Vendee, wohin sie der berüchtigte Gaston durch Manifeste eingeladen hatte. Es lag auch gleichsam in den Grundsätzen dieser Leute, lieber gegen Frank- reich, als für Frankreich zu streiten. Ein Oestrei- cher z. B. ein Piemonteser, ein Spaniol und sonst eifrige Katholiken, die ihre Messe, ihren Rosen- kranz und ihr Marienbild, troz aller Immoralität, für die größten Heiligthümer hielten, mußten in Frankreich, wo man schon 1792 sehr vieles an ihrer Religion geändert hatte, und diese im Jahr 1793 ganz abschaffte, nichts als Gräuel der Verwüstung sehen, und sich für ewig verdammt halten, wenn sie für das Interesse eines so gottlosen Volkes fech- ten würden.
Dem Konvente konnte dieses Unwesen nicht lange unbekannt bleiben, und es wurden bald Dekrete ge- macht, demselben abzuhelfen. Erstlich sollte man keine fremden Deserteurs in die französischen Armeen weiter aufnehmen; die wirklich angestellten aber sollten alle nach der Armee gegen Spanien und zur Re- volutions-Armee geschickt werden, damit der Deser- tion gesteuert würde. Nachdem aber Lyon und Toulon wieder in die Hände der Republikaner gekommen war, verabschiedete man die Ausländer auch bey denen Ar- meen, welche man zur Eroberung dieser Plätze ge- braucht hatte. Doch befinden sich bey allen französi- schen Truppen noch manche Ausländer, welche ihren
Vendée, wohin ſie der beruͤchtigte Gaſton durch Manifeſte eingeladen hatte. Es lag auch gleichſam in den Grundſaͤtzen dieſer Leute, lieber gegen Frank- reich, als fuͤr Frankreich zu ſtreiten. Ein Oeſtrei- cher z. B. ein Piemonteſer, ein Spaniol und ſonſt eifrige Katholiken, die ihre Meſſe, ihren Roſen- kranz und ihr Marienbild, troz aller Immoralitaͤt, fuͤr die groͤßten Heiligthuͤmer hielten, mußten in Frankreich, wo man ſchon 1792 ſehr vieles an ihrer Religion geaͤndert hatte, und dieſe im Jahr 1793 ganz abſchaffte, nichts als Graͤuel der Verwuͤſtung ſehen, und ſich fuͤr ewig verdammt halten, wenn ſie fuͤr das Intereſſe eines ſo gottloſen Volkes fech- ten wuͤrden.
Dem Konvente konnte dieſes Unweſen nicht lange unbekannt bleiben, und es wurden bald Dekrete ge- macht, demſelben abzuhelfen. Erſtlich ſollte man keine fremden Deſerteurs in die franzoͤſiſchen Armeen weiter aufnehmen; die wirklich angeſtellten aber ſollten alle nach der Armee gegen Spanien und zur Re- volutions-Armee geſchickt werden, damit der Deſer- tion geſteuert wuͤrde. Nachdem aber Lyon und Toulon wieder in die Haͤnde der Republikaner gekommen war, verabſchiedete man die Auslaͤnder auch bey denen Ar- meen, welche man zur Eroberung dieſer Plaͤtze ge- braucht hatte. Doch befinden ſich bey allen franzoͤſi- ſchen Truppen noch manche Auslaͤnder, welche ihren
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Vendée, wohin ſie der beruͤchtigte Gaſton durch
Manifeſte eingeladen hatte. Es lag auch gleichſam
in den Grundſaͤtzen dieſer Leute, lieber gegen Frank-
reich, als fuͤr Frankreich zu ſtreiten. Ein Oeſtrei-
cher z. B. ein Piemonteſer, ein Spaniol und ſonſt
eifrige Katholiken, die ihre Meſſe, ihren Roſen-
kranz und ihr Marienbild, troz aller Immoralitaͤt,
fuͤr die groͤßten Heiligthuͤmer hielten, mußten in
Frankreich, wo man ſchon 1792 ſehr vieles an ihrer
Religion geaͤndert hatte, und dieſe im Jahr 1793
ganz abſchaffte, nichts als Graͤuel der Verwuͤſtung
ſehen, und ſich fuͤr ewig verdammt halten, wenn
ſie fuͤr das Intereſſe eines ſo gottloſen Volkes fech-
ten wuͤrden.
Dem Konvente konnte dieſes Unweſen nicht lange
unbekannt bleiben, und es wurden bald Dekrete ge-
macht, demſelben abzuhelfen. Erſtlich ſollte man
keine fremden Deſerteurs in die franzoͤſiſchen Armeen
weiter aufnehmen; die wirklich angeſtellten aber
ſollten alle nach der Armee gegen Spanien und zur Re-
volutions-Armee geſchickt werden, damit der Deſer-
tion geſteuert wuͤrde. Nachdem aber Lyon und Toulon
wieder in die Haͤnde der Republikaner gekommen war,
verabſchiedete man die Auslaͤnder auch bey denen Ar-
meen, welche man zur Eroberung dieſer Plaͤtze ge-
braucht hatte. Doch befinden ſich bey allen franzoͤſi-
ſchen Truppen noch manche Auslaͤnder, welche ihren
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/414>, abgerufen am 25.11.2024.
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