Als ich dießmal da war, hatte zwar das Guil- lotiniren ein Ende, das heißt, man richtete die Leute nicht mehr so haufenweise hin, obgleich noch dann und wann Einzelne sterben mußten, und die Untersuchungen noch immer fortgingen: denn in Lyon saßen noch sehr Viele als verdächtig, und Lyon hatte ein außerordentliches Revolutions-Tri- bunal.
Ich muß hier in der Kürze einiges von diesem Tri[bu]nal anbringen, um falschen Begriffen vorzu- beugen, die man sich davon machen könnte. Nach der ersten Anordnung sollte nur in Paris, und nir- gend anders ein Revolutionstribunal existiren, das ist, ein Gerichtshof, wo Verbrechen gegen die Grund- gesetze des Staats untersucht und bestraft werden sollten. Aber bald ergab sichs, daß das Revolu- tions-Tribunal in Paris nicht hinreichte, wegen der überall zunehmenden Revolutionsverbrechen. Also wurden solche Gerichtshöfe aller Orten errich- tet, wo sie nach der Meynung der Volksrepräsen- tanten, und nach dem Gutachten der Jakobiner nö- thig waren. Sie sollten aber der Natur ihrer Ein- richtung und Bestimmung gemäß keine permanen- ten Tribunale seyn, sondern gleich aufhören, sobald die traurige Veranlassung vorbey wäre, die sie noth- wendig gemacht hätte. Ihre Organisation hing lediglich von den Repräsentanten ab, und diese al-
Als ich dießmal da war, hatte zwar das Guil- lotiniren ein Ende, das heißt, man richtete die Leute nicht mehr ſo haufenweiſe hin, obgleich noch dann und wann Einzelne ſterben mußten, und die Unterſuchungen noch immer fortgingen: denn in Lyon ſaßen noch ſehr Viele als verdaͤchtig, und Lyon hatte ein außerordentliches Revolutions-Tri- bunal.
Ich muß hier in der Kuͤrze einiges von dieſem Tri[bu]nal anbringen, um falſchen Begriffen vorzu- beugen, die man ſich davon machen koͤnnte. Nach der erſten Anordnung ſollte nur in Paris, und nir- gend anders ein Revolutionstribunal exiſtiren, das iſt, ein Gerichtshof, wo Verbrechen gegen die Grund- geſetze des Staats unterſucht und beſtraft werden ſollten. Aber bald ergab ſichs, daß das Revolu- tions-Tribunal in Paris nicht hinreichte, wegen der uͤberall zunehmenden Revolutionsverbrechen. Alſo wurden ſolche Gerichtshoͤfe aller Orten errich- tet, wo ſie nach der Meynung der Volksrepraͤſen- tanten, und nach dem Gutachten der Jakobiner noͤ- thig waren. Sie ſollten aber der Natur ihrer Ein- richtung und Beſtimmung gemaͤß keine permanen- ten Tribunale ſeyn, ſondern gleich aufhoͤren, ſobald die traurige Veranlaſſung vorbey waͤre, die ſie noth- wendig gemacht haͤtte. Ihre Organiſation hing lediglich von den Repraͤſentanten ab, und dieſe al-
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Als ich dießmal da war, hatte zwar das Guil-
lotiniren ein Ende, das heißt, man richtete die
Leute nicht mehr ſo haufenweiſe hin, obgleich noch
dann und wann Einzelne ſterben mußten, und die
Unterſuchungen noch immer fortgingen: denn in
Lyon ſaßen noch ſehr Viele als verdaͤchtig, und Lyon
hatte ein außerordentliches Revolutions-Tri-
bunal.
Ich muß hier in der Kuͤrze einiges von dieſem
Tribunal anbringen, um falſchen Begriffen vorzu-
beugen, die man ſich davon machen koͤnnte. Nach
der erſten Anordnung ſollte nur in Paris, und nir-
gend anders ein Revolutionstribunal exiſtiren, das
iſt, ein Gerichtshof, wo Verbrechen gegen die Grund-
geſetze des Staats unterſucht und beſtraft werden
ſollten. Aber bald ergab ſichs, daß das Revolu-
tions-Tribunal in Paris nicht hinreichte, wegen
der uͤberall zunehmenden Revolutionsverbrechen.
Alſo wurden ſolche Gerichtshoͤfe aller Orten errich-
tet, wo ſie nach der Meynung der Volksrepraͤſen-
tanten, und nach dem Gutachten der Jakobiner noͤ-
thig waren. Sie ſollten aber der Natur ihrer Ein-
richtung und Beſtimmung gemaͤß keine permanen-
ten Tribunale ſeyn, ſondern gleich aufhoͤren, ſobald
die traurige Veranlaſſung vorbey waͤre, die ſie noth-
wendig gemacht haͤtte. Ihre Organiſation hing
lediglich von den Repraͤſentanten ab, und dieſe al-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/429>, abgerufen am 22.11.2024.
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