ermahnte mich zur ewigen Liebe der Freyheit, als dem einzigen Glück der Menschen. Da meine Leser schon wissen, was Landrin eigentlich unter Freyheit verstand, so können sie auch denken, wozu mich der ehrliche Rothkopf ermahnte. Ich weinte bey dem Abschiede von diesem Biedermann: auch die Volontärs gaben mir die Hand, und wünsch- ten mir alles Glück. Ewig wird Landrin mir unvergeßlich seyn, und nimmermehr werde ich das oben erwähnte Sprichwort als eine allgemeine Wahrheit gelten lassen.
Ich war nun ganz allein, und ging bis zum ersten Etape, ohngefähr fünf Stunden weit, wo ich über Nacht blieb. -- Das Wort Etape wird wohl meinen Lesern größtentheils unverständlich seyn: ich will es daher erklären, zumal, da es kein deutsches Wort giebt, das es völlig aus- drückt.
Seit der Revolution hat man aus allen Gegen- den des innern Frankreichs nach den Gränzen zu gewisse Stationen angelegt, welche ein reisender Soldat täglich bequem zurücklegen kann. Auf die- sen Stationen muß er allemal seinen Paß zeigen, und ihn unterschreiben lassen. Dann bekömmt er frey Quartier, 11/2 Pfund Brod, 1/2 Pfund Fleisch und eine Bouteille Wein. Solche Stationen hei- ßen Etapes, und die Versorger derselben -- Etapi[ers.].
ermahnte mich zur ewigen Liebe der Freyheit, als dem einzigen Gluͤck der Menſchen. Da meine Leſer ſchon wiſſen, was Landrin eigentlich unter Freyheit verſtand, ſo koͤnnen ſie auch denken, wozu mich der ehrliche Rothkopf ermahnte. Ich weinte bey dem Abſchiede von dieſem Biedermann: auch die Volontaͤrs gaben mir die Hand, und wuͤnſch- ten mir alles Gluͤck. Ewig wird Landrin mir unvergeßlich ſeyn, und nimmermehr werde ich das oben erwaͤhnte Sprichwort als eine allgemeine Wahrheit gelten laſſen.
Ich war nun ganz allein, und ging bis zum erſten Etape, ohngefaͤhr fuͤnf Stunden weit, wo ich uͤber Nacht blieb. — Das Wort Etape wird wohl meinen Leſern groͤßtentheils unverſtaͤndlich ſeyn: ich will es daher erklaͤren, zumal, da es kein deutſches Wort giebt, das es voͤllig aus- druͤckt.
Seit der Revolution hat man aus allen Gegen- den des innern Frankreichs nach den Graͤnzen zu gewiſſe Stationen angelegt, welche ein reiſender Soldat taͤglich bequem zuruͤcklegen kann. Auf die- ſen Stationen muß er allemal ſeinen Paß zeigen, und ihn unterſchreiben laſſen. Dann bekoͤmmt er frey Quartier, 1½ Pfund Brod, ½ Pfund Fleiſch und eine Bouteille Wein. Solche Stationen hei- ßen Etapes, und die Verſorger derſelben — Etapi[ers.].
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0339"n="335"/>
ermahnte mich zur ewigen Liebe der Freyheit, als<lb/>
dem einzigen Gluͤck der Menſchen. Da meine<lb/>
Leſer ſchon wiſſen, was <hirendition="#g">Landrin</hi> eigentlich unter<lb/>
Freyheit verſtand, ſo koͤnnen ſie auch denken, wozu<lb/>
mich der ehrliche Rothkopf ermahnte. Ich weinte<lb/>
bey dem Abſchiede von dieſem Biedermann: auch<lb/>
die Volontaͤrs gaben mir die Hand, und wuͤnſch-<lb/>
ten mir alles Gluͤck. Ewig wird <hirendition="#g">Landrin</hi> mir<lb/>
unvergeßlich ſeyn, und nimmermehr werde ich das<lb/>
oben erwaͤhnte Sprichwort als eine allgemeine<lb/>
Wahrheit gelten laſſen.</p><lb/><p>Ich war nun ganz allein, und ging bis zum<lb/>
erſten <hirendition="#aq">Etape,</hi> ohngefaͤhr fuͤnf Stunden weit, wo<lb/>
ich uͤber Nacht blieb. — Das Wort <hirendition="#aq">Etape</hi> wird<lb/>
wohl meinen Leſern groͤßtentheils unverſtaͤndlich<lb/>ſeyn: ich will es daher erklaͤren, zumal, da es<lb/>
kein deutſches Wort giebt, das es voͤllig aus-<lb/>
druͤckt.</p><lb/><p>Seit der Revolution hat man aus allen Gegen-<lb/>
den des innern Frankreichs nach den Graͤnzen zu<lb/>
gewiſſe Stationen angelegt, welche ein reiſender<lb/>
Soldat taͤglich bequem zuruͤcklegen kann. Auf die-<lb/>ſen Stationen muß er allemal ſeinen Paß zeigen,<lb/>
und ihn unterſchreiben laſſen. Dann bekoͤmmt er<lb/>
frey Quartier, 1½ Pfund Brod, ½ Pfund Fleiſch<lb/>
und eine Bouteille Wein. Solche Stationen hei-<lb/>
ßen <hirendition="#aq">Etapes</hi>, und die Verſorger derſelben —<hirendition="#aq">Etapi<supplied>ers.</supplied></hi>.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[335/0339]
ermahnte mich zur ewigen Liebe der Freyheit, als
dem einzigen Gluͤck der Menſchen. Da meine
Leſer ſchon wiſſen, was Landrin eigentlich unter
Freyheit verſtand, ſo koͤnnen ſie auch denken, wozu
mich der ehrliche Rothkopf ermahnte. Ich weinte
bey dem Abſchiede von dieſem Biedermann: auch
die Volontaͤrs gaben mir die Hand, und wuͤnſch-
ten mir alles Gluͤck. Ewig wird Landrin mir
unvergeßlich ſeyn, und nimmermehr werde ich das
oben erwaͤhnte Sprichwort als eine allgemeine
Wahrheit gelten laſſen.
Ich war nun ganz allein, und ging bis zum
erſten Etape, ohngefaͤhr fuͤnf Stunden weit, wo
ich uͤber Nacht blieb. — Das Wort Etape wird
wohl meinen Leſern groͤßtentheils unverſtaͤndlich
ſeyn: ich will es daher erklaͤren, zumal, da es
kein deutſches Wort giebt, das es voͤllig aus-
druͤckt.
Seit der Revolution hat man aus allen Gegen-
den des innern Frankreichs nach den Graͤnzen zu
gewiſſe Stationen angelegt, welche ein reiſender
Soldat taͤglich bequem zuruͤcklegen kann. Auf die-
ſen Stationen muß er allemal ſeinen Paß zeigen,
und ihn unterſchreiben laſſen. Dann bekoͤmmt er
frey Quartier, 1½ Pfund Brod, ½ Pfund Fleiſch
und eine Bouteille Wein. Solche Stationen hei-
ßen Etapes, und die Verſorger derſelben — Etapiers..
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/339>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.