wo die Straßen eben so kothig sind, als in der Vor- stadt Glaucha zu Halle.
Fünf ganze Tage brachten wir unterweges zu, obgleich es kaum 20 Stunden von Vienne nach Grenoble sind. Wir machten aber sehr große Um- wege, um Dörfer zu erreichen, und da einmal auf gut sankülottisch zu trinken d. h. ohne zu bezahlen: denn auf den Dörfern zahlt ein ächter Ohnehose nichts. Dann ist auch der Weg in jenem Lande, wegen der fürchterlichen Gebürge, und wegen der vielen Flüsse sehr übel. -- Die Bauren sprechen eine sehr unverständliche Sprache, welche aus Ita- liänisch und Provensalisch zusammengesezt ist, doch verstehen sie meistens das Französische. Die Spra- che dort herum ist noch schändlicher, als die in den Gebürgen von der Franche comte.
Unsre Ohnehosen gingen, wie man weis, nicht zusammen, sondern truppweise in mehreren Haufen, verfolgten auch nicht immer denselben Weg, son- dern schwärmten herum nach den Dörfern, und fragten nur, ob sie auf den Etape nnd nach Gre- noble kommen würden. Endlich sahen wir das friedliche Grenoble von ferne.
Ich hatte bey dem Anblick dieser Stadt so meine ganz eigne Betrachtung und Empfindung. Bey dem Namen dieser Stadt fiel mir ihr Erbauer, der Kai-
wo die Straßen eben ſo kothig ſind, als in der Vor- ſtadt Glaucha zu Halle.
Fuͤnf ganze Tage brachten wir unterweges zu, obgleich es kaum 20 Stunden von Vienne nach Grenoble ſind. Wir machten aber ſehr große Um- wege, um Doͤrfer zu erreichen, und da einmal auf gut ſankuͤlottiſch zu trinken d. h. ohne zu bezahlen: denn auf den Doͤrfern zahlt ein aͤchter Ohnehoſe nichts. Dann iſt auch der Weg in jenem Lande, wegen der fuͤrchterlichen Gebuͤrge, und wegen der vielen Fluͤſſe ſehr uͤbel. — Die Bauren ſprechen eine ſehr unverſtaͤndliche Sprache, welche aus Ita- liaͤniſch und Provenſaliſch zuſammengeſezt iſt, doch verſtehen ſie meiſtens das Franzoͤſiſche. Die Spra- che dort herum iſt noch ſchaͤndlicher, als die in den Gebuͤrgen von der Franche comté.
Unſre Ohnehoſen gingen, wie man weis, nicht zuſammen, ſondern truppweiſe in mehreren Haufen, verfolgten auch nicht immer denſelben Weg, ſon- dern ſchwaͤrmten herum nach den Doͤrfern, und fragten nur, ob ſie auf den Etape nnd nach Gre- noble kommen wuͤrden. Endlich ſahen wir das friedliche Grenoble von ferne.
Ich hatte bey dem Anblick dieſer Stadt ſo meine ganz eigne Betrachtung und Empfindung. Bey dem Namen dieſer Stadt fiel mir ihr Erbauer, der Kai-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0380"n="376"/>
wo die Straßen eben ſo kothig ſind, als in der Vor-<lb/>ſtadt Glaucha zu Halle.</p><lb/><p>Fuͤnf ganze Tage brachten wir unterweges zu,<lb/>
obgleich es kaum 20 Stunden von Vienne nach<lb/>
Grenoble ſind. Wir machten aber ſehr große Um-<lb/>
wege, um Doͤrfer zu erreichen, und da einmal auf<lb/>
gut ſankuͤlottiſch zu trinken d. h. ohne zu bezahlen:<lb/>
denn auf den Doͤrfern zahlt ein aͤchter Ohnehoſe<lb/>
nichts. Dann iſt auch der Weg in jenem Lande,<lb/>
wegen der fuͤrchterlichen Gebuͤrge, und wegen der<lb/>
vielen Fluͤſſe ſehr uͤbel. — Die Bauren ſprechen<lb/>
eine ſehr unverſtaͤndliche Sprache, welche aus Ita-<lb/>
liaͤniſch und Provenſaliſch zuſammengeſezt iſt, doch<lb/>
verſtehen ſie meiſtens das Franzoͤſiſche. Die Spra-<lb/>
che dort herum iſt noch ſchaͤndlicher, als die in den<lb/>
Gebuͤrgen von der <hirendition="#g">Franche comt<hirendition="#aq">é</hi></hi>.</p><lb/><p>Unſre Ohnehoſen gingen, wie man weis, nicht<lb/>
zuſammen, ſondern truppweiſe in mehreren Haufen,<lb/>
verfolgten auch nicht immer denſelben Weg, ſon-<lb/>
dern ſchwaͤrmten herum nach den Doͤrfern, und<lb/>
fragten nur, ob ſie auf den <hirendition="#g">Etape</hi> nnd nach Gre-<lb/>
noble kommen wuͤrden. Endlich ſahen wir das<lb/>
friedliche <hirendition="#g">Grenoble</hi> von ferne.</p><lb/><p>Ich hatte bey dem Anblick dieſer Stadt ſo meine<lb/>
ganz eigne Betrachtung und Empfindung. Bey dem<lb/>
Namen dieſer Stadt fiel mir ihr Erbauer, der Kai-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[376/0380]
wo die Straßen eben ſo kothig ſind, als in der Vor-
ſtadt Glaucha zu Halle.
Fuͤnf ganze Tage brachten wir unterweges zu,
obgleich es kaum 20 Stunden von Vienne nach
Grenoble ſind. Wir machten aber ſehr große Um-
wege, um Doͤrfer zu erreichen, und da einmal auf
gut ſankuͤlottiſch zu trinken d. h. ohne zu bezahlen:
denn auf den Doͤrfern zahlt ein aͤchter Ohnehoſe
nichts. Dann iſt auch der Weg in jenem Lande,
wegen der fuͤrchterlichen Gebuͤrge, und wegen der
vielen Fluͤſſe ſehr uͤbel. — Die Bauren ſprechen
eine ſehr unverſtaͤndliche Sprache, welche aus Ita-
liaͤniſch und Provenſaliſch zuſammengeſezt iſt, doch
verſtehen ſie meiſtens das Franzoͤſiſche. Die Spra-
che dort herum iſt noch ſchaͤndlicher, als die in den
Gebuͤrgen von der Franche comté.
Unſre Ohnehoſen gingen, wie man weis, nicht
zuſammen, ſondern truppweiſe in mehreren Haufen,
verfolgten auch nicht immer denſelben Weg, ſon-
dern ſchwaͤrmten herum nach den Doͤrfern, und
fragten nur, ob ſie auf den Etape nnd nach Gre-
noble kommen wuͤrden. Endlich ſahen wir das
friedliche Grenoble von ferne.
Ich hatte bey dem Anblick dieſer Stadt ſo meine
ganz eigne Betrachtung und Empfindung. Bey dem
Namen dieſer Stadt fiel mir ihr Erbauer, der Kai-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/380>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.