erzählte aber diesen Vorfall einem Burschen von unserer Kompagnie, der gleich nachher hingegan- gen war, sie aufzusuchen, um die Stelle bey ihr einzunehmen, welche sie mir zugedacht hatte. Der Bursche hat sich, wie er mir eingestand, recht gut dabey befunden. So arg war die Delikatesse der Koblenzer Damen abgestumpft! --
Ueberhaupt war es sehr leicht, bey den dortigen Damen und Mamsellen anzukommen: durch die Zügellosigkeit der Emigranten selbst zügellos ge- macht, trieben sie ihre Frechheit und Unverschämt- heit ins Wilde. Eine Kaufmannstochter -- ich meyne hier das pockige Mädchen neben dem Bar- barakloster -- sagte ganz öffentlich, daß sie ihre Jungferschaft für 6 Carolins, oder 39 Thlr. an einen Franzosen verkauft hätte: andere gestanden eben so frey heraus, daß sie so und so viele Lieb- haber unter den Emigrirten zugleich gehabt hät- ten. Nein, so verdorben waren die deutschen Mäd- chen sonst nie! -- Doch genug davon!
Nach ohngefähr zwölf Tagen rückten wir in ein Lager, eine Stunde von Koblenz, wo der Kö- nig seine Armee musterte. Bey dieser Musterung äußerten die groben französischen Prinzen, daß diese Parade für Deutsche schon ganz gut sey. -- Ich wundre mich, daß der Herzog von Braunschweig, gegen welchen der Graf von
erzaͤhlte aber dieſen Vorfall einem Burſchen von unſerer Kompagnie, der gleich nachher hingegan- gen war, ſie aufzuſuchen, um die Stelle bey ihr einzunehmen, welche ſie mir zugedacht hatte. Der Burſche hat ſich, wie er mir eingeſtand, recht gut dabey befunden. So arg war die Delikateſſe der Koblenzer Damen abgeſtumpft! —
Ueberhaupt war es ſehr leicht, bey den dortigen Damen und Mamſellen anzukommen: durch die Zuͤgelloſigkeit der Emigranten ſelbſt zuͤgellos ge- macht, trieben ſie ihre Frechheit und Unverſchaͤmt- heit ins Wilde. Eine Kaufmannstochter — ich meyne hier das pockige Maͤdchen neben dem Bar- barakloſter — ſagte ganz oͤffentlich, daß ſie ihre Jungferſchaft fuͤr 6 Carolins, oder 39 Thlr. an einen Franzoſen verkauft haͤtte: andere geſtanden eben ſo frey heraus, daß ſie ſo und ſo viele Lieb- haber unter den Emigrirten zugleich gehabt haͤt- ten. Nein, ſo verdorben waren die deutſchen Maͤd- chen ſonſt nie! — Doch genug davon!
Nach ohngefaͤhr zwoͤlf Tagen ruͤckten wir in ein Lager, eine Stunde von Koblenz, wo der Koͤ- nig ſeine Armee muſterte. Bey dieſer Muſterung aͤußerten die groben franzoͤſiſchen Prinzen, daß dieſe Parade fuͤr Deutſche ſchon ganz gut ſey. — Ich wundre mich, daß der Herzog von Braunſchweig, gegen welchen der Graf von
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erzaͤhlte aber dieſen Vorfall einem Burſchen von
unſerer Kompagnie, der gleich nachher hingegan-
gen war, ſie aufzuſuchen, um die Stelle bey ihr
einzunehmen, welche ſie mir zugedacht hatte. Der
Burſche hat ſich, wie er mir eingeſtand, recht gut
dabey befunden. So arg war die Delikateſſe der
Koblenzer Damen abgeſtumpft! —
Ueberhaupt war es ſehr leicht, bey den dortigen
Damen und Mamſellen anzukommen: durch die
Zuͤgelloſigkeit der Emigranten ſelbſt zuͤgellos ge-
macht, trieben ſie ihre Frechheit und Unverſchaͤmt-
heit ins Wilde. Eine Kaufmannstochter — ich
meyne hier das pockige Maͤdchen neben dem Bar-
barakloſter — ſagte ganz oͤffentlich, daß ſie ihre
Jungferſchaft fuͤr 6 Carolins, oder 39 Thlr. an
einen Franzoſen verkauft haͤtte: andere geſtanden
eben ſo frey heraus, daß ſie ſo und ſo viele Lieb-
haber unter den Emigrirten zugleich gehabt haͤt-
ten. Nein, ſo verdorben waren die deutſchen Maͤd-
chen ſonſt nie! — Doch genug davon!
Nach ohngefaͤhr zwoͤlf Tagen ruͤckten wir in
ein Lager, eine Stunde von Koblenz, wo der Koͤ-
nig ſeine Armee muſterte. Bey dieſer Muſterung
aͤußerten die groben franzoͤſiſchen Prinzen, daß
dieſe Parade fuͤr Deutſche ſchon ganz gut ſey.
— Ich wundre mich, daß der Herzog von
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/80>, abgerufen am 24.11.2024.
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