Quartier, als jene: aber Gefangne und Deserteurs blieben noch immer beysammen. Wir wurden sehr gut verpflegt, erhielten Brod, Fleisch und Wein, und lagen auf guten Strohsäcken in warmen Zim- mern.
Ich hatte ehemals diese Palais oder Hotel Darmstadt, eins der schönsten und größten Ge- bäude in ganz Strasburg, schon gesehen: aber zu der Zeit war es noch die Wohnung eines Prinzen; wenigstens wohnte der Landgraf allemal da, wenn er nach Strasburg kam. Sein Wappen stand sonst über dem Thore; aber jezt war es zertrümmert, und die Nation hatte sich das Gebäude, nebst al- len reichen Domänen, die der Landgraf im Elsaß besaß, zugeeignet, aber erst, seitdem er seine Trup- pen noch vor der Errichtung der Reichsarmee, im November 1792, den Preußen zu Hülfsvölkern gegeben hatte. Damals war noch keine Reichsar- mee, und der Landgraf war noch neutral, oder konnte doch noch neutral bleiben. Seit dieser Zeit hatte auch Rühl ein Dekret bey dem Konvent ausge- wirkt, daß man dem Landgrafen von Hessen-Darm- stadt keine Schadloshaltung geben sollte: wie man sie ihm vorher versprochen hatte für alle seine Be- sitzungen im Elsaß. Ob hierin die Franzosen Recht gehabt haben, mögen die Publizisten untersuchen. Das Wappen war also am Schloße herabgerissen,
Quartier, als jene: aber Gefangne und Deſerteurs blieben noch immer beyſammen. Wir wurden ſehr gut verpflegt, erhielten Brod, Fleiſch und Wein, und lagen auf guten Strohſaͤcken in warmen Zim- mern.
Ich hatte ehemals dieſe Palais oder Hôtel Darmſtadt, eins der ſchoͤnſten und groͤßten Ge- baͤude in ganz Strasburg, ſchon geſehen: aber zu der Zeit war es noch die Wohnung eines Prinzen; wenigſtens wohnte der Landgraf allemal da, wenn er nach Strasburg kam. Sein Wappen ſtand ſonſt uͤber dem Thore; aber jezt war es zertruͤmmert, und die Nation hatte ſich das Gebaͤude, nebſt al- len reichen Domaͤnen, die der Landgraf im Elſaß beſaß, zugeeignet, aber erſt, ſeitdem er ſeine Trup- pen noch vor der Errichtung der Reichsarmee, im November 1792, den Preußen zu Huͤlfsvoͤlkern gegeben hatte. Damals war noch keine Reichsar- mee, und der Landgraf war noch neutral, oder konnte doch noch neutral bleiben. Seit dieſer Zeit hatte auch Ruͤhl ein Dekret bey dem Konvent ausge- wirkt, daß man dem Landgrafen von Heſſen-Darm- ſtadt keine Schadloshaltung geben ſollte: wie man ſie ihm vorher verſprochen hatte fuͤr alle ſeine Be- ſitzungen im Elſaß. Ob hierin die Franzoſen Recht gehabt haben, moͤgen die Publiziſten unterſuchen. Das Wappen war alſo am Schloße herabgeriſſen,
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Quartier, als jene: aber Gefangne und Deſerteurs
blieben noch immer beyſammen. Wir wurden ſehr
gut verpflegt, erhielten Brod, Fleiſch und Wein,
und lagen auf guten Strohſaͤcken in warmen Zim-
mern.
Ich hatte ehemals dieſe Palais oder Hôtel
Darmſtadt, eins der ſchoͤnſten und groͤßten Ge-
baͤude in ganz Strasburg, ſchon geſehen: aber zu
der Zeit war es noch die Wohnung eines Prinzen;
wenigſtens wohnte der Landgraf allemal da, wenn
er nach Strasburg kam. Sein Wappen ſtand ſonſt
uͤber dem Thore; aber jezt war es zertruͤmmert,
und die Nation hatte ſich das Gebaͤude, nebſt al-
len reichen Domaͤnen, die der Landgraf im Elſaß
beſaß, zugeeignet, aber erſt, ſeitdem er ſeine Trup-
pen noch vor der Errichtung der Reichsarmee, im
November 1792, den Preußen zu Huͤlfsvoͤlkern
gegeben hatte. Damals war noch keine Reichsar-
mee, und der Landgraf war noch neutral, oder konnte
doch noch neutral bleiben. Seit dieſer Zeit hatte
auch Ruͤhl ein Dekret bey dem Konvent ausge-
wirkt, daß man dem Landgrafen von Heſſen-Darm-
ſtadt keine Schadloshaltung geben ſollte: wie man
ſie ihm vorher verſprochen hatte fuͤr alle ſeine Be-
ſitzungen im Elſaß. Ob hierin die Franzoſen Recht
gehabt haben, moͤgen die Publiziſten unterſuchen.
Das Wappen war alſo am Schloße herabgeriſſen,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/192>, abgerufen am 24.11.2024.
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