Die pfiffigern Aristokraten fanden gar bald, daß diese Societes populaires endlich einmal das Grab des Königthums werden mögten, und sezten sich dawider: aber die Assemblee nationale unterstüzte sie mit allem Ansehn und Nachdruck. Zu Macon, einem Städtchen nicht gar weit von Lyon, hatte ein Bürger im Klubb gesagt, daß man dem Kö- nige die Gewalt nehmen müßte, die Verordnungen der Nation zu sanktionniren: die Nation könne allein Gesetze machen, und dazu werde die Sanktion des Oberbeamten derselben, oder des Königs gar nicht erfodert. -- Der Maire der Stadt, ein stei- fer Aristokrat, vernahm dieses, und verbot für fer- nerhin die Zusammenkunft: Aber die Klubbisten versammelten sich dennoch. Da ergrimmte der Maire, und er und andere Aristokraten entschlossen sich, die Versammlung mit Gewalt zu stöhren. Er bewaffnete also seinen Anhang, und drang in den Saal der Societät ein. Es floß Blut von beyden Seiten, und mehr als 30 Bürger mußten ihren Geist in diesem Bürgerspektakel aufgeben: selbst der Maire wurde todtgeschlagen. Aehnliche Vorfälle hat es in Frankreich mehr gegeben und selbst die scheuslichen Auftritte in Avignon, von denen ich weiterhin reden werde, haben unter an- dern ihren Grund in der Stöhrung der Volkssocie- täten.
Die pfiffigern Ariſtokraten fanden gar bald, daß dieſe Sociétés populaires endlich einmal das Grab des Koͤnigthums werden moͤgten, und ſezten ſich dawider: aber die Aſſemblée nationale unterſtuͤzte ſie mit allem Anſehn und Nachdruck. Zu Mâcon, einem Staͤdtchen nicht gar weit von Lyon, hatte ein Buͤrger im Klubb geſagt, daß man dem Koͤ- nige die Gewalt nehmen muͤßte, die Verordnungen der Nation zu ſanktionniren: die Nation koͤnne allein Geſetze machen, und dazu werde die Sanktion des Oberbeamten derſelben, oder des Koͤnigs gar nicht erfodert. — Der Maire der Stadt, ein ſtei- fer Ariſtokrat, vernahm dieſes, und verbot fuͤr fer- nerhin die Zuſammenkunft: Aber die Klubbiſten verſammelten ſich dennoch. Da ergrimmte der Maire, und er und andere Ariſtokraten entſchloſſen ſich, die Verſammlung mit Gewalt zu ſtoͤhren. Er bewaffnete alſo ſeinen Anhang, und drang in den Saal der Societaͤt ein. Es floß Blut von beyden Seiten, und mehr als 30 Buͤrger mußten ihren Geiſt in dieſem Buͤrgerſpektakel aufgeben: ſelbſt der Maire wurde todtgeſchlagen. Aehnliche Vorfaͤlle hat es in Frankreich mehr gegeben und ſelbſt die ſcheuslichen Auftritte in Avignon, von denen ich weiterhin reden werde, haben unter an- dern ihren Grund in der Stoͤhrung der Volksſocie- taͤten.
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Die pfiffigern Ariſtokraten fanden gar bald,
daß dieſe Sociétés populaires endlich einmal das
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dawider: aber die Aſſemblée nationale unterſtuͤzte
ſie mit allem Anſehn und Nachdruck. Zu Mâcon,
einem Staͤdtchen nicht gar weit von Lyon, hatte
ein Buͤrger im Klubb geſagt, daß man dem Koͤ-
nige die Gewalt nehmen muͤßte, die Verordnungen
der Nation zu ſanktionniren: die Nation koͤnne allein
Geſetze machen, und dazu werde die Sanktion
des Oberbeamten derſelben, oder des Koͤnigs gar
nicht erfodert. — Der Maire der Stadt, ein ſtei-
fer Ariſtokrat, vernahm dieſes, und verbot fuͤr fer-
nerhin die Zuſammenkunft: Aber die Klubbiſten
verſammelten ſich dennoch. Da ergrimmte der
Maire, und er und andere Ariſtokraten entſchloſſen
ſich, die Verſammlung mit Gewalt zu ſtoͤhren.
Er bewaffnete alſo ſeinen Anhang, und drang in
den Saal der Societaͤt ein. Es floß Blut von
beyden Seiten, und mehr als 30 Buͤrger mußten
ihren Geiſt in dieſem Buͤrgerſpektakel aufgeben:
ſelbſt der Maire wurde todtgeſchlagen. Aehnliche
Vorfaͤlle hat es in Frankreich mehr gegeben und
ſelbſt die ſcheuslichen Auftritte in Avignon, von
denen ich weiterhin reden werde, haben unter an-
dern ihren Grund in der Stoͤhrung der Volksſocie-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/106>, abgerufen am 24.11.2024.
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