Namen dieser Familie verzeichnet hatte, fragte die eine Dame: "wer sind denn die Herren dort drü- ben im Fenster?"
Ich. Das sind Offiziere von unserm Regi- ment.
Dame. Das müssen Leute seyn, die nicht zu leben wissen. Den ganzen Tag liegen sie im Fenster und gucken nach uns.
Ich. Ohne Zweifel, meine Damen, um Ihre Schönheit zu bewundern.
Dame. So? Ists denn vielleicht in Deutsch- land Mode, daß man nach dem Frauenzimmer mit Lorgnetten hinblickt, dann unter sich lacht, und allerley pöbelhafte Geberden macht, als wenn man, wer weiß, was lächerliches oder auffallen- des gesehen hätte? Nein wahrlich, das ist grob und sehr schlechte Lebensart.
Graf. Meine Tochter, wenn es dir nicht ansteht, von den Offizieren begafft zu werden, so bleib vom Fenster weg.
Dame. Nein, Papa, den Herren zum Troz will ich und die Schwester uns hinstellen, und uns stundenlang begaffen lassen. Die Leute werden vielleicht doch dadurch sehen, daß wir sie für Ge- [ - 2 Zeichen fehlen]e halten.
Namen dieſer Familie verzeichnet hatte, fragte die eine Dame: „wer ſind denn die Herren dort druͤ- ben im Fenſter?“
Ich. Das ſind Offiziere von unſerm Regi- ment.
Dame. Das muͤſſen Leute ſeyn, die nicht zu leben wiſſen. Den ganzen Tag liegen ſie im Fenſter und gucken nach uns.
Ich. Ohne Zweifel, meine Damen, um Ihre Schoͤnheit zu bewundern.
Dame. So? Iſts denn vielleicht in Deutſch- land Mode, daß man nach dem Frauenzimmer mit Lorgnetten hinblickt, dann unter ſich lacht, und allerley poͤbelhafte Geberden macht, als wenn man, wer weiß, was laͤcherliches oder auffallen- des geſehen haͤtte? Nein wahrlich, das iſt grob und ſehr ſchlechte Lebensart.
Graf. Meine Tochter, wenn es dir nicht anſteht, von den Offizieren begafft zu werden, ſo bleib vom Fenſter weg.
Dame. Nein, Papa, den Herren zum Troz will ich und die Schweſter uns hinſtellen, und uns ſtundenlang begaffen laſſen. Die Leute werden vielleicht doch dadurch ſehen, daß wir ſie fuͤr Ge- [ – 2 Zeichen fehlen]e halten.
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Namen dieſer Familie verzeichnet hatte, fragte die
eine Dame: „wer ſind denn die Herren dort druͤ-
ben im Fenſter?“
Ich. Das ſind Offiziere von unſerm Regi-
ment.
Dame. Das muͤſſen Leute ſeyn, die nicht
zu leben wiſſen. Den ganzen Tag liegen ſie im
Fenſter und gucken nach uns.
Ich. Ohne Zweifel, meine Damen, um Ihre
Schoͤnheit zu bewundern.
Dame. So? Iſts denn vielleicht in Deutſch-
land Mode, daß man nach dem Frauenzimmer
mit Lorgnetten hinblickt, dann unter ſich lacht,
und allerley poͤbelhafte Geberden macht, als wenn
man, wer weiß, was laͤcherliches oder auffallen-
des geſehen haͤtte? Nein wahrlich, das iſt grob
und ſehr ſchlechte Lebensart.
Graf. Meine Tochter, wenn es dir nicht
anſteht, von den Offizieren begafft zu werden, ſo
bleib vom Fenſter weg.
Dame. Nein, Papa, den Herren zum Troz
will ich und die Schweſter uns hinſtellen, und uns
ſtundenlang begaffen laſſen. Die Leute werden
vielleicht doch dadurch ſehen, daß wir ſie fuͤr Ge-
__e halten.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/74>, abgerufen am 24.11.2024.
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