Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Aber zum Ersatz dafür besaß auch diese Karthaus
beynahe alles gute Land, alle Wiesen, Weinberge
u. s. w. auf einige Stunden im Umkraise. -- Weil
es nicht wahrscheinlich ist, daß jemand auf den ein-
samen Gebürgen dort die Karthaus in Zukunft be-
wohnen werde, und weil die Nation die Kosten des
Abreißens wohl niemals daran wenden mögte: so
wird dieses weitläufige Gebäude noch viele Jahr-
hunderte hindurch dem Reisenden ein Dokument
des Aberglaubens und der ascetischen Nachteulerey
bleiben.

Unter den Städten in Frankreich giebt es sehr
wenige, worin bey der gewaltsamen Revolution
nicht Blut geflossen wäre: und zu diesen wenigen
gehört Grenoble. Es steht oder stand zwar da-
mals eine Guillotine auf dem Markte, aber sie
war -- welches den Einwohnern dieser guten Stadt
wahrlich Ehre macht -- noch nicht gebraucht wor-
den.

Die Grenobler schienen mir überhaupt durchaus
gutmüthige Leute zu seyn, wenigstens nahmen sie
uns alle recht freundlich auf, und theilten uns das
Ihrige mit, ohne daß wir sie darum ansprachen.

Wir wurden auch hier in ein Kloster einquar-
tiert, wo unsre Ohnehosen beynahe eine Feuersbrunst
erregt hätten. Wir hatten nämlich frisches Lager-
stroh erhalten, und das alte, worauf, wer weiß,

Aber zum Erſatz dafuͤr beſaß auch dieſe Karthaus
beynahe alles gute Land, alle Wieſen, Weinberge
u. ſ. w. auf einige Stunden im Umkraiſe. — Weil
es nicht wahrſcheinlich iſt, daß jemand auf den ein-
ſamen Gebuͤrgen dort die Karthaus in Zukunft be-
wohnen werde, und weil die Nation die Koſten des
Abreißens wohl niemals daran wenden moͤgte: ſo
wird dieſes weitlaͤufige Gebaͤude noch viele Jahr-
hunderte hindurch dem Reiſenden ein Dokument
des Aberglaubens und der aſcetiſchen Nachteulerey
bleiben.

Unter den Staͤdten in Frankreich giebt es ſehr
wenige, worin bey der gewaltſamen Revolution
nicht Blut gefloſſen waͤre: und zu dieſen wenigen
gehoͤrt Grenoble. Es ſteht oder ſtand zwar da-
mals eine Guillotine auf dem Markte, aber ſie
war — welches den Einwohnern dieſer guten Stadt
wahrlich Ehre macht — noch nicht gebraucht wor-
den.

Die Grenobler ſchienen mir uͤberhaupt durchaus
gutmuͤthige Leute zu ſeyn, wenigſtens nahmen ſie
uns alle recht freundlich auf, und theilten uns das
Ihrige mit, ohne daß wir ſie darum anſprachen.

Wir wurden auch hier in ein Kloſter einquar-
tiert, wo unſre Ohnehoſen beynahe eine Feuersbrunſt
erregt haͤtten. Wir hatten naͤmlich friſches Lager-
ſtroh erhalten, und das alte, worauf, wer weiß,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0384" n="380"/>
Aber zum Er&#x017F;atz dafu&#x0364;r be&#x017F;aß auch die&#x017F;e Karthaus<lb/>
beynahe alles gute Land, alle Wie&#x017F;en, Weinberge<lb/>
u. &#x017F;. w. auf einige Stunden im Umkrai&#x017F;e. &#x2014; Weil<lb/>
es nicht wahr&#x017F;cheinlich i&#x017F;t, daß jemand auf den ein-<lb/>
&#x017F;amen Gebu&#x0364;rgen dort die Karthaus in Zukunft be-<lb/>
wohnen werde, und weil die Nation die Ko&#x017F;ten des<lb/>
Abreißens wohl niemals daran wenden mo&#x0364;gte: &#x017F;o<lb/>
wird die&#x017F;es weitla&#x0364;ufige Geba&#x0364;ude noch viele Jahr-<lb/>
hunderte hindurch dem Rei&#x017F;enden ein Dokument<lb/>
des Aberglaubens und der a&#x017F;ceti&#x017F;chen Nachteulerey<lb/>
bleiben.</p><lb/>
        <p>Unter den Sta&#x0364;dten in Frankreich giebt es &#x017F;ehr<lb/>
wenige, worin bey der gewalt&#x017F;amen Revolution<lb/>
nicht Blut geflo&#x017F;&#x017F;en wa&#x0364;re: und zu die&#x017F;en wenigen<lb/>
geho&#x0364;rt Grenoble. Es &#x017F;teht oder &#x017F;tand zwar da-<lb/>
mals eine Guillotine auf dem Markte, aber &#x017F;ie<lb/>
war &#x2014; welches den Einwohnern die&#x017F;er guten Stadt<lb/>
wahrlich Ehre macht &#x2014; noch nicht gebraucht wor-<lb/>
den.</p><lb/>
        <p>Die Grenobler &#x017F;chienen mir u&#x0364;berhaupt durchaus<lb/>
gutmu&#x0364;thige Leute zu &#x017F;eyn, wenig&#x017F;tens nahmen &#x017F;ie<lb/>
uns alle recht freundlich auf, und theilten uns das<lb/>
Ihrige mit, ohne daß wir &#x017F;ie darum an&#x017F;prachen.</p><lb/>
        <p>Wir wurden auch hier in ein Klo&#x017F;ter einquar-<lb/>
tiert, wo un&#x017F;re Ohneho&#x017F;en beynahe eine Feuersbrun&#x017F;t<lb/>
erregt ha&#x0364;tten. Wir hatten na&#x0364;mlich fri&#x017F;ches Lager-<lb/>
&#x017F;troh erhalten, und das alte, worauf, wer weiß,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[380/0384] Aber zum Erſatz dafuͤr beſaß auch dieſe Karthaus beynahe alles gute Land, alle Wieſen, Weinberge u. ſ. w. auf einige Stunden im Umkraiſe. — Weil es nicht wahrſcheinlich iſt, daß jemand auf den ein- ſamen Gebuͤrgen dort die Karthaus in Zukunft be- wohnen werde, und weil die Nation die Koſten des Abreißens wohl niemals daran wenden moͤgte: ſo wird dieſes weitlaͤufige Gebaͤude noch viele Jahr- hunderte hindurch dem Reiſenden ein Dokument des Aberglaubens und der aſcetiſchen Nachteulerey bleiben. Unter den Staͤdten in Frankreich giebt es ſehr wenige, worin bey der gewaltſamen Revolution nicht Blut gefloſſen waͤre: und zu dieſen wenigen gehoͤrt Grenoble. Es ſteht oder ſtand zwar da- mals eine Guillotine auf dem Markte, aber ſie war — welches den Einwohnern dieſer guten Stadt wahrlich Ehre macht — noch nicht gebraucht wor- den. Die Grenobler ſchienen mir uͤberhaupt durchaus gutmuͤthige Leute zu ſeyn, wenigſtens nahmen ſie uns alle recht freundlich auf, und theilten uns das Ihrige mit, ohne daß wir ſie darum anſprachen. Wir wurden auch hier in ein Kloſter einquar- tiert, wo unſre Ohnehoſen beynahe eine Feuersbrunſt erregt haͤtten. Wir hatten naͤmlich friſches Lager- ſtroh erhalten, und das alte, worauf, wer weiß,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/384
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/384>, abgerufen am 25.11.2024.