sucht. Auch der Feldscheer Schäfer von Gießen war meiner Sorge anvertraut. Er hat mir noch im vorigen Jahre, als ich durch Gießen kam, für meine Pflege herzlich gedankt.
Meine Verrichtungen waren einfach, und alle Tage sich gleich. Früh um 5 Uhr machte ich mich an die Arbeit, kehrte meinen Saal aus, öffnete die Fenster, reinigte die Nachtgeschirre, welche den Tag über nicht im Zimmer bleiben durften, brachte die Betten der Kranken in Ordnung, und holte dann Holz, um den Tag über das Feuer im Kamin zu erhalten. Um sieben Uhr kam der Doktor, welchem ich von dem Befinden der Kranken Nachricht gab, und ihm meine Bemerkungen mittheilte. Um 9 Uhr holte ich die für jeden Kranken bestimmte Ti- sane, und um 10 Uhr auf den Schlag, ging ich nach der Küche, um das Essen heraufzuholen, und den Kranken auszutheilen. Nachher aß ich selbst auf meiner Stube oder ging aus, in einer Schenke zu essen: denn die Krankenwärter dürfen ausgehen, nur müssen sie einen von ihren Kameraden bitten, daß er von Zeit zu Zeit ihre Kranken besorge. Auf einem großen Saal aber, wo mehrere Wärter sind, muß wenigstens immer einer gegenwärtig seyn.
Nachmittags um vier Uhr wurde das Essen wieder ausgetheilt, und alsdann mußten alle Bet- ten frisch gemacht werden. Sobald es finster war,
ſucht. Auch der Feldſcheer Schaͤfer von Gießen war meiner Sorge anvertraut. Er hat mir noch im vorigen Jahre, als ich durch Gießen kam, fuͤr meine Pflege herzlich gedankt.
Meine Verrichtungen waren einfach, und alle Tage ſich gleich. Fruͤh um 5 Uhr machte ich mich an die Arbeit, kehrte meinen Saal aus, oͤffnete die Fenſter, reinigte die Nachtgeſchirre, welche den Tag uͤber nicht im Zimmer bleiben durften, brachte die Betten der Kranken in Ordnung, und holte dann Holz, um den Tag uͤber das Feuer im Kamin zu erhalten. Um ſieben Uhr kam der Doktor, welchem ich von dem Befinden der Kranken Nachricht gab, und ihm meine Bemerkungen mittheilte. Um 9 Uhr holte ich die fuͤr jeden Kranken beſtimmte Ti- ſane, und um 10 Uhr auf den Schlag, ging ich nach der Kuͤche, um das Eſſen heraufzuholen, und den Kranken auszutheilen. Nachher aß ich ſelbſt auf meiner Stube oder ging aus, in einer Schenke zu eſſen: denn die Krankenwaͤrter duͤrfen ausgehen, nur muͤſſen ſie einen von ihren Kameraden bitten, daß er von Zeit zu Zeit ihre Kranken beſorge. Auf einem großen Saal aber, wo mehrere Waͤrter ſind, muß wenigſtens immer einer gegenwaͤrtig ſeyn.
Nachmittags um vier Uhr wurde das Eſſen wieder ausgetheilt, und alsdann mußten alle Bet- ten friſch gemacht werden. Sobald es finſter war,
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ſucht. Auch der Feldſcheer Schaͤfer von Gießen
war meiner Sorge anvertraut. Er hat mir noch
im vorigen Jahre, als ich durch Gießen kam, fuͤr
meine Pflege herzlich gedankt.
Meine Verrichtungen waren einfach, und alle
Tage ſich gleich. Fruͤh um 5 Uhr machte ich mich
an die Arbeit, kehrte meinen Saal aus, oͤffnete
die Fenſter, reinigte die Nachtgeſchirre, welche den
Tag uͤber nicht im Zimmer bleiben durften, brachte
die Betten der Kranken in Ordnung, und holte dann
Holz, um den Tag uͤber das Feuer im Kamin zu
erhalten. Um ſieben Uhr kam der Doktor, welchem
ich von dem Befinden der Kranken Nachricht gab,
und ihm meine Bemerkungen mittheilte. Um 9
Uhr holte ich die fuͤr jeden Kranken beſtimmte Ti-
ſane, und um 10 Uhr auf den Schlag, ging ich
nach der Kuͤche, um das Eſſen heraufzuholen, und
den Kranken auszutheilen. Nachher aß ich ſelbſt
auf meiner Stube oder ging aus, in einer Schenke
zu eſſen: denn die Krankenwaͤrter duͤrfen ausgehen,
nur muͤſſen ſie einen von ihren Kameraden bitten,
daß er von Zeit zu Zeit ihre Kranken beſorge. Auf
einem großen Saal aber, wo mehrere Waͤrter ſind,
muß wenigſtens immer einer gegenwaͤrtig ſeyn.
Nachmittags um vier Uhr wurde das Eſſen
wieder ausgetheilt, und alsdann mußten alle Bet-
ten friſch gemacht werden. Sobald es finſter war,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/450>, abgerufen am 22.11.2024.
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