Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich hatte dem Menschen den Unterricht von
meiner Lage blos in der Absicht gegeben, daß er
das Ding unter den Soldaten verbreiten sollte, und
hatte mich nicht betrogen: denn ehe eine Stunde
verging, wußte die ganze Kompagnie, daß ich der
Patrioterey wegen angeklagt sey, und nun schwere
Strafe zu erwarten hätte. Einige behaupteten, ich
müßte Gassen laufen, andre aber, welche das Ding
besser wissen wollten, sagten, daß ich gar könnte
gehenkt werden, wenigstens müßte ich zeitlebens in
die Karre. Ich hörte die läppischen Urtheile, und
freute mich baß darüber. Denn nun fand das Vor-
geben von meiner Desertion Glauben; und kam
dann ein wirklicher Deserteur von uns nach mir
nach Landau, so war ich vor ihm auch da sicher.
Mein Hauptmann wußte das alles, sprach aber
mit mir nicht ein Wort davon.

Die Nacht brachte ich sehr unruhig hin: früh
schrieb ich noch einen Brief an Hn. Bispink,
worin ich ihm meldete, daß man etwas Wichtiges
mit mir vorhabe, worüber ich ihm, sobald es sich
thun ließe, nähern Aufschluß geben wollte: nur
mögte er bis dahin meinetwegen ganz unbekümmert
seyn. -- Allein Hr. Bispink hatte schon einem
Regimentsbothen etwas für mich mitgegeben; und
nun hatte ihm mein Hauptmann zu seiner Beruhi-
gung einige Auskunft mitgetheilt. Auch vorher

Ich hatte dem Menſchen den Unterricht von
meiner Lage blos in der Abſicht gegeben, daß er
das Ding unter den Soldaten verbreiten ſollte, und
hatte mich nicht betrogen: denn ehe eine Stunde
verging, wußte die ganze Kompagnie, daß ich der
Patrioterey wegen angeklagt ſey, und nun ſchwere
Strafe zu erwarten haͤtte. Einige behaupteten, ich
muͤßte Gaſſen laufen, andre aber, welche das Ding
beſſer wiſſen wollten, ſagten, daß ich gar koͤnnte
gehenkt werden, wenigſtens muͤßte ich zeitlebens in
die Karre. Ich hoͤrte die laͤppiſchen Urtheile, und
freute mich baß daruͤber. Denn nun fand das Vor-
geben von meiner Deſertion Glauben; und kam
dann ein wirklicher Deſerteur von uns nach mir
nach Landau, ſo war ich vor ihm auch da ſicher.
Mein Hauptmann wußte das alles, ſprach aber
mit mir nicht ein Wort davon.

Die Nacht brachte ich ſehr unruhig hin: fruͤh
ſchrieb ich noch einen Brief an Hn. Bispink,
worin ich ihm meldete, daß man etwas Wichtiges
mit mir vorhabe, woruͤber ich ihm, ſobald es ſich
thun ließe, naͤhern Aufſchluß geben wollte: nur
moͤgte er bis dahin meinetwegen ganz unbekuͤmmert
ſeyn. — Allein Hr. Bispink hatte ſchon einem
Regimentsbothen etwas fuͤr mich mitgegeben; und
nun hatte ihm mein Hauptmann zu ſeiner Beruhi-
gung einige Auskunft mitgetheilt. Auch vorher

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0521" n="509"/>
        <p>Ich hatte dem Men&#x017F;chen den Unterricht von<lb/>
meiner Lage blos in der Ab&#x017F;icht gegeben, daß er<lb/>
das Ding unter den Soldaten verbreiten &#x017F;ollte, und<lb/>
hatte mich nicht betrogen: denn ehe eine Stunde<lb/>
verging, wußte die ganze Kompagnie, daß ich der<lb/>
Patrioterey wegen angeklagt &#x017F;ey, und nun &#x017F;chwere<lb/>
Strafe zu erwarten ha&#x0364;tte. Einige behaupteten, ich<lb/>
mu&#x0364;ßte Ga&#x017F;&#x017F;en laufen, andre aber, welche das Ding<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er wi&#x017F;&#x017F;en wollten, &#x017F;agten, daß ich gar ko&#x0364;nnte<lb/>
gehenkt werden, wenig&#x017F;tens mu&#x0364;ßte ich zeitlebens in<lb/>
die Karre. Ich ho&#x0364;rte die la&#x0364;ppi&#x017F;chen Urtheile, und<lb/>
freute mich baß daru&#x0364;ber. Denn nun fand das Vor-<lb/>
geben von meiner De&#x017F;ertion Glauben; und kam<lb/>
dann ein wirklicher De&#x017F;erteur von uns nach mir<lb/>
nach Landau, &#x017F;o war ich vor ihm auch da &#x017F;icher.<lb/>
Mein Hauptmann wußte das alles, &#x017F;prach aber<lb/>
mit mir nicht ein Wort davon.</p><lb/>
        <p>Die Nacht brachte ich &#x017F;ehr unruhig hin: fru&#x0364;h<lb/>
&#x017F;chrieb ich noch einen Brief an Hn. <hi rendition="#g">Bispink</hi>,<lb/>
worin ich ihm meldete, daß man etwas Wichtiges<lb/>
mit mir vorhabe, woru&#x0364;ber ich ihm, &#x017F;obald es &#x017F;ich<lb/>
thun ließe, na&#x0364;hern Auf&#x017F;chluß geben wollte: nur<lb/>
mo&#x0364;gte er bis dahin meinetwegen ganz unbeku&#x0364;mmert<lb/>
&#x017F;eyn. &#x2014; Allein Hr. <hi rendition="#g">Bispink</hi> hatte &#x017F;chon einem<lb/>
Regimentsbothen etwas fu&#x0364;r mich mitgegeben; und<lb/>
nun hatte ihm mein Hauptmann zu &#x017F;einer Beruhi-<lb/>
gung einige Auskunft mitgetheilt. Auch vorher<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[509/0521] Ich hatte dem Menſchen den Unterricht von meiner Lage blos in der Abſicht gegeben, daß er das Ding unter den Soldaten verbreiten ſollte, und hatte mich nicht betrogen: denn ehe eine Stunde verging, wußte die ganze Kompagnie, daß ich der Patrioterey wegen angeklagt ſey, und nun ſchwere Strafe zu erwarten haͤtte. Einige behaupteten, ich muͤßte Gaſſen laufen, andre aber, welche das Ding beſſer wiſſen wollten, ſagten, daß ich gar koͤnnte gehenkt werden, wenigſtens muͤßte ich zeitlebens in die Karre. Ich hoͤrte die laͤppiſchen Urtheile, und freute mich baß daruͤber. Denn nun fand das Vor- geben von meiner Deſertion Glauben; und kam dann ein wirklicher Deſerteur von uns nach mir nach Landau, ſo war ich vor ihm auch da ſicher. Mein Hauptmann wußte das alles, ſprach aber mit mir nicht ein Wort davon. Die Nacht brachte ich ſehr unruhig hin: fruͤh ſchrieb ich noch einen Brief an Hn. Bispink, worin ich ihm meldete, daß man etwas Wichtiges mit mir vorhabe, woruͤber ich ihm, ſobald es ſich thun ließe, naͤhern Aufſchluß geben wollte: nur moͤgte er bis dahin meinetwegen ganz unbekuͤmmert ſeyn. — Allein Hr. Bispink hatte ſchon einem Regimentsbothen etwas fuͤr mich mitgegeben; und nun hatte ihm mein Hauptmann zu ſeiner Beruhi- gung einige Auskunft mitgetheilt. Auch vorher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/521
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/521>, abgerufen am 04.12.2024.