seyn der Republik. Ich mischte mich in ihr Ge- spräch, und machte meine Sache so gut, daß sie mir das Zeugniß gaben: ich sey, troz meiner deut- schen Geburt, würdig, ein citoyen Francois zu seyn, und die Waffen der Freyheit zu führen.
Unter andern war ein gewisser Offizier da, ich glaube, er hieß La Salle, der mir stark zutrank, auch selbst schon einen derben Rausch weghatte, und mitunter gewaltig auf die Feinde der Republik loszog, denen er nichts als Tod und Verderben prophezeihte. Ich ließ ihn immer reden, und wider- sprach erst, als er anfing, die fremden Soldaten als feige Memmen, und Hunzfötter darzustellen. Da aber konnte ich mich nicht mehr halten, und sagte ihm gerade heraus: wer so räsonnirte, habe noch keinen Preußen gesehen: das seyen auch Män- ner, so gut als die Franzosen.
Er: Das ist nicht wahr: die Deutschen sind Tyrannen-Sklaven so gut als die Spanier, die Hol- länder und die Piemontesen.
Ich: Gut: aber laß sie für ihre Freyheit, für ihr Vaterland erst einmal auftreten; und du sollst sehen, daß sie ihren Mann stellen.
Er: Aber nur nicht wie die Franzosen! fouttre! Die Deutschen sind Memmen, und lassen sich von ihren Fürsten treiben und verkaufen, wie das Schlachtvieh.
ſeyn der Republik. Ich miſchte mich in ihr Ge- ſpraͤch, und machte meine Sache ſo gut, daß ſie mir das Zeugniß gaben: ich ſey, troz meiner deut- ſchen Geburt, wuͤrdig, ein citoyen François zu ſeyn, und die Waffen der Freyheit zu fuͤhren.
Unter andern war ein gewiſſer Offizier da, ich glaube, er hieß La Salle, der mir ſtark zutrank, auch ſelbſt ſchon einen derben Rauſch weghatte, und mitunter gewaltig auf die Feinde der Republik loszog, denen er nichts als Tod und Verderben prophezeihte. Ich ließ ihn immer reden, und wider- ſprach erſt, als er anfing, die fremden Soldaten als feige Memmen, und Hunzfoͤtter darzuſtellen. Da aber konnte ich mich nicht mehr halten, und ſagte ihm gerade heraus: wer ſo raͤſonnirte, habe noch keinen Preußen geſehen: das ſeyen auch Maͤn- ner, ſo gut als die Franzoſen.
Er: Das iſt nicht wahr: die Deutſchen ſind Tyrannen-Sklaven ſo gut als die Spanier, die Hol- laͤnder und die Piemonteſen.
Ich: Gut: aber laß ſie fuͤr ihre Freyheit, fuͤr ihr Vaterland erſt einmal auftreten; und du ſollſt ſehen, daß ſie ihren Mann ſtellen.
Er: Aber nur nicht wie die Franzoſen! fouttre! Die Deutſchen ſind Memmen, und laſſen ſich von ihren Fuͤrſten treiben und verkaufen, wie das Schlachtvieh.
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ſeyn der Republik. Ich miſchte mich in ihr Ge-
ſpraͤch, und machte meine Sache ſo gut, daß ſie
mir das Zeugniß gaben: ich ſey, troz meiner deut-
ſchen Geburt, wuͤrdig, ein citoyen François zu
ſeyn, und die Waffen der Freyheit zu fuͤhren.
Unter andern war ein gewiſſer Offizier da, ich
glaube, er hieß La Salle, der mir ſtark zutrank,
auch ſelbſt ſchon einen derben Rauſch weghatte,
und mitunter gewaltig auf die Feinde der Republik
loszog, denen er nichts als Tod und Verderben
prophezeihte. Ich ließ ihn immer reden, und wider-
ſprach erſt, als er anfing, die fremden Soldaten
als feige Memmen, und Hunzfoͤtter darzuſtellen.
Da aber konnte ich mich nicht mehr halten, und
ſagte ihm gerade heraus: wer ſo raͤſonnirte, habe
noch keinen Preußen geſehen: das ſeyen auch Maͤn-
ner, ſo gut als die Franzoſen.
Er: Das iſt nicht wahr: die Deutſchen ſind
Tyrannen-Sklaven ſo gut als die Spanier, die Hol-
laͤnder und die Piemonteſen.
Ich: Gut: aber laß ſie fuͤr ihre Freyheit, fuͤr
ihr Vaterland erſt einmal auftreten; und du ſollſt
ſehen, daß ſie ihren Mann ſtellen.
Er: Aber nur nicht wie die Franzoſen! fouttre!
Die Deutſchen ſind Memmen, und laſſen ſich von
ihren Fuͤrſten treiben und verkaufen, wie das
Schlachtvieh.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/432>, abgerufen am 22.11.2024.
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