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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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"Lassen wir jetzt, unterbrach ich ihn, die Pfaf-
fen Pfaffen seyn: ich bin nur begierig auf die Folge
Ihrer Bemerkung".

"Ich sagte, daß, wenn unsre emigrirten Pfaf-
fen im Lande geblieben wären, man sie -- wegen ih-
res Eides auf die neue Constitution -- als irregu-
läre, meineidige und gottlose Pfaffen betrachtet
hätte: und nun denken Sie deren Schicksal bey ei-
nem Verfall der Constitution, oder auch nur bey ei-
ner Herstellung der alten Hierarchie in Frankreich!
Es würde ihnen auf jeden Fall kläglich ergangen
seyn. Nein, mein Herr, wenn ja jemand mit
Recht Frankreich verlassen hat: so waren es die
Pfaffen, welche sich auf ihre Pfafferey ernähren
mußten. Die, welche den Nationaleid geschworen
haben, um unangefochten in ihrem Vaterlande blei-
ben zu können, sind dennoch immer in Gefahr, und
werden vielleicht noch von ihren eignen Patrioten
abgesezt. *)"

"Nun sehen Sie -- fuhr er fort -- daß nicht
alle Edelleute, auch nicht alle Priester, ohne Noth
und ans bloßem Haß gegen die Constitution, oder
aus Stolz auf ihre Prärogativen, oder aus Leicht-
sinn fortgelaufen sind. Viele haben wirklich Ursa-
che dazu gehabt, und unter diesen verdienen meh-

*) Gegen das Ende des Jahres 1793 ist diese Prophezeihung
eingetroffen

„Laſſen wir jetzt, unterbrach ich ihn, die Pfaf-
fen Pfaffen ſeyn: ich bin nur begierig auf die Folge
Ihrer Bemerkung“.

„Ich ſagte, daß, wenn unſre emigrirten Pfaf-
fen im Lande geblieben waͤren, man ſie — wegen ih-
res Eides auf die neue Conſtitution — als irregu-
laͤre, meineidige und gottloſe Pfaffen betrachtet
haͤtte: und nun denken Sie deren Schickſal bey ei-
nem Verfall der Conſtitution, oder auch nur bey ei-
ner Herſtellung der alten Hierarchie in Frankreich!
Es wuͤrde ihnen auf jeden Fall klaͤglich ergangen
ſeyn. Nein, mein Herr, wenn ja jemand mit
Recht Frankreich verlaſſen hat: ſo waren es die
Pfaffen, welche ſich auf ihre Pfafferey ernaͤhren
mußten. Die, welche den Nationaleid geſchworen
haben, um unangefochten in ihrem Vaterlande blei-
ben zu koͤnnen, ſind dennoch immer in Gefahr, und
werden vielleicht noch von ihren eignen Patrioten
abgeſezt. *)

„Nun ſehen Sie — fuhr er fort — daß nicht
alle Edelleute, auch nicht alle Prieſter, ohne Noth
und ans bloßem Haß gegen die Conſtitution, oder
aus Stolz auf ihre Praͤrogativen, oder aus Leicht-
ſinn fortgelaufen ſind. Viele haben wirklich Urſa-
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*) Gegen das Ende des Jahres 1793 iſt dieſe Prophezeihung
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[44/0056] „Laſſen wir jetzt, unterbrach ich ihn, die Pfaf- fen Pfaffen ſeyn: ich bin nur begierig auf die Folge Ihrer Bemerkung“. „Ich ſagte, daß, wenn unſre emigrirten Pfaf- fen im Lande geblieben waͤren, man ſie — wegen ih- res Eides auf die neue Conſtitution — als irregu- laͤre, meineidige und gottloſe Pfaffen betrachtet haͤtte: und nun denken Sie deren Schickſal bey ei- nem Verfall der Conſtitution, oder auch nur bey ei- ner Herſtellung der alten Hierarchie in Frankreich! Es wuͤrde ihnen auf jeden Fall klaͤglich ergangen ſeyn. Nein, mein Herr, wenn ja jemand mit Recht Frankreich verlaſſen hat: ſo waren es die Pfaffen, welche ſich auf ihre Pfafferey ernaͤhren mußten. Die, welche den Nationaleid geſchworen haben, um unangefochten in ihrem Vaterlande blei- ben zu koͤnnen, ſind dennoch immer in Gefahr, und werden vielleicht noch von ihren eignen Patrioten abgeſezt. *)“ „Nun ſehen Sie — fuhr er fort — daß nicht alle Edelleute, auch nicht alle Prieſter, ohne Noth und ans bloßem Haß gegen die Conſtitution, oder aus Stolz auf ihre Praͤrogativen, oder aus Leicht- ſinn fortgelaufen ſind. Viele haben wirklich Urſa- che dazu gehabt, und unter dieſen verdienen meh- *) Gegen das Ende des Jahres 1793 iſt dieſe Prophezeihung eingetroffen

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/56>, abgerufen am 24.11.2024.