erkrankt waren, und zu Challons ins Spital sollten. Wir fuhren auf einem republikanischen Wägelchen d. i. auf einem Karren von zwey Rädern, der mit einer leinenen Plane bedeckt war. Als wir den andern Tag zu Challon ankamen, war das dasige Spital so besezt, daß keiner mehr hinein konnte. Der Kommissär schwur hoch und theuer, daß er uns nicht helfen könne, und daß er es bedaurte, daß wir weiter müßten. In Dijon seyen vier Ho- spitäler, und da sey auch der Hauptsammelplatz al- ler Kranken von weit und breit: dahin müßten wir auch. -- Er ließ uns aber für die Nacht gut ein- quartiren, ließ uns durch den Medikus untersuchen, uns Arzney geben, und den andern Tag früh nach Dijon fahren, wo wir denn auch Abends um 8 Uhr ankamen.
Die Krankenfuhren in Frankreich sind eine Art Frohndienst, -- wenn man anders Dienste für die leidende Menschheit Frohndienste nennen kann -- welche unter keinem Vorwande abgelehnt werden dürfen. An wem die Reihe in einem Dorfe oder in einer Stadt ist, der muß fahren und das auf der Stelle, oder er muß doch sorgen, daß gefah- ren werde. Aber in Deutschland habe ich gefun- den, daß man zwar die Vorspanne für die Equi- page eines Herrn Offiziers, einer gnädigen Frau, einer Mätresse, eines Kammerdieners prompt ge-
erkrankt waren, und zu Challons ins Spital ſollten. Wir fuhren auf einem republikaniſchen Waͤgelchen d. i. auf einem Karren von zwey Raͤdern, der mit einer leinenen Plane bedeckt war. Als wir den andern Tag zu Challon ankamen, war das daſige Spital ſo beſezt, daß keiner mehr hinein konnte. Der Kommiſſaͤr ſchwur hoch und theuer, daß er uns nicht helfen koͤnne, und daß er es bedaurte, daß wir weiter muͤßten. In Dijon ſeyen vier Ho- ſpitaͤler, und da ſey auch der Hauptſammelplatz al- ler Kranken von weit und breit: dahin muͤßten wir auch. — Er ließ uns aber fuͤr die Nacht gut ein- quartiren, ließ uns durch den Medikus unterſuchen, uns Arzney geben, und den andern Tag fruͤh nach Dijon fahren, wo wir denn auch Abends um 8 Uhr ankamen.
Die Krankenfuhren in Frankreich ſind eine Art Frohndienſt, — wenn man anders Dienſte fuͤr die leidende Menſchheit Frohndienſte nennen kann — welche unter keinem Vorwande abgelehnt werden duͤrfen. An wem die Reihe in einem Dorfe oder in einer Stadt iſt, der muß fahren und das auf der Stelle, oder er muß doch ſorgen, daß gefah- ren werde. Aber in Deutſchland habe ich gefun- den, daß man zwar die Vorſpanne fuͤr die Equi- page eines Herrn Offiziers, einer gnaͤdigen Frau, einer Maͤtreſſe, eines Kammerdieners prompt ge-
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erkrankt waren, und zu Challons ins Spital ſollten.
Wir fuhren auf einem republikaniſchen Waͤgelchen
d. i. auf einem Karren von zwey Raͤdern, der mit
einer leinenen Plane bedeckt war. Als wir den
andern Tag zu Challon ankamen, war das daſige
Spital ſo beſezt, daß keiner mehr hinein konnte.
Der Kommiſſaͤr ſchwur hoch und theuer, daß er
uns nicht helfen koͤnne, und daß er es bedaurte,
daß wir weiter muͤßten. In Dijon ſeyen vier Ho-
ſpitaͤler, und da ſey auch der Hauptſammelplatz al-
ler Kranken von weit und breit: dahin muͤßten wir
auch. — Er ließ uns aber fuͤr die Nacht gut ein-
quartiren, ließ uns durch den Medikus unterſuchen,
uns Arzney geben, und den andern Tag fruͤh nach
Dijon fahren, wo wir denn auch Abends um 8 Uhr
ankamen.
Die Krankenfuhren in Frankreich ſind eine Art
Frohndienſt, — wenn man anders Dienſte fuͤr die
leidende Menſchheit Frohndienſte nennen kann —
welche unter keinem Vorwande abgelehnt werden
duͤrfen. An wem die Reihe in einem Dorfe oder
in einer Stadt iſt, der muß fahren und das auf
der Stelle, oder er muß doch ſorgen, daß gefah-
ren werde. Aber in Deutſchland habe ich gefun-
den, daß man zwar die Vorſpanne fuͤr die Equi-
page eines Herrn Offiziers, einer gnaͤdigen Frau,
einer Maͤtreſſe, eines Kammerdieners prompt ge-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/441>, abgerufen am 22.11.2024.
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