Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

wo die Straßen eben so kothig sind, als in der Vor-
stadt Glaucha zu Halle.

Fünf ganze Tage brachten wir unterweges zu,
obgleich es kaum 20 Stunden von Vienne nach
Grenoble sind. Wir machten aber sehr große Um-
wege, um Dörfer zu erreichen, und da einmal auf
gut sankülottisch zu trinken d. h. ohne zu bezahlen:
denn auf den Dörfern zahlt ein ächter Ohnehose
nichts. Dann ist auch der Weg in jenem Lande,
wegen der fürchterlichen Gebürge, und wegen der
vielen Flüsse sehr übel. -- Die Bauren sprechen
eine sehr unverständliche Sprache, welche aus Ita-
liänisch und Provensalisch zusammengesezt ist, doch
verstehen sie meistens das Französische. Die Spra-
che dort herum ist noch schändlicher, als die in den
Gebürgen von der Franche comte.

Unsre Ohnehosen gingen, wie man weis, nicht
zusammen, sondern truppweise in mehreren Haufen,
verfolgten auch nicht immer denselben Weg, son-
dern schwärmten herum nach den Dörfern, und
fragten nur, ob sie auf den Etape nnd nach Gre-
noble kommen würden. Endlich sahen wir das
friedliche Grenoble von ferne.

Ich hatte bey dem Anblick dieser Stadt so meine
ganz eigne Betrachtung und Empfindung. Bey dem
Namen dieser Stadt fiel mir ihr Erbauer, der Kai-

wo die Straßen eben ſo kothig ſind, als in der Vor-
ſtadt Glaucha zu Halle.

Fuͤnf ganze Tage brachten wir unterweges zu,
obgleich es kaum 20 Stunden von Vienne nach
Grenoble ſind. Wir machten aber ſehr große Um-
wege, um Doͤrfer zu erreichen, und da einmal auf
gut ſankuͤlottiſch zu trinken d. h. ohne zu bezahlen:
denn auf den Doͤrfern zahlt ein aͤchter Ohnehoſe
nichts. Dann iſt auch der Weg in jenem Lande,
wegen der fuͤrchterlichen Gebuͤrge, und wegen der
vielen Fluͤſſe ſehr uͤbel. — Die Bauren ſprechen
eine ſehr unverſtaͤndliche Sprache, welche aus Ita-
liaͤniſch und Provenſaliſch zuſammengeſezt iſt, doch
verſtehen ſie meiſtens das Franzoͤſiſche. Die Spra-
che dort herum iſt noch ſchaͤndlicher, als die in den
Gebuͤrgen von der Franche comté.

Unſre Ohnehoſen gingen, wie man weis, nicht
zuſammen, ſondern truppweiſe in mehreren Haufen,
verfolgten auch nicht immer denſelben Weg, ſon-
dern ſchwaͤrmten herum nach den Doͤrfern, und
fragten nur, ob ſie auf den Etape nnd nach Gre-
noble kommen wuͤrden. Endlich ſahen wir das
friedliche Grenoble von ferne.

Ich hatte bey dem Anblick dieſer Stadt ſo meine
ganz eigne Betrachtung und Empfindung. Bey dem
Namen dieſer Stadt fiel mir ihr Erbauer, der Kai-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0380" n="376"/>
wo die Straßen eben &#x017F;o kothig &#x017F;ind, als in der Vor-<lb/>
&#x017F;tadt Glaucha zu Halle.</p><lb/>
        <p>Fu&#x0364;nf ganze Tage brachten wir unterweges zu,<lb/>
obgleich es kaum 20 Stunden von Vienne nach<lb/>
Grenoble &#x017F;ind. Wir machten aber &#x017F;ehr große Um-<lb/>
wege, um Do&#x0364;rfer zu erreichen, und da einmal auf<lb/>
gut &#x017F;anku&#x0364;lotti&#x017F;ch zu trinken d. h. ohne zu bezahlen:<lb/>
denn auf den Do&#x0364;rfern zahlt ein a&#x0364;chter Ohneho&#x017F;e<lb/>
nichts. Dann i&#x017F;t auch der Weg in jenem Lande,<lb/>
wegen der fu&#x0364;rchterlichen Gebu&#x0364;rge, und wegen der<lb/>
vielen Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ehr u&#x0364;bel. &#x2014; Die Bauren &#x017F;prechen<lb/>
eine &#x017F;ehr unver&#x017F;ta&#x0364;ndliche Sprache, welche aus Ita-<lb/>
lia&#x0364;ni&#x017F;ch und Proven&#x017F;ali&#x017F;ch zu&#x017F;ammenge&#x017F;ezt i&#x017F;t, doch<lb/>
ver&#x017F;tehen &#x017F;ie mei&#x017F;tens das Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che. Die Spra-<lb/>
che dort herum i&#x017F;t noch &#x017F;cha&#x0364;ndlicher, als die in den<lb/>
Gebu&#x0364;rgen von der <hi rendition="#g">Franche comt<hi rendition="#aq">é</hi></hi>.</p><lb/>
        <p>Un&#x017F;re Ohneho&#x017F;en gingen, wie man weis, nicht<lb/>
zu&#x017F;ammen, &#x017F;ondern truppwei&#x017F;e in mehreren Haufen,<lb/>
verfolgten auch nicht immer den&#x017F;elben Weg, &#x017F;on-<lb/>
dern &#x017F;chwa&#x0364;rmten herum nach den Do&#x0364;rfern, und<lb/>
fragten nur, ob &#x017F;ie auf den <hi rendition="#g">Etape</hi> nnd nach Gre-<lb/>
noble kommen wu&#x0364;rden. Endlich &#x017F;ahen wir das<lb/>
friedliche <hi rendition="#g">Grenoble</hi> von ferne.</p><lb/>
        <p>Ich hatte bey dem Anblick die&#x017F;er Stadt &#x017F;o meine<lb/>
ganz eigne Betrachtung und Empfindung. Bey dem<lb/>
Namen die&#x017F;er Stadt fiel mir ihr Erbauer, der Kai-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[376/0380] wo die Straßen eben ſo kothig ſind, als in der Vor- ſtadt Glaucha zu Halle. Fuͤnf ganze Tage brachten wir unterweges zu, obgleich es kaum 20 Stunden von Vienne nach Grenoble ſind. Wir machten aber ſehr große Um- wege, um Doͤrfer zu erreichen, und da einmal auf gut ſankuͤlottiſch zu trinken d. h. ohne zu bezahlen: denn auf den Doͤrfern zahlt ein aͤchter Ohnehoſe nichts. Dann iſt auch der Weg in jenem Lande, wegen der fuͤrchterlichen Gebuͤrge, und wegen der vielen Fluͤſſe ſehr uͤbel. — Die Bauren ſprechen eine ſehr unverſtaͤndliche Sprache, welche aus Ita- liaͤniſch und Provenſaliſch zuſammengeſezt iſt, doch verſtehen ſie meiſtens das Franzoͤſiſche. Die Spra- che dort herum iſt noch ſchaͤndlicher, als die in den Gebuͤrgen von der Franche comté. Unſre Ohnehoſen gingen, wie man weis, nicht zuſammen, ſondern truppweiſe in mehreren Haufen, verfolgten auch nicht immer denſelben Weg, ſon- dern ſchwaͤrmten herum nach den Doͤrfern, und fragten nur, ob ſie auf den Etape nnd nach Gre- noble kommen wuͤrden. Endlich ſahen wir das friedliche Grenoble von ferne. Ich hatte bey dem Anblick dieſer Stadt ſo meine ganz eigne Betrachtung und Empfindung. Bey dem Namen dieſer Stadt fiel mir ihr Erbauer, der Kai-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/380
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/380>, abgerufen am 25.11.2024.