daß die wahre Religion d. i. der ächte Deismus in Zukunft Gewinn und keinen Nachtheil von der gegenwärtigen Veränderung dieser Dinge in Frank- reich ziehen wird. Frankreichs Beyspiel wird end- lich weiter wirken, und man wird aufhören, ein Kirchen-Christ zu seyn, um ein Vernunft-Christ nach Christi Sinn zu werden. Also auch dafür wird die Nachwelt Frankreich danken und erheben. Doch die Ausführung dieser Gedanken, und die wahre Würdi- gung des französischen Religions-Instituts, muß ich Andern überlassen, die geschickter und einsichtiger und mit dem Gange der menschlichen Erkenntniß und der moralischen Vervollkommung bekannter sind, als ich.
Das Fest des höchsten Wesens (Fete de l'Etre Supreme) wurde, dem obigem Dekrete zu Folge, im Jun 1794 in Paris und in allen Städten Frank- reichs mit ungemeiner Pracht und Eifer gefeyert. Eine nähere Beschreibung davon zu liefern wäre überflüßig: denn das ist schon, denk' ich, von An- dern hinlänglich geschehen. -- Ueber allen Tem- peln der Vernunft, welche von jener Zeit an Tem- pel des höchsten Wesens und der bürger- lichen Tugend (temples de l'Etre supreme et des vertus civiques) hießen, wurde mit goldner Schrift angeschrieben: "Das französische Volk er- kennt das Daseyn des höchsten Wesens und die Nothwendigkeit, dasselbe durch Ausübung der Bür-
daß die wahre Religion d. i. der aͤchte Deismus in Zukunft Gewinn und keinen Nachtheil von der gegenwaͤrtigen Veraͤnderung dieſer Dinge in Frank- reich ziehen wird. Frankreichs Beyſpiel wird end- lich weiter wirken, und man wird aufhoͤren, ein Kirchen-Chriſt zu ſeyn, um ein Vernunft-Chriſt nach Chriſti Sinn zu werden. Alſo auch dafuͤr wird die Nachwelt Frankreich danken und erheben. Doch die Ausfuͤhrung dieſer Gedanken, und die wahre Wuͤrdi- gung des franzoͤſiſchen Religions-Inſtituts, muß ich Andern uͤberlaſſen, die geſchickter und einſichtiger und mit dem Gange der menſchlichen Erkenntniß und der moraliſchen Vervollkommung bekannter ſind, als ich.
Das Feſt des hoͤchſten Weſens (Fête de l'Etre Supreme) wurde, dem obigem Dekrete zu Folge, im Jun 1794 in Paris und in allen Staͤdten Frank- reichs mit ungemeiner Pracht und Eifer gefeyert. Eine naͤhere Beſchreibung davon zu liefern waͤre uͤberfluͤßig: denn das iſt ſchon, denk' ich, von An- dern hinlaͤnglich geſchehen. — Ueber allen Tem- peln der Vernunft, welche von jener Zeit an Tem- pel des hoͤchſten Weſens und der buͤrger- lichen Tugend (temples de l'Etre ſupreme et des vertus civiques) hießen, wurde mit goldner Schrift angeſchrieben: „Das franzoͤſiſche Volk er- kennt das Daſeyn des hoͤchſten Weſens und die Nothwendigkeit, daſſelbe durch Ausuͤbung der Buͤr-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0306"n="302"/>
daß die wahre Religion d. i. der aͤchte Deismus<lb/>
in Zukunft Gewinn und keinen Nachtheil von der<lb/>
gegenwaͤrtigen Veraͤnderung dieſer Dinge in Frank-<lb/>
reich ziehen wird. Frankreichs Beyſpiel wird end-<lb/>
lich weiter wirken, und man wird aufhoͤren, ein<lb/>
Kirchen-Chriſt zu ſeyn, um ein Vernunft-Chriſt nach<lb/>
Chriſti Sinn zu werden. Alſo auch dafuͤr wird die<lb/>
Nachwelt Frankreich danken und erheben. Doch die<lb/>
Ausfuͤhrung dieſer Gedanken, und die wahre Wuͤrdi-<lb/>
gung des franzoͤſiſchen Religions-Inſtituts, muß ich<lb/>
Andern uͤberlaſſen, die geſchickter und einſichtiger und<lb/>
mit dem Gange der menſchlichen Erkenntniß und der<lb/>
moraliſchen Vervollkommung bekannter ſind, als ich.</p><lb/><p>Das Feſt des hoͤchſten Weſens (<hirendition="#aq">Fête de l'Etre<lb/>
Supreme</hi>) wurde, dem obigem Dekrete zu Folge,<lb/>
im Jun 1794 in Paris und in allen Staͤdten Frank-<lb/>
reichs mit ungemeiner Pracht und Eifer gefeyert.<lb/>
Eine naͤhere Beſchreibung davon zu liefern waͤre<lb/>
uͤberfluͤßig: denn das iſt ſchon, denk' ich, von An-<lb/>
dern hinlaͤnglich geſchehen. — Ueber allen Tem-<lb/>
peln der Vernunft, welche von jener Zeit an <hirendition="#g">Tem</hi>-<lb/><hirendition="#g">pel des hoͤchſten Weſens und der buͤrger</hi>-<lb/><hirendition="#g">lichen Tugend</hi> (<hirendition="#aq">temples de l'Etre ſupreme et<lb/>
des vertus civiques</hi>) hießen, wurde mit goldner<lb/>
Schrift angeſchrieben: „Das franzoͤſiſche Volk er-<lb/>
kennt das Daſeyn des hoͤchſten Weſens und die<lb/>
Nothwendigkeit, daſſelbe durch Ausuͤbung der Buͤr-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[302/0306]
daß die wahre Religion d. i. der aͤchte Deismus
in Zukunft Gewinn und keinen Nachtheil von der
gegenwaͤrtigen Veraͤnderung dieſer Dinge in Frank-
reich ziehen wird. Frankreichs Beyſpiel wird end-
lich weiter wirken, und man wird aufhoͤren, ein
Kirchen-Chriſt zu ſeyn, um ein Vernunft-Chriſt nach
Chriſti Sinn zu werden. Alſo auch dafuͤr wird die
Nachwelt Frankreich danken und erheben. Doch die
Ausfuͤhrung dieſer Gedanken, und die wahre Wuͤrdi-
gung des franzoͤſiſchen Religions-Inſtituts, muß ich
Andern uͤberlaſſen, die geſchickter und einſichtiger und
mit dem Gange der menſchlichen Erkenntniß und der
moraliſchen Vervollkommung bekannter ſind, als ich.
Das Feſt des hoͤchſten Weſens (Fête de l'Etre
Supreme) wurde, dem obigem Dekrete zu Folge,
im Jun 1794 in Paris und in allen Staͤdten Frank-
reichs mit ungemeiner Pracht und Eifer gefeyert.
Eine naͤhere Beſchreibung davon zu liefern waͤre
uͤberfluͤßig: denn das iſt ſchon, denk' ich, von An-
dern hinlaͤnglich geſchehen. — Ueber allen Tem-
peln der Vernunft, welche von jener Zeit an Tem-
pel des hoͤchſten Weſens und der buͤrger-
lichen Tugend (temples de l'Etre ſupreme et
des vertus civiques) hießen, wurde mit goldner
Schrift angeſchrieben: „Das franzoͤſiſche Volk er-
kennt das Daſeyn des hoͤchſten Weſens und die
Nothwendigkeit, daſſelbe durch Ausuͤbung der Buͤr-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/306>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.