Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht allein, daß er sollte gefahren werden, sondern
schickte ihm auch Wein, Weißbrod und eine Schüs-
sel voll Ragout oder wie die Volontärs sagen, Fri-
cot.
Auf den folgenden Tag versorgte er ihn noch
besser. Auch die andern Offiziere erhielten ganz
gutes Traktament, gerade wie die französischen --
und doch schimpften die undankbaren Herren da-
mals noch schrecklich auf die verfluchten Königs-
mörder!! Ihr Glück war es, daß die Franzosen
sie nicht verstanden, und daß ihnen überhaupt an
den Gesinnungen der Kriegsgefangnen wenig gele-
gen war.

Aus Hagenau waren weit mehr ausgewandert,
als aus Weissenburg, wie denn überhaupt keine
Provinz mehr Emigranten nach Deutschland ge-
schickt hat, als der Elsaß, besonders der Unter-
Elsaß. Die Ursache hievon ist nicht schwer auf-
zufinden. Elsaß stand nie recht in Verbindung mit
Frankreich, und handelte immer mit Deutschen:
selbst die Sprache band es an Deutschland. Und
dann sind die Elsasser von allen Religionen viel zu
orthodox, als daß ihnen das neue System sogleich
hätte gefallen können. Daher die vielen Geflüch-
teten, wovon aber doch die meisten zurückgekehrt
sind, die Edelleute und Geistliche ausgenommen,
wie ich weiterhin erzählen werde.


nicht allein, daß er ſollte gefahren werden, ſondern
ſchickte ihm auch Wein, Weißbrod und eine Schuͤſ-
ſel voll Ragout oder wie die Volontaͤrs ſagen, Fri-
côt.
Auf den folgenden Tag verſorgte er ihn noch
beſſer. Auch die andern Offiziere erhielten ganz
gutes Traktament, gerade wie die franzoͤſiſchen —
und doch ſchimpften die undankbaren Herren da-
mals noch ſchrecklich auf die verfluchten Koͤnigs-
moͤrder!! Ihr Gluͤck war es, daß die Franzoſen
ſie nicht verſtanden, und daß ihnen uͤberhaupt an
den Geſinnungen der Kriegsgefangnen wenig gele-
gen war.

Aus Hagenau waren weit mehr ausgewandert,
als aus Weiſſenburg, wie denn uͤberhaupt keine
Provinz mehr Emigranten nach Deutſchland ge-
ſchickt hat, als der Elſaß, beſonders der Unter-
Elſaß. Die Urſache hievon iſt nicht ſchwer auf-
zufinden. Elſaß ſtand nie recht in Verbindung mit
Frankreich, und handelte immer mit Deutſchen:
ſelbſt die Sprache band es an Deutſchland. Und
dann ſind die Elſaſſer von allen Religionen viel zu
orthodox, als daß ihnen das neue Syſtem ſogleich
haͤtte gefallen koͤnnen. Daher die vielen Gefluͤch-
teten, wovon aber doch die meiſten zuruͤckgekehrt
ſind, die Edelleute und Geiſtliche ausgenommen,
wie ich weiterhin erzaͤhlen werde.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0188" n="184"/>
nicht allein, daß er &#x017F;ollte gefahren werden, &#x017F;ondern<lb/>
&#x017F;chickte ihm auch Wein, Weißbrod und eine Schu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;el voll Ragout oder wie die Volonta&#x0364;rs &#x017F;agen, <hi rendition="#aq">Fri-<lb/>
côt.</hi> Auf den folgenden Tag ver&#x017F;orgte er ihn noch<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er. Auch die andern Offiziere erhielten ganz<lb/>
gutes Traktament, gerade wie die franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen &#x2014;<lb/>
und doch &#x017F;chimpften die undankbaren Herren da-<lb/>
mals noch &#x017F;chrecklich auf die verfluchten Ko&#x0364;nigs-<lb/>
mo&#x0364;rder!! Ihr Glu&#x0364;ck war es, daß die Franzo&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ie nicht ver&#x017F;tanden, und daß ihnen u&#x0364;berhaupt an<lb/>
den Ge&#x017F;innungen der Kriegsgefangnen wenig gele-<lb/>
gen war.</p><lb/>
        <p>Aus Hagenau waren weit mehr ausgewandert,<lb/>
als aus Wei&#x017F;&#x017F;enburg, wie denn u&#x0364;berhaupt keine<lb/>
Provinz mehr Emigranten nach Deut&#x017F;chland ge-<lb/>
&#x017F;chickt hat, als der El&#x017F;aß, be&#x017F;onders der Unter-<lb/>
El&#x017F;aß. Die Ur&#x017F;ache hievon i&#x017F;t nicht &#x017F;chwer auf-<lb/>
zufinden. El&#x017F;&#x017F;tand nie recht in Verbindung mit<lb/>
Frankreich, und handelte immer mit Deut&#x017F;chen:<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t die Sprache band es an Deut&#x017F;chland. Und<lb/>
dann &#x017F;ind die El&#x017F;a&#x017F;&#x017F;er von allen Religionen viel zu<lb/>
orthodox, als daß ihnen das neue Sy&#x017F;tem &#x017F;ogleich<lb/>
ha&#x0364;tte gefallen ko&#x0364;nnen. Daher die vielen Geflu&#x0364;ch-<lb/>
teten, wovon aber doch die mei&#x017F;ten zuru&#x0364;ckgekehrt<lb/>
&#x017F;ind, die Edelleute und Gei&#x017F;tliche ausgenommen,<lb/>
wie ich weiterhin erza&#x0364;hlen werde.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0188] nicht allein, daß er ſollte gefahren werden, ſondern ſchickte ihm auch Wein, Weißbrod und eine Schuͤſ- ſel voll Ragout oder wie die Volontaͤrs ſagen, Fri- côt. Auf den folgenden Tag verſorgte er ihn noch beſſer. Auch die andern Offiziere erhielten ganz gutes Traktament, gerade wie die franzoͤſiſchen — und doch ſchimpften die undankbaren Herren da- mals noch ſchrecklich auf die verfluchten Koͤnigs- moͤrder!! Ihr Gluͤck war es, daß die Franzoſen ſie nicht verſtanden, und daß ihnen uͤberhaupt an den Geſinnungen der Kriegsgefangnen wenig gele- gen war. Aus Hagenau waren weit mehr ausgewandert, als aus Weiſſenburg, wie denn uͤberhaupt keine Provinz mehr Emigranten nach Deutſchland ge- ſchickt hat, als der Elſaß, beſonders der Unter- Elſaß. Die Urſache hievon iſt nicht ſchwer auf- zufinden. Elſaß ſtand nie recht in Verbindung mit Frankreich, und handelte immer mit Deutſchen: ſelbſt die Sprache band es an Deutſchland. Und dann ſind die Elſaſſer von allen Religionen viel zu orthodox, als daß ihnen das neue Syſtem ſogleich haͤtte gefallen koͤnnen. Daher die vielen Gefluͤch- teten, wovon aber doch die meiſten zuruͤckgekehrt ſind, die Edelleute und Geiſtliche ausgenommen, wie ich weiterhin erzaͤhlen werde.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/188
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/188>, abgerufen am 24.11.2024.