Ich hatte dem Menschen den Unterricht von meiner Lage blos in der Absicht gegeben, daß er das Ding unter den Soldaten verbreiten sollte, und hatte mich nicht betrogen: denn ehe eine Stunde verging, wußte die ganze Kompagnie, daß ich der Patrioterey wegen angeklagt sey, und nun schwere Strafe zu erwarten hätte. Einige behaupteten, ich müßte Gassen laufen, andre aber, welche das Ding besser wissen wollten, sagten, daß ich gar könnte gehenkt werden, wenigstens müßte ich zeitlebens in die Karre. Ich hörte die läppischen Urtheile, und freute mich baß darüber. Denn nun fand das Vor- geben von meiner Desertion Glauben; und kam dann ein wirklicher Deserteur von uns nach mir nach Landau, so war ich vor ihm auch da sicher. Mein Hauptmann wußte das alles, sprach aber mit mir nicht ein Wort davon.
Die Nacht brachte ich sehr unruhig hin: früh schrieb ich noch einen Brief an Hn. Bispink, worin ich ihm meldete, daß man etwas Wichtiges mit mir vorhabe, worüber ich ihm, sobald es sich thun ließe, nähern Aufschluß geben wollte: nur mögte er bis dahin meinetwegen ganz unbekümmert seyn. -- Allein Hr. Bispink hatte schon einem Regimentsbothen etwas für mich mitgegeben; und nun hatte ihm mein Hauptmann zu seiner Beruhi- gung einige Auskunft mitgetheilt. Auch vorher
Ich hatte dem Menſchen den Unterricht von meiner Lage blos in der Abſicht gegeben, daß er das Ding unter den Soldaten verbreiten ſollte, und hatte mich nicht betrogen: denn ehe eine Stunde verging, wußte die ganze Kompagnie, daß ich der Patrioterey wegen angeklagt ſey, und nun ſchwere Strafe zu erwarten haͤtte. Einige behaupteten, ich muͤßte Gaſſen laufen, andre aber, welche das Ding beſſer wiſſen wollten, ſagten, daß ich gar koͤnnte gehenkt werden, wenigſtens muͤßte ich zeitlebens in die Karre. Ich hoͤrte die laͤppiſchen Urtheile, und freute mich baß daruͤber. Denn nun fand das Vor- geben von meiner Deſertion Glauben; und kam dann ein wirklicher Deſerteur von uns nach mir nach Landau, ſo war ich vor ihm auch da ſicher. Mein Hauptmann wußte das alles, ſprach aber mit mir nicht ein Wort davon.
Die Nacht brachte ich ſehr unruhig hin: fruͤh ſchrieb ich noch einen Brief an Hn. Bispink, worin ich ihm meldete, daß man etwas Wichtiges mit mir vorhabe, woruͤber ich ihm, ſobald es ſich thun ließe, naͤhern Aufſchluß geben wollte: nur moͤgte er bis dahin meinetwegen ganz unbekuͤmmert ſeyn. — Allein Hr. Bispink hatte ſchon einem Regimentsbothen etwas fuͤr mich mitgegeben; und nun hatte ihm mein Hauptmann zu ſeiner Beruhi- gung einige Auskunft mitgetheilt. Auch vorher
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[509/0521]
Ich hatte dem Menſchen den Unterricht von
meiner Lage blos in der Abſicht gegeben, daß er
das Ding unter den Soldaten verbreiten ſollte, und
hatte mich nicht betrogen: denn ehe eine Stunde
verging, wußte die ganze Kompagnie, daß ich der
Patrioterey wegen angeklagt ſey, und nun ſchwere
Strafe zu erwarten haͤtte. Einige behaupteten, ich
muͤßte Gaſſen laufen, andre aber, welche das Ding
beſſer wiſſen wollten, ſagten, daß ich gar koͤnnte
gehenkt werden, wenigſtens muͤßte ich zeitlebens in
die Karre. Ich hoͤrte die laͤppiſchen Urtheile, und
freute mich baß daruͤber. Denn nun fand das Vor-
geben von meiner Deſertion Glauben; und kam
dann ein wirklicher Deſerteur von uns nach mir
nach Landau, ſo war ich vor ihm auch da ſicher.
Mein Hauptmann wußte das alles, ſprach aber
mit mir nicht ein Wort davon.
Die Nacht brachte ich ſehr unruhig hin: fruͤh
ſchrieb ich noch einen Brief an Hn. Bispink,
worin ich ihm meldete, daß man etwas Wichtiges
mit mir vorhabe, woruͤber ich ihm, ſobald es ſich
thun ließe, naͤhern Aufſchluß geben wollte: nur
moͤgte er bis dahin meinetwegen ganz unbekuͤmmert
ſeyn. — Allein Hr. Bispink hatte ſchon einem
Regimentsbothen etwas fuͤr mich mitgegeben; und
nun hatte ihm mein Hauptmann zu ſeiner Beruhi-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/521>, abgerufen am 04.12.2024.
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