dem Munde eines philosophischen Königs! Und un- ter solchen Königen bedarf das Volk keiner positiven Zwangs-Religion, um mit seinem Haupte -- wel- ches ein Einziger oder Mehrere seyn mögen -- als Staat zu bestehen.
Aber sobald man ein dummes, sklavisches Volk mit einem Regenten denkt, dessen Willkühr Gesetz, und dessen Grillen unverbrüchliche Vorschriften sind, und der es für Oberverwaltungsamt angemeßner hält, Sklaven sklavisch weiter zu beherrschen, als sie und sich durch zweckmäßige Cultur zu veredeln, um über Menschen Menschenwürdig zu herrschen: dann freilich scheint es, daß ein solches Volk un- ter einem solchen Fürsten eine Hohepriester-Reli- gion nöthig habe, die den lieben Gott zum Po- panz und zum eigensinnigen Tyrannen herabwür- dige, und ihn ja nicht, wie Christus that, als den liebevollen Vater aller Geschöpfe, vorzüglich der vernünftigen, darstelle.
Eine solche Religion mit einem solchen Gotte ersezt dann freilich bey einem solchen Volke durch die Gewalt der Phantasie das, was die Regie- rungskunst in der Stärke der Vernunft des Ober- verwalters, oder in der Staatsverfassung für die- ses Volk nicht findet. Keiner hat diese theologisch- politische Maschinerie stärker ins Licht gestellt, als der einsichtige und freymüthige Verfasser von dem
dem Munde eines philoſophiſchen Koͤnigs! Und un- ter ſolchen Koͤnigen bedarf das Volk keiner poſitiven Zwangs-Religion, um mit ſeinem Haupte — wel- ches ein Einziger oder Mehrere ſeyn moͤgen — als Staat zu beſtehen.
Aber ſobald man ein dummes, ſklaviſches Volk mit einem Regenten denkt, deſſen Willkuͤhr Geſetz, und deſſen Grillen unverbruͤchliche Vorſchriften ſind, und der es fuͤr Oberverwaltungsamt angemeßner haͤlt, Sklaven ſklaviſch weiter zu beherrſchen, als ſie und ſich durch zweckmaͤßige Cultur zu veredeln, um uͤber Menſchen Menſchenwuͤrdig zu herrſchen: dann freilich ſcheint es, daß ein ſolches Volk un- ter einem ſolchen Fuͤrſten eine Hoheprieſter-Reli- gion noͤthig habe, die den lieben Gott zum Po- panz und zum eigenſinnigen Tyrannen herabwuͤr- dige, und ihn ja nicht, wie Chriſtus that, als den liebevollen Vater aller Geſchoͤpfe, vorzuͤglich der vernuͤnftigen, darſtelle.
Eine ſolche Religion mit einem ſolchen Gotte erſezt dann freilich bey einem ſolchen Volke durch die Gewalt der Phantaſie das, was die Regie- rungskunſt in der Staͤrke der Vernunft des Ober- verwalters, oder in der Staatsverfaſſung fuͤr die- ſes Volk nicht findet. Keiner hat dieſe theologiſch- politiſche Maſchinerie ſtaͤrker ins Licht geſtellt, als der einſichtige und freymuͤthige Verfaſſer von dem
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dem Munde eines philoſophiſchen Koͤnigs! Und un-
ter ſolchen Koͤnigen bedarf das Volk keiner poſitiven
Zwangs-Religion, um mit ſeinem Haupte — wel-
ches ein Einziger oder Mehrere ſeyn moͤgen — als
Staat zu beſtehen.
Aber ſobald man ein dummes, ſklaviſches Volk
mit einem Regenten denkt, deſſen Willkuͤhr Geſetz,
und deſſen Grillen unverbruͤchliche Vorſchriften ſind,
und der es fuͤr Oberverwaltungsamt angemeßner
haͤlt, Sklaven ſklaviſch weiter zu beherrſchen, als
ſie und ſich durch zweckmaͤßige Cultur zu veredeln,
um uͤber Menſchen Menſchenwuͤrdig zu herrſchen:
dann freilich ſcheint es, daß ein ſolches Volk un-
ter einem ſolchen Fuͤrſten eine Hoheprieſter-Reli-
gion noͤthig habe, die den lieben Gott zum Po-
panz und zum eigenſinnigen Tyrannen herabwuͤr-
dige, und ihn ja nicht, wie Chriſtus that, als
den liebevollen Vater aller Geſchoͤpfe, vorzuͤglich
der vernuͤnftigen, darſtelle.
Eine ſolche Religion mit einem ſolchen Gotte
erſezt dann freilich bey einem ſolchen Volke durch
die Gewalt der Phantaſie das, was die Regie-
rungskunſt in der Staͤrke der Vernunft des Ober-
verwalters, oder in der Staatsverfaſſung fuͤr die-
ſes Volk nicht findet. Keiner hat dieſe theologiſch-
politiſche Maſchinerie ſtaͤrker ins Licht geſtellt, als
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/296>, abgerufen am 22.11.2024.
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