de der Gegenstand der allgemeinen Verachtung seyn; wenigstens würde es einem jungen Manne, der ent- weder wirklich Waffen trägt, oder doch sie zu tra- gen im Stande ist, nimmermehr vergeben werden, wenn er einen Duell verbitten wollte. So ist die Denkungsart der französischen Nation noch jezt: ob sie recht oder unrecht habe, kann und will ich nicht ausmachen, muß aber doch bekennen, daß ich Fälle erlebt habe, wo es schlechterdings nicht anging, einen Zweykampf zu vermeiden, ohne sich dem Vorwurf der Feigheit und der allgemeinen Ver- achtung auszusetzen.
Ich will indessen meinen Duell in Lyon ganz und gar nicht entschuldigen, und bekenne gern, daß er sich niemals zugetragen hätte, wenn mein Kopf durch den Trunk nicht heroisch geworden wäre. Ich hatte gar keinen Beruf, die Tapferkeit der Deut- schen in einem Lande zu vertheidigen, wo ich die Ehre der Könige nicht hätte um alles vertheidigen mögen: denn auf Apologien dieser Art stand da- mals der Tod.
Den andern Tag früh war der Chirurgus *) wieder da, untersuchte abermals die Wunde,
*) Seit einigen Jahren werden die Feldscheere in der preußischen Armee Chirurgi genannt. Dieses fremde Wort sagt noch lange nicht, was Feldscheer sagt, und hatte billig einem deutschen recht guten Worte nicht vor[ge]zogen werden sollen. Unwissende Leute sprechen Kriurgus, Klurgus, Gregorius u. s. w.
de der Gegenſtand der allgemeinen Verachtung ſeyn; wenigſtens wuͤrde es einem jungen Manne, der ent- weder wirklich Waffen traͤgt, oder doch ſie zu tra- gen im Stande iſt, nimmermehr vergeben werden, wenn er einen Duell verbitten wollte. So iſt die Denkungsart der franzoͤſiſchen Nation noch jezt: ob ſie recht oder unrecht habe, kann und will ich nicht ausmachen, muß aber doch bekennen, daß ich Faͤlle erlebt habe, wo es ſchlechterdings nicht anging, einen Zweykampf zu vermeiden, ohne ſich dem Vorwurf der Feigheit und der allgemeinen Ver- achtung auszuſetzen.
Ich will indeſſen meinen Duell in Lyon ganz und gar nicht entſchuldigen, und bekenne gern, daß er ſich niemals zugetragen haͤtte, wenn mein Kopf durch den Trunk nicht heroiſch geworden waͤre. Ich hatte gar keinen Beruf, die Tapferkeit der Deut- ſchen in einem Lande zu vertheidigen, wo ich die Ehre der Koͤnige nicht haͤtte um alles vertheidigen moͤgen: denn auf Apologien dieſer Art ſtand da- mals der Tod.
Den andern Tag fruͤh war der Chirurgus *) wieder da, unterſuchte abermals die Wunde,
*) Seit einigen Jahren werden die Feldſcheere in der preußiſchen Armee Chirurgi genannt. Dieſes fremde Wort ſagt noch lange nicht, was Feldſcheer ſagt, und hatte billig einem deutſchen recht guten Worte nicht vor[ge]zogen werden ſollen. Unwiſſende Leute ſprechen Kriurgus, Klurgus, Gregorius u. ſ. w.
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de der Gegenſtand der allgemeinen Verachtung ſeyn;
wenigſtens wuͤrde es einem jungen Manne, der ent-
weder wirklich Waffen traͤgt, oder doch ſie zu tra-
gen im Stande iſt, nimmermehr vergeben werden,
wenn er einen Duell verbitten wollte. So iſt die
Denkungsart der franzoͤſiſchen Nation noch jezt:
ob ſie recht oder unrecht habe, kann und will ich
nicht ausmachen, muß aber doch bekennen, daß
ich Faͤlle erlebt habe, wo es ſchlechterdings nicht
anging, einen Zweykampf zu vermeiden, ohne ſich
dem Vorwurf der Feigheit und der allgemeinen Ver-
achtung auszuſetzen.
Ich will indeſſen meinen Duell in Lyon ganz
und gar nicht entſchuldigen, und bekenne gern, daß
er ſich niemals zugetragen haͤtte, wenn mein Kopf
durch den Trunk nicht heroiſch geworden waͤre. Ich
hatte gar keinen Beruf, die Tapferkeit der Deut-
ſchen in einem Lande zu vertheidigen, wo ich die
Ehre der Koͤnige nicht haͤtte um alles vertheidigen
moͤgen: denn auf Apologien dieſer Art ſtand da-
mals der Tod.
Den andern Tag fruͤh war der Chirurgus *)
wieder da, unterſuchte abermals die Wunde,
*) Seit einigen Jahren werden die Feldſcheere in der preußiſchen
Armee Chirurgi genannt. Dieſes fremde Wort ſagt noch lange
nicht, was Feldſcheer ſagt, und hatte billig einem deutſchen
recht guten Worte nicht vorgezogen werden ſollen. Unwiſſende
Leute ſprechen Kriurgus, Klurgus, Gregorius u. ſ. w.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/436>, abgerufen am 25.11.2024.
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