gemeinen Ideen über die fränkischen Angelegenhei- ten nach Erfahrung und im Besondern zu rektifizi- ren und Manches besser einzusehen, als ich es vor- her einzusehen im Stande war. Ich hatte zwar schon bey den Preußen Vieles kennen und verglei- chen lernen, hatte manchen Irthum, der unsern Leuten anhing, und vielen noch anhängt, abge- legt, und Manches richtig abstrahirt; allein ich hatte doch noch nichts so selbst an Ort und Stelle mitangesehen, und war noch nicht bey Republi- kanern gewesen. Ich hielt es daher nun für meine Schuldigkeit, die Sache, so viel ich davon einse- hen konnte, genau zu betrachten, und so tief in sie einzudringen, als es meine Kräfte gestatteten. Das habe ich denn, so lange ich mich bey den Fran- zosen, vom 26ten September 1793 bis den 4ten Februar 1795, aufgehalten habe, treulich gethan, und kein Tag ist mir vergangen, wo ich nicht ei- niges Bemerkungswürdige gesehen, gehört oder erfahren hätte. Wenn nun meine Leser bedenken, daß gerade in diese Zeit, die ich in Frankreich zu- brachte, die wichtigsten Begebenheiten dieser Repu- blik, sowohl im Innern als im Aeußern fallen, so werden sie gewiß keine Langeweile bey meiner Erzählung empfinden, welche ich auch so voll- ständig und so gründlich liefern werde, als es mei- ne freilich sehr beschränkte Bemerkungsfähigkeit
gemeinen Ideen uͤber die fraͤnkiſchen Angelegenhei- ten nach Erfahrung und im Beſondern zu rektifizi- ren und Manches beſſer einzuſehen, als ich es vor- her einzuſehen im Stande war. Ich hatte zwar ſchon bey den Preußen Vieles kennen und verglei- chen lernen, hatte manchen Irthum, der unſern Leuten anhing, und vielen noch anhaͤngt, abge- legt, und Manches richtig abſtrahirt; allein ich hatte doch noch nichts ſo ſelbſt an Ort und Stelle mitangeſehen, und war noch nicht bey Republi- kanern geweſen. Ich hielt es daher nun fuͤr meine Schuldigkeit, die Sache, ſo viel ich davon einſe- hen konnte, genau zu betrachten, und ſo tief in ſie einzudringen, als es meine Kraͤfte geſtatteten. Das habe ich denn, ſo lange ich mich bey den Fran- zoſen, vom 26ten September 1793 bis den 4ten Februar 1795, aufgehalten habe, treulich gethan, und kein Tag iſt mir vergangen, wo ich nicht ei- niges Bemerkungswuͤrdige geſehen, gehoͤrt oder erfahren haͤtte. Wenn nun meine Leſer bedenken, daß gerade in dieſe Zeit, die ich in Frankreich zu- brachte, die wichtigſten Begebenheiten dieſer Repu- blik, ſowohl im Innern als im Aeußern fallen, ſo werden ſie gewiß keine Langeweile bey meiner Erzaͤhlung empfinden, welche ich auch ſo voll- ſtaͤndig und ſo gruͤndlich liefern werde, als es mei- ne freilich ſehr beſchraͤnkte Bemerkungsfaͤhigkeit
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gemeinen Ideen uͤber die fraͤnkiſchen Angelegenhei-
ten nach Erfahrung und im Beſondern zu rektifizi-
ren und Manches beſſer einzuſehen, als ich es vor-
her einzuſehen im Stande war. Ich hatte zwar
ſchon bey den Preußen Vieles kennen und verglei-
chen lernen, hatte manchen Irthum, der unſern
Leuten anhing, und vielen noch anhaͤngt, abge-
legt, und Manches richtig abſtrahirt; allein ich
hatte doch noch nichts ſo ſelbſt an Ort und Stelle
mitangeſehen, und war noch nicht bey Republi-
kanern geweſen. Ich hielt es daher nun fuͤr meine
Schuldigkeit, die Sache, ſo viel ich davon einſe-
hen konnte, genau zu betrachten, und ſo tief in
ſie einzudringen, als es meine Kraͤfte geſtatteten.
Das habe ich denn, ſo lange ich mich bey den Fran-
zoſen, vom 26ten September 1793 bis den 4ten
Februar 1795, aufgehalten habe, treulich gethan,
und kein Tag iſt mir vergangen, wo ich nicht ei-
niges Bemerkungswuͤrdige geſehen, gehoͤrt oder
erfahren haͤtte. Wenn nun meine Leſer bedenken,
daß gerade in dieſe Zeit, die ich in Frankreich zu-
brachte, die wichtigſten Begebenheiten dieſer Repu-
blik, ſowohl im Innern als im Aeußern fallen,
ſo werden ſie gewiß keine Langeweile bey meiner
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ne freilich ſehr beſchraͤnkte Bemerkungsfaͤhigkeit
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/22>, abgerufen am 21.11.2024.
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