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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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der Brandenburger. Eben so ist's auch in Frank-
reich; und wenn sonst nur die Aussprache rein und
ohne Mistöne ist, so kann, so muß man sie schon
ertragen. D. Bahrdt vertheidigte die sächsische
Aussprache, und sprach doch selbst: nischt.

Zu Ende des Februars kam ich nach Lyon zu-
rück, und hörte vom Kommissär, daß ich weiter
müßte, es stände mir aber frey, wohin ich wollte:
sein Rath indeß wäre, ich ginge nach Dijon in
Burgund, deun da gäbe es sehr viele Deutsche, und
ausserdem wäre Dijon der wohlfeilste Ort weit und
breit. Ich versprach, mich zu besinnen, und bath
ihn, er mögte mich ausruhen lassen, welches er
auch that. Seine Frau bemerkte, daß meine Schuhe
abgerissen waren, und bewog ihn, mir ein Paar
neue zu geben.

In Lyon oder wie es damals noch hieß, in
Commun[e] affranchie, hatten die scheuslich-
sten Exekutionen jezt aufgehört, und alle die waren
gefallen, welche sich des Verbrechens der Rebellion
schuldig gemacht hatten. Man hat die Anzahl
der hier Hingerichteten sehr verschieden angegeben,
man kann aber immer annehmen, daß sie sich zum
mindesten auf 1700 belaufen habe. General Rou-
si[n] war dahin geschickt worden, und hatte das schreck-
liche Schauspiel ausgeführt.


der Brandenburger. Eben ſo iſt's auch in Frank-
reich; und wenn ſonſt nur die Ausſprache rein und
ohne Mistoͤne iſt, ſo kann, ſo muß man ſie ſchon
ertragen. D. Bahrdt vertheidigte die ſaͤchſiſche
Ausſprache, und ſprach doch ſelbſt: niſcht.

Zu Ende des Februars kam ich nach Lyon zu-
ruͤck, und hoͤrte vom Kommiſſaͤr, daß ich weiter
muͤßte, es ſtaͤnde mir aber frey, wohin ich wollte:
ſein Rath indeß waͤre, ich ginge nach Dijon in
Burgund, deun da gaͤbe es ſehr viele Deutſche, und
auſſerdem waͤre Dijon der wohlfeilſte Ort weit und
breit. Ich verſprach, mich zu beſinnen, und bath
ihn, er moͤgte mich ausruhen laſſen, welches er
auch that. Seine Frau bemerkte, daß meine Schuhe
abgeriſſen waren, und bewog ihn, mir ein Paar
neue zu geben.

In Lyon oder wie es damals noch hieß, in
Commun[e] affranchie, hatten die ſcheuslich-
ſten Exekutionen jezt aufgehoͤrt, und alle die waren
gefallen, welche ſich des Verbrechens der Rebellion
ſchuldig gemacht hatten. Man hat die Anzahl
der hier Hingerichteten ſehr verſchieden angegeben,
man kann aber immer annehmen, daß ſie ſich zum
mindeſten auf 1700 belaufen habe. General Rou-
ſi[n] war dahin geſchickt worden, und hatte das ſchreck-
liche Schauſpiel ausgefuͤhrt.


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[424/0428] der Brandenburger. Eben ſo iſt's auch in Frank- reich; und wenn ſonſt nur die Ausſprache rein und ohne Mistoͤne iſt, ſo kann, ſo muß man ſie ſchon ertragen. D. Bahrdt vertheidigte die ſaͤchſiſche Ausſprache, und ſprach doch ſelbſt: niſcht. Zu Ende des Februars kam ich nach Lyon zu- ruͤck, und hoͤrte vom Kommiſſaͤr, daß ich weiter muͤßte, es ſtaͤnde mir aber frey, wohin ich wollte: ſein Rath indeß waͤre, ich ginge nach Dijon in Burgund, deun da gaͤbe es ſehr viele Deutſche, und auſſerdem waͤre Dijon der wohlfeilſte Ort weit und breit. Ich verſprach, mich zu beſinnen, und bath ihn, er moͤgte mich ausruhen laſſen, welches er auch that. Seine Frau bemerkte, daß meine Schuhe abgeriſſen waren, und bewog ihn, mir ein Paar neue zu geben. In Lyon oder wie es damals noch hieß, in Commune affranchie, hatten die ſcheuslich- ſten Exekutionen jezt aufgehoͤrt, und alle die waren gefallen, welche ſich des Verbrechens der Rebellion ſchuldig gemacht hatten. Man hat die Anzahl der hier Hingerichteten ſehr verſchieden angegeben, man kann aber immer annehmen, daß ſie ſich zum mindeſten auf 1700 belaufen habe. General Rou- ſin war dahin geſchickt worden, und hatte das ſchreck- liche Schauſpiel ausgefuͤhrt.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/428>, abgerufen am 22.11.2024.