Ich: Weil es der Vernunft und dem natürli- chen Gesetz zuwider ist.
Er: Das ist nicht richtig gesprochen: Es muß heißen: weil es dem geschriebnen Gesetz zuwider ist. Verstehst Du mich?
Ich: O ja, aber das Naturgesetz muß doch die Grundlage aller geschriebnen Gesetze seyn.
Er: Das gehört alleweile nicht hieher, so wahr es sonst ist. Das Naturrecht bildet keine Gesell- schaft: wo aber Gesellschaft ist, da giebt es posi- tive Gesetze, und es muß sie geben: und was diese befehlen, das ist recht und erlaubt und was sie ver- bieten, ist unrecht, und nicht erlaubt. Jezt will ich Dir auch sagen, was Freyheit ist. Freyheit heißt das Vermögen, blos nach solchen Gesetzen zu leben, welche vernünftig und dem gemeinen We- sen nützlich sind. Sklaverey hingegen heißt von Gesetzen abhängen, welche absurd, unbillig, un- gerecht u. s. w. sind. Hast Du mich verstanden?
Ich: O ja, ich bitte, nur fortzufahren.
Er: Du siehst also, daß Freyheit keine Gesetz- losigkeit ist, und nichts weniger mit sich bringt, als das Vermögen, willkührlich zu handeln, oder seinen besondern Willen dem allgemeinen Willen vorzuziehen: jeder muß sich dem allgemeinen Wil- len unterwerfen.
Ich: Weil es der Vernunft und dem natuͤrli- chen Geſetz zuwider iſt.
Er: Das iſt nicht richtig geſprochen: Es muß heißen: weil es dem geſchriebnen Geſetz zuwider iſt. Verſtehſt Du mich?
Ich: O ja, aber das Naturgeſetz muß doch die Grundlage aller geſchriebnen Geſetze ſeyn.
Er: Das gehoͤrt alleweile nicht hieher, ſo wahr es ſonſt iſt. Das Naturrecht bildet keine Geſell- ſchaft: wo aber Geſellſchaft iſt, da giebt es poſi- tive Geſetze, und es muß ſie geben: und was dieſe befehlen, das iſt recht und erlaubt und was ſie ver- bieten, iſt unrecht, und nicht erlaubt. Jezt will ich Dir auch ſagen, was Freyheit iſt. Freyheit heißt das Vermoͤgen, blos nach ſolchen Geſetzen zu leben, welche vernuͤnftig und dem gemeinen We- ſen nuͤtzlich ſind. Sklaverey hingegen heißt von Geſetzen abhaͤngen, welche abſurd, unbillig, un- gerecht u. ſ. w. ſind. Haſt Du mich verſtanden?
Ich: O ja, ich bitte, nur fortzufahren.
Er: Du ſiehſt alſo, daß Freyheit keine Geſetz- loſigkeit iſt, und nichts weniger mit ſich bringt, als das Vermoͤgen, willkuͤhrlich zu handeln, oder ſeinen beſondern Willen dem allgemeinen Willen vorzuziehen: jeder muß ſich dem allgemeinen Wil- len unterwerfen.
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Ich: Weil es der Vernunft und dem natuͤrli-
chen Geſetz zuwider iſt.
Er: Das iſt nicht richtig geſprochen: Es muß
heißen: weil es dem geſchriebnen Geſetz zuwider iſt.
Verſtehſt Du mich?
Ich: O ja, aber das Naturgeſetz muß doch
die Grundlage aller geſchriebnen Geſetze ſeyn.
Er: Das gehoͤrt alleweile nicht hieher, ſo wahr
es ſonſt iſt. Das Naturrecht bildet keine Geſell-
ſchaft: wo aber Geſellſchaft iſt, da giebt es poſi-
tive Geſetze, und es muß ſie geben: und was dieſe
befehlen, das iſt recht und erlaubt und was ſie ver-
bieten, iſt unrecht, und nicht erlaubt. Jezt will
ich Dir auch ſagen, was Freyheit iſt. Freyheit
heißt das Vermoͤgen, blos nach ſolchen Geſetzen zu
leben, welche vernuͤnftig und dem gemeinen We-
ſen nuͤtzlich ſind. Sklaverey hingegen heißt von
Geſetzen abhaͤngen, welche abſurd, unbillig, un-
gerecht u. ſ. w. ſind. Haſt Du mich verſtanden?
Ich: O ja, ich bitte, nur fortzufahren.
Er: Du ſiehſt alſo, daß Freyheit keine Geſetz-
loſigkeit iſt, und nichts weniger mit ſich bringt,
als das Vermoͤgen, willkuͤhrlich zu handeln, oder
ſeinen beſondern Willen dem allgemeinen Willen
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len unterwerfen.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/533>, abgerufen am 12.12.2024.
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