm- mert, ob die Familie des Verſchiednen Geld zu Brode übrig habe, oder nicht, geſchweige zum Beläuten und was noch dazu gehört. Wir ſind alſo ſo ſuperhuman, daß wir die Ur- banität gegen die Verſtorbnen auf Koſten der Humanität ge- gen die nothleidenden Lebendigen ſehr ängſtlich übertreiben.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/467>, abgerufen am 22.11.2024.