Als der Herzog von Braunschweig inne ward, was er leicht voraus hätte sehen können, daß sich unter den Aristokraten Patrioten aufhielten, befahl er: Niemanden in Coblenz ein- oder auszulassen, ohne einen Paß entweder vom französischen Kom- mandeur oder von dem Preußischen General Cour- biere. Allein dieses half wenig: denn Pässe wa- ren bald nachgemacht. Man griff daher zu andern Mitteln, und ließ alle in Coblenz befindliche Emi- granten namentlich aufschreiben. Ich habe dieses Geschäft einige Male mitverrichtet. Die Emigran- ten gaben zwar, weil es einmal so seyn mußte, ihre und ihrer Weiber und Töchter Namen an: allein sie wurden über dieses Aufschreiben, als et- was, das sie erniedrige, sehr erboßt.
Bey dieser Gelegenheit habe ich bemerkt, daß manche Französische Schönen mehr Einsicht ver- riethen, als mancher deutsche Offizier -- Lebens- art. Ein Graf nämlich -- dessen Namen ich ver- gessen bin -- logirte gerade gegen einem Hause über, worin einige Offiziere unseres Regiments ihr Quartier hatten. Diese Offiziere vigilirten, wie man in Halle spricht, oder nach einem andern Dialekt, glimmerten von früh bis auf den Abend nach den beyden sehr schönen Töchtern dieses Gra- fen. Als ich nun, meinem Auftrage gemäß, die
Als der Herzog von Braunſchweig inne ward, was er leicht voraus haͤtte ſehen koͤnnen, daß ſich unter den Ariſtokraten Patrioten aufhielten, befahl er: Niemanden in Coblenz ein- oder auszulaſſen, ohne einen Paß entweder vom franzoͤſiſchen Kom- mandeur oder von dem Preußiſchen General Cour- biere. Allein dieſes half wenig: denn Paͤſſe wa- ren bald nachgemacht. Man griff daher zu andern Mitteln, und ließ alle in Coblenz befindliche Emi- granten namentlich aufſchreiben. Ich habe dieſes Geſchaͤft einige Male mitverrichtet. Die Emigran- ten gaben zwar, weil es einmal ſo ſeyn mußte, ihre und ihrer Weiber und Toͤchter Namen an: allein ſie wurden uͤber dieſes Aufſchreiben, als et- was, das ſie erniedrige, ſehr erboßt.
Bey dieſer Gelegenheit habe ich bemerkt, daß manche Franzoͤſiſche Schoͤnen mehr Einſicht ver- riethen, als mancher deutſche Offizier — Lebens- art. Ein Graf naͤmlich — deſſen Namen ich ver- geſſen bin — logirte gerade gegen einem Hauſe uͤber, worin einige Offiziere unſeres Regiments ihr Quartier hatten. Dieſe Offiziere vigilirten, wie man in Halle ſpricht, oder nach einem andern Dialekt, glimmerten von fruͤh bis auf den Abend nach den beyden ſehr ſchoͤnen Toͤchtern dieſes Gra- fen. Als ich nun, meinem Auftrage gemaͤß, die
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Als der Herzog von Braunſchweig inne ward,
was er leicht voraus haͤtte ſehen koͤnnen, daß ſich
unter den Ariſtokraten Patrioten aufhielten, befahl
er: Niemanden in Coblenz ein- oder auszulaſſen,
ohne einen Paß entweder vom franzoͤſiſchen Kom-
mandeur oder von dem Preußiſchen General Cour-
biere. Allein dieſes half wenig: denn Paͤſſe wa-
ren bald nachgemacht. Man griff daher zu andern
Mitteln, und ließ alle in Coblenz befindliche Emi-
granten namentlich aufſchreiben. Ich habe dieſes
Geſchaͤft einige Male mitverrichtet. Die Emigran-
ten gaben zwar, weil es einmal ſo ſeyn mußte,
ihre und ihrer Weiber und Toͤchter Namen an:
allein ſie wurden uͤber dieſes Aufſchreiben, als et-
was, das ſie erniedrige, ſehr erboßt.
Bey dieſer Gelegenheit habe ich bemerkt, daß
manche Franzoͤſiſche Schoͤnen mehr Einſicht ver-
riethen, als mancher deutſche Offizier — Lebens-
art. Ein Graf naͤmlich — deſſen Namen ich ver-
geſſen bin — logirte gerade gegen einem Hauſe
uͤber, worin einige Offiziere unſeres Regiments
ihr Quartier hatten. Dieſe Offiziere vigilirten,
wie man in Halle ſpricht, oder nach einem andern
Dialekt, glimmerten von fruͤh bis auf den Abend
nach den beyden ſehr ſchoͤnen Toͤchtern dieſes Gra-
fen. Als ich nun, meinem Auftrage gemaͤß, die
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/73>, abgerufen am 24.11.2024.
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